Biographie

Borsig, August

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Lokomotivfabrikant
* 23. Juni 1804 in Breslau
† 6. Juli 1854 in Berlin

Er war einer der ersten Großindustriellen des 19. Jahrhunderts. Tausende Lokomotiven trugen seinen Namen in alle Welt. Alexander von Humboldt prägte für ihn gar den Begriff vom „Lokomotivkönig“. Seine Produkte haben viel zum internationalen Ansehen deutscher Ingenieurkunst beigetragen. Sein Name stand und steht für herausragende und zuverlässige Technik: August Borsig.

Johann Friedrich August Borsig wurde am 23. Juni 1804 in Breslau geboren, als zweites von fünf Kindern des Zimmermanns Johann Georg Borsig. Er erlernte in Breslau das Handwerk seines Vaters, besuchte zusätzlich die Kunst-, Bau- und Handwerkschule, bevor er 1823 ein Stipendium für das zwei Jahre zuvor von Wilhelm Beuth gegründete Königliche Gewerbe-Institut in Berlin bekam. Doch schon nach eineinhalb Jahren brach Borsig die Ausbildung ohne Abschluss ab, um in der renommierten Berliner Maschinenbauanstalt F.A. Egells ein Praktikum zu absolvieren. Dort bewährte er sich so gut, dass ihm bereits 1827 die Stelle eines Faktors (Werkmeisters) angeboten wurde, was ihn materiell in die Lage versetzte, 1828 Louise Praschl zu heiraten, die Tochter des Küsters der St. Hedwigskirche.

Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte sich Borsig einen Ruf als erstklassiger Fachmann im Dampfmaschinenbau erworben. Mit seinen Kenntnissen machte er sich 1837 selbständig und gründete die Eisengießerei und Maschinenbau-Anstalt am Oranienburger Tor. Zwar war das Produktangebot zunächst auf allgemeinen Maschinenbau und Dampfmaschinen beschränkt, vor allem für die Zuckerindustrie, doch bereits der erste Großauftrag hatte mit der Eisenbahn zu tun: 116.200 Schrauben und gusseisernes Schienenzubehör für die im Bau befindliche Berlin-Potsdamer Eisenbahn.

Schon wenige Jahre später wagte sich Borsig an den Bau von Lokomotiven – nach eigenen Plänen. Am 24. Juli 1841 wurde die erste Maschine ausgeliefert, und zwar an die Berlin-Anhalter Eisenbahn. Dank hervorragender Produkte konnte sich Borsig bald sogar gegen die starke englische Konkurrenz – damals die führende Nation im Lokomotivenbau – behaupten und Lokomotiven bis ins Ausland verkaufen. Schon 1846 wurde die 100. Maschine ausgeliefert, 1854, kurz vor Borsigs Tod, die 500. Lokomotive.

Mit der Erhöhung der Produktion ging auch die Vergrößerung der Firma einer. 1847-49 kam das Eisenwerk in Moabit hinzu, 1850 die aus der Preußischen Seehandlung hervorgegangene Maschinenbauanstalt in der Moabiter Kirchstraße. Um den Bedarf an Kohle zu decken, schloss Borsig 1854 mit Karl Wolfgang Graf von Ballestrem einen Pachtvertrag über die Kohlenfelder in Biskupitz/Oberschlesien ab. Hier nahm das später von seinem Sohn Albert errichtete oberschlesische Borsigwerk seinen Ausgang. Borsig handelte auch gegenseitige Lieferverträge mit Krupp aus, die dem Essener Stahlwerk moderne Dampfhämmer einbrachten und den Berliner Lokomotivschmieden die Stahlzufuhr sicherten.

Nicht nur als Großindustrieller, auch als Arbeitgeber bewies Borsig Weitblick. Eine betriebseigene Krankenversicherung, eine Werkbadeanstalt und eine Werkskantine sowie eigenhändig entworfene Betriebsordnungen zeigen ihn als einen Unternehmer, dem das Wohl seiner Mitarbeiter ebenso am Herzen lag wie der Fortbestand seiner Firma. Den weiteren Aufschwung seines Werkes hat Borsig allerdings nicht mehr erleben können. Er starb, kaum fünfzigjährig, am 6. Juli 1854 in Berlin an den Folgen eines Schlaganfalls. Seine Grabstätte fand er auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof.

Borsigs Nachkommen führten sein Werk fort, zunächst sein 1829 geborener Sohn Albert, nach dessen frühem Tod 1878 die Enkel. 1875 waren die Borsigwerke die größte Lokomotivfabrik der Welt, 1902 konnte die Fertigstellung der 5.000. Lokomotive, 1926 gar der 12.000. gefeiert werden. Auch die anderen Firmenzweige – die Angebotspalette reichte von der Industrieanlage bis hin zum Haushaltsgerät – entwickelten sich gut. Aber mit der Weltwirtschaftskrise kam auch für Borsig das finanzielle Ende; die Erben schieden 1931 aus dem Unternehmen aus, die einzelnen Zweige gingen in anderen Gesellschaften auf.

Was bleibt, ist die Erinnerung an einen bedeutenden Ingenieur und Industriellen. August Borsig war der Prototyp des technisch versierten und kaufmännisch erfolgreichen Unternehmers im frühen 19. Jahrhundert. Seine Herkunft war bürgerlich, sein späterer Lebensstil geradezu aristokratisch; er pflegte beste Beziehungen zum preußischen Hofe, aber seine Fürsorge galt ebenso den Arbeitern. Seine Produkte gehörten über Jahrzehnte zu den „Exportschlagern“ und trugen mit dazu bei, den Ruf Deutschlands als Industrienation zu festigen. Doch nicht nur als Lokomotivbauer, auch als Eisengießer und exzellenter Baumeister machte sich Borsig einen Namen. Das Fontänen-Pumpwerk von Schloss Sanssouci sowie die Kuppeln der Potsdamer Nikolaikirche und des Stadtschlosses in Berlin gehören zu seinen Konstruktionen.

Lit.: ADB 3 (1876), S. 179f.; NDB 2 (1955), S. 476f.; DBE 2 (1995), S. 38f.; Alfons Perlick, Oberschlesische Berg- und Hüttenleute, Kitzingen 1953, S. 61f.; Gerhard Webersinn: August Borsig, in: Große Deutsche aus Schlesien, hrsg. v. Herbert Hupka, München/Wien 1978, S. 130-137; Hermann Schöler: August Borsig, in: Schlesische Lebensbilder Bd. 2, Sigmaringen 21985, 232-236.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/August_Borsig

Karsten Eichner