Biographie

Boetticher, Karl Heinrich von

Herkunft: Pommern
Beruf: Politiker
* 6. Januar 1833 in Stettin/Pommern
† 6. März 1907 in Naumburg/Provinz Sachsen

Am 6. Januar 1833 wurde der preußische Politiker Heinrich von Boetticher in Stettin geboren. Er war der Sohn von Karl Wilhelm B., des nachmaligen Oberpräsidenten von Ostpreußen und des Chefpräsidenten der Oberrechnungskammer, der für seine Verdienste um den preußischen Staat in den erblichen Adelsstand erhoben wurde. Er studierte in Würzburg und Berlin Jura und war danach als Gerichtsassessor beim Kammergericht in Berlin tätig. Anschließend übernahm er das Amt eines Justitiars bei den Regierungen in Gumbinnen, Danzig, Stralsund und Potsdam. Nach kurzer Tätigkeit als Hilfsarbeiter im preußischen Handelsministerium verließ er den Staatsdienst, um 1865 ein Kommunalamt in Stralsund zu übernehmen. 1869 wurde er in das Ministerium des Inneren berufen, wo er auf Grund seiner Tüchtigkeit zum Geheimen Regierungsrat und vortragenden Rat ernannt wurde. Im selben Jahr übertrug man ihm den Posten des Regierungspräsidenten in Hannover, 1876 dasselbe Amt in Schleswig und schließlich 1879 das des Oberpräsidenten der Provinz Schleswig-Holstein. Schon im September 1880 kam er als Staatssekretär des Reichsamts des Innern und preußischer Staatsminister nach Berlin. Auf Grund der hohen Wertschätzung, die der Reichskanzler Otto von Bismarck von ihm hatte, wurde er nach einem Jahr dessen Generalstellvertreter, auch im Vorsitz des Bundesrates, und 1888 Vizepräsident des preußischen Staatsministeriums.

Boetticher war ein Beamter von außerordentlicher Befähigung. Er besaß die Gunst des Reichskanzlers, hatte aber auch das Vertrauen des Kaisers, des Kronprinzen Friedrich III. wie deren Frauen. In sein Aufgabengebiet fiel die Wirtschafts- und die Sozialgesetzgebung. Hier wirkte er besonders bei der Erarbeitung des Invaliditäts- und des Altersversicherungsgesetzes mit, die zusammen mit anderen gesetzlichen Maßnahmen eine in dieser Zeit für Europa vorbildliches und von anderen Staaten später nachgeahmtes soziales Gesetzgebungswerk darstellten. Boetticher geriet in den Konflikt zwischen Kaiser Wilhelm II. und Bismarck und zog sich wegen seiner Entscheidung für den Kaiser den ungerechtfertigten Zorn des Kanzlers zu. Unter Reichskanzler Leo von Caprivi war er maßgeblich an der Handelspolitik beteiligt. 1895 mußte er wegen eines persönlichen Konfliktes mit dem Kaiser zurücktreten. 1898 übernahm er das Amt des Oberpräsidenten der Provinz Sachsen und wurde 1901 Mitglied des preußischen Herrenhauses. Ein Jahr nach seiner Pensionierung starb er in Naumburg, das er als seinen Altersruhesitz gewählt hatte.

Lit.: Rogge, Bernhard: Zum Gedächtnis des … Staatsministers Dr. Karl Heinrich von Boetticher. Magdeburg 1907; Eppstein, Georg Freiherr von: Fürst Bismarcks Entlassung. Nach den hinterlassenen, bisher unveröffentlichten Aufzeichnungen des Karl Heinrich von Boetticher und des Franz Johannes von Rottenburg. Berlin 1920; NDB2; Bosl, Karl, Günther Franz, Hanns Hubert Hofmann: Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Bd. 1. 1973.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Heinrich_von_Boetticher

Harro Kieser