Biographie

Bogislaw X.

Herkunft: Pommern
Beruf: Herzog von Pommern
* 29. Mai 1454
† 5. Oktober 1523 in Stettin

Wer sich um die Geschichte Pommerns bemüht, wird sofort auf das Greifen-Geschlecht stoßen. Der Greif, sein Wappentier, ziert noch heute viele pommersche Städtewappen und ist auch in einigen Namen pommerscher Städte zu finden. Sucht man aber nach der Genealogie des Geschlechts, das 1637 im Dreißigjährigen Krieg erlosch, so wird uns als erster gesicherter Vertreter der ,Greifen‘ Herzog Wartislaw genannt, dessen Sohn Bogislaw I. vom Kaiser Friedrich Barbarossa 1181 als reichsunmittelbarer Herzog anerkannt wurde. Bedeutendster Vertreter wurde in 450 Regierungsjahren aber Herzog Bogislaw X., über den hier zu berichten ist.

Bogislaw wurde am 29.5. (3.6.?) 1454 geboren. Sein Vater Erich II. (Herzog von Pommern-Wolgast) hatte 1451 die 16jährige Sophia, Tochter von Herzog Bogislaw IX. (Seitenlinie) geheiratet; sie starb 1497. Nach allem, was uns die Geschichte und Geschichten um Bogislaw berichten, muß die Ehe der Eltern trotz vieler Kinder nicht glücklich gewesen sein; man lebte getrennt, und die Mutter kümmerte sich kaum um ihre Kinder. Paul Heyse (Nobelpreis 1910) hat uns mit seinem Schauspiel ,Hans Lange‘ ein Bild davon gegeben, wie ein pommerscher Bauer aus dem Rügenwalder Amt den jungen und völlig vernachlässigten Herzog aus Verantwortungsgefühl erzog und ihn auf seine künftigen Pflichten hinwies. Als Bogislaws Vater 1474 starb, huldigten ihm schon nach wenigen Monaten die Stände seines pommerschen Erbteils. Da aber 1464 der Stettiner Herzog Otto III. 20jährig und kinderlos starb, war Bogislaw auch in den Besitz des Teilherzogtums Pommern-Stettin gelangt, das in brandenburger Lehnsabhängigkeit geraten war, die der selbstbewußte, junge Herzog indes nie anerkennen wollte. Seine 1477 geschlossene Ehe mit Margaretha von Brandenburg blieb kinderlos und vermochte nicht, solche Differenzen auszugleichen. – Mit Schneid, Geschick und einiger Rücksichtslosigkeit hat Bogislaw sich bemüht, das nach dem Tod seines ohne Erben verstorbenen Onkels Wartislaw X. 1478 wieder vereinigte Pommern in den Griff zu bekommen, denn Staatswesen, Regierungsmacht, Rechtsprechung, Münzwesen, Stände und Städte bedurften dringend klarer und einheitlicher Richtlinien. Viel ist ihm dabei gelungen, doch sind auch Mißerfolge nicht ausgeblieben. In seinen Bemühungen um Reichsunmittelbarkeit folgte er einem Aufruf Kaiser Maximilians nach Innsbruck und brach anschließend – der Kaiser hatte von seinen Plänen Abstand genommen – zu einer Reise ins Heilige Land auf – sein lange gehegter Wunsch! Er betrat Palästina nach mancherlei Abenteuern am 3.8.1497, wurde dort auch zum Ritter geschlagen und konnte diese Auszeichnung nun an Angehörigen seines Gefolges selbst vollziehen. Der Greifswalder Medizin-Professor Christian Calenus hat als Historiker 1555 darüber geschrieben (,Bogislaw X. Wallfahrt nach Jerusalem‘). Bei seiner Rückkehr wurde Bogislaw in Rom von Papst Alexander VI. empfangen, der ihm anerkennend einen kostbaren Hut und ein geweihtes Schwert schenkte. Im April 1498 war der Herzog wieder in Stettin und erhielt einen festlichen Empfang. Aber erst nach einem Streit mit der Stadt wurde dem Herzog der Baugrund für eine Erweiterung des Stettiner Herzogschlosses bewilligt, die 1503 begann. Trotz Kriegsschäden des Jahres 1945 steht der Bau noch heute. Ebenfalls 1503 starb seine zweite Frau: Anna, die Tochter des Königs Kasimir IV. von Polen, die er 1491 nach dem Tod Margarethas († 1489) 16jährig geheiratet und mit der er acht Kinder hatte. Diese Ehe führte in seiner Politik zu verwandtschaftlichen Rücksichten, die auch der Deutsche Ritterorden zu spüren bekam. Mit der Einführung des Reichskammergerichts 1495 hatte sich auch in Deutschland das römische Individualrecht in Lehre und Anwendung durchgesetzt, das eigene Rechte und persönliches Eigentum mehr schätzte, doch uraltes Rechtsempfinden auch erst ablösen mußte – an der Entwicklung der 1456 gegründeten Greifswalder Universität hat der Herzog lebhaft Anteil genommen. Kolumbus hatte 1492 die „Neue Welt“ entdeckt, während Deutscher Orden und Hanse-Bund wesentliche Machtfaktoren im Osten geworden waren. Dazu ließ die Entwicklung des Glaubenslebens das Bedürfnis nach einer Reform erkennen, wie sie dann mit Luthers Thesen-Anschlag in Wittenberg auch ausgelöst wurde; War es ein Zufall, daß der Herzog den jungen Rektor Johannes Bugenhagen, den späteren Dr. Pomeranus und Beichtvater Luthers, nach der eigenen Geschichte forschen ließ, woraus die erste pommersche Landes-Chronik geworden ist? Mit all diesen Problemen mußte Bogislaw fertig werden, sein Land neu zusammenführen und regierbar machen. Seine Auseinandersetzungen mit den Brandenburgern um die Lehnsabhängigkeit hat er bis zu seinem Tod am 5.l0.1523 nie vernachlässigt, ohne freilich ein befriedigendes Ergebnis zu erreichen.

Martin Wehrmann, dessen „Geschichte von Pommern“ noch heute als ein Standardwerk gilt, hat als Landsmann sehr freimütig über ihn geurteilt: Ein großer Herrscher oder gar ein Held sei er nicht gewesen, doch mit seinem praktischen Sinn und seiner Gabe, tüchtige Männer zur Mitarbeit heranzuziehen der Schöpfer des pommerschen Staates geworden.

Lit.: ADB und NDB. – Martin Wehrmann: Geschichte von Pommern, 1919. – Oskar Eggert: Geschichte Pommerns. – Diverse Beiträge zur pommerschen Geschichte in den „Baltische Studien“.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Bogislaw_X._%28Pommern%29

Bild: Privatarchiv des Autors

Friedrich Birkholz