Biographie

Bogatsch, Gotthilf Siegismund

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Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Direktor des Bergamtes Tarnowitz
* 12. Juli 1758 in Grüningen/Brieg
† 27. Mai 1800 in Tarnowitz

Gotthilf Siegismund Bogatsch fand nach dem Besuch des Gymnasiums zu Brieg, das einen außergewöhnlichen Rang als Bildungsstätte besaß und bedeutende Geistesgrößen hervorgebracht hatte, so den Mystiker Abraham von Franckenberg sowie die Dichter Matthäus Apelles und Friedrich von Logau, zunächst eine Beschäftigung beim Königlichen Bergamt, das seinen Sitz in Brieg, von 1756 bis 1807 Regierungshauptstadt von Oberschlesien, hatte. Von 1778 bis 1782 arbeitete er als Eleve auf dem Hüttenwerk zu Kreuzberg, seit 1782 als Hüttenschreiber auf dem staatlichen Eisenhüttenwerk zu Malapane, wo er mit dem Betrieb der Erzgräberei sowie mit der Beaufsichtigung des Thuler Frischfeuers, an der Oppeln-Kreuzburger Straße gelegen, befaßt war. 1783 erfolgte seine Versetzung an die 1780 eingerichtete Bergdeputation zu Tarnowitz, die bis zum 1. Oktober 1861 als Bergamt bestand. Hier zunächst als Hüttenschreiber mit der Verwaltung der Haushaltsspezialkasse betraut, wurde er 1785 zum Assessor ernannt. Nachdem er 1789 die Position des ersten dirigierenden Mitglieds der Bergdeputation erreicht hatte, erfolgte 1798 die Ernennung zum Oberbergamtsassessor.

Tarnowitz erlebte, seitdem Schlesien 1763 endgültig preußisch geworden war, einen bemerkenswerten Aufschwung. Dazu trug neben der Einrichtung der Bergdeputation die Gründung der Friedrichsgrube in unmittelbarer Nähe der Stadt sowie der etwas weiter von der Stadtgrenze errichteten Friedrichshütte 1784 bei. Die Einwohnerzahl der Stadt stieg infolgedessen von 1.168 im Jahre 1781 auf 1.596 im Jahre 1787 an.

Der Aufschwung der Tarnowitzer Produktionsbetriebe, der allerdings im Rahmen ihrer insgesamt bescheidenen Ausmaße gesehen werden muß, war nicht zuletzt dem Wirken Bogatschs zu verdanken. Wie sich Tarnowitz und darüber hinaus Oberschlesien im Frühstadium der Industrialisierung ausnahm, lassen die folgenden zeitgenössischen Schilderungen deutlich werden: „Das Städtchen Tarnowitz hat 249 Bürgerhäuser außer den öffentlichen Gebäuden. Die Straßen laufen ohne alle Regelmäßigkeit durcheinander und allenthalben sieht man noch Spuren von dem Bergbau, der ehedem dort ist getrieben worden. Die Einwohner beliefen sich 1783 auf 1.282 Personen. Ihre eigentliche Sprache ist Polnisch, jedoch reden die meisten auch Deutsch. Auf den Anhöhen umher, in deren Schoße man nach Silber gräbt, wächst der vortrefflichste Weizen. Die hiesige Oberschlesische Bergdeputation besteht aus zwei Bergassessoren (jetzt Herr Bogatsch, ein sehr bescheidener und ebenso kenntnißvoller als thätiger Mann, und Hr. v. Boskamp Lasopolsky), aus drei Geschworenen, einem Steinkohlen-Schichtmeister, einem Rendanten und einem Kunstmeister, wozu noch einer oder ein paar Eleven kommen“ (Johann Friedrich Zöllner: Briefe über Schlesien, Krakau, Wieliczka und die Grafschaft Glatz, auf einer Reise im Jahre 1791 geschrieben. Erster Theil, Berlin 1792, S. 380).

Und Johann Gottlieb Schummel, der ebenfalls 1791 Tarnowitz besuchte und bei dieser Gelegenheit Bogatsch, „der das erste Mitglied der Tarnowitzer Bergdeputation ist“, seine „Aufwartung“ machte, registriert: „Mit gespannter Erwartung kam ich immer tiefer und tiefer in das so fürchterlich beschriebene Oberschlesien. Nun, so dachte ich, werden allmählich Gesichter zum Vorschein kommen, die mit solchen von Feuerländern wetteifern. Nun wirst Du einen Grad der Kultur sehen, der noch einige Stufen unter der der Kalmücken und Kirgisen steht.“ „Aber“, so fährt er dann fort, „meine Erwartungen blieben unerfüllt. Die vielen großen Wälder werden am längsten den Vorwurf der Barbarei unterhalten haben. Sie fangen an, sehr licht zu werden. Die Hochöfen und Frischfeuer zehren sie auf. Von Lublinitz bis Tarnowitz reiht sich Frischfeuer an Frischfeuer. Und mit dem Eisengewerbe zog die Kultur in das Übelbeleumundete Oberschlesien“ (Schummels Reise durch Schlesien im Julius und August 1791, Breslau 1792, S. 85).

Was in den beiden Zitaten nicht zuletzt zum Ausdruck gebracht wird, ist die Vielzahl der Schwierigkeiten, die die Anfänge der Industrialisierung Oberschlesiens im allgemeinen und in und um Tarnowitz im besonderen begleiteten. Hinzuweisen gilt es dabei darauf, daß Tarnowitz sowohl für das Berg- als auch für das Hüttenwesen den Anspruch erheben darf, die ersten erfolgreichen Impulse zu einer nachweisbaren Strukturänderung gegeben zu haben, so hinsichtlich der Schrämarbeit, des Pfeilerbaus, der Stollenmauerung, der Strecken- und der Schachtförderung, der Entwässerung des Tiefbaus auf der Friedrichsgrube, die die benachbarte Friedrichshütte mit Blei- und Silbererzen versorgte, der Aufbereitung und der Schlackenverwertung in Tarnowitz oder der Stabeisendarstellung durch die Warmfrischmethode. Bogatsch hat an diesen Entwicklungen maßgebenden Anteil. Durchaus zutreffend wird daher in einem Nachruf auf den im 42. Lebensjahr infolge eines Blutsturzes Verstorbenen festgestellt: „…Herr Bogatsch war einer von den wenigen Männern, die in ihren Werken lange noch fortleben, wenn schon Zeit und Veränderungen über ihren Grabhügeln Vergessenheit gebracht haben. Kein Fach des jetzt so weit ausgedehnten Bergbaus und Hüttenwesens in Oberschlesien blieb ohne seine unmittelbare Mitwirkung. Überall fast legte er den ersten Grundstein, jedem einzelnen Geschäft stand er eine Zeit lang selbst vor, und die ganze Registratur enthält unzählige Beweise, daß ein Mensch so viele Stellen ausfüllen kann“ (Zum Andenken am Grabe des am 27ten May 1800 zu Tarnowitz in Oberschlesien verstorbenen Königl. Ober-Berg-Amts-Assessor Herrn Gotthilf Siegismund Bogatsch, in: Schles. Prov.-Bll. [1800], S. 271-275).

Lit.: Hugo Koch: Geschichte des Kgl. Blei- und Silbererzbergwerkes Friedrichsgrube bei Tarnowitz in Oberschlesien; in: Zeitschr. für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preußischen Staate 32 (1884), S. 393. – Hermann Fechner: Geschichte des schlesischen Berg- und Hüttenwesens 1741 bis 1806; in: Zeitschr. für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preußischen Staate 48 (1900), S. 350-353. – ders.: Geschichte des schlesischen Berg- und Hüttenwesens 1741-1806; in: Zeitschr. für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preußischen Staate 49 (1902), S. 397 u. S. 404. – Johann Gottfried Schummel: Schummels Reise durch Schlesien im Julius und August 1791, Breslau 1792, S. 87. – Johann Friedrich Zöllner: Briefe über Schlesien, Krakau Wieliczka, und die Grafschaft Glatz auf einer Reise im Jahre 1791. Erster Theil, Berlin 1792, S. 380. – Hugo Koch: Das Goldene Buch von Tarnowitz (Fremdenbuch der Friedrichsgrube von 1788 ab). Ehrentafel, Verzeichnis der freiwilligen Beiträge der Berg- und Hüttenleute 1813/14 nebst Begleitbriefen. Anhang zur Festschrift zum XII. Allgemeinen Bergmannstage, Bd. 5, Breslau 1913, S. 2. – Konrad Wutke: Aus der Vergangenheit des Schlesischen Berg- und Hüttenlebens. Ein Beitrag zur Preußischen Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte des 18./19. Jahrhunderts, Breslau 1913, S. 756. – Schlesische Provinzialblätter 32 (1800), S. 88-89 (Todesfall „den 27ten May zu Tarnowitz, Gotthilf Siegismund Bogatsch, Kgl. Oberbergamtsassessor und Direktor des Oberschlesischen Berg- und Hüttenamtes, alt 41 J. 9 M. 18 T., an Blutsturz). – Dass., S. 271-275 („Zum Andenken am Grabe des am 27ten May 1800 zu Tarnowitz in Oberschlesien verstorbenen Königl. Ober-Berg-Amts-Assessor Herrn Gotthilf Siegismund Bogatsch“). – Alfons Perlick: Oberschlesische Berg- und Hüttenleute. Lebensbilder aus dem Oberschlesischen Industriegebiet (= 3. Veröffentlichung der „Oberschlesischen Studienhilfe“), Kitzingen/Main 1953, S. 119-120 u. S. 260-261.

Konrad Fuchs