Biographie

Braun, Wernher Freiherr von

Herkunft: Posener Land
Beruf: Physiker
* 23. März 1912 in Wirsitz/Posen
† 16. Juni 1977 in Alexandria, Virginia/USA

Er wurde „Mister Moon“ genannt, entstammte einer der ältesten ostdeutschen Familien, die 1573, also 100 Jahre nach der Geburt des Nicolaus Copernicus in Thorn, in den Reichsfreiherrenstand erhoben wurde. Seine Wiege stand im Landratsamt in Wirsitz, wo er am 12. März 1912 geboren wurde und sein Vater Landrat war. Er hatte sich vorgenommen, spätestens 1978 auf dem Mond spazierenzugehen. Doch seit 1974 litt er an Krebs. Mehrere Operationen konnten nicht helfen. Professor Dr. Drs. Eh. etc. Wernher Reichsfreiherr von Braun starb am 16. Juni 1977 in Alexandria/Virginia bei Washington.

Auf sein Leben zurückblickend, sagte der bereits kranke Raketenpionier: „Wieviele Leute kannst Du aufzählen, die das große Glück hatten, in der Lage zu sein, ihre Jugendträume verwirklichen zu helfen? Wenn ich morgen gehen muß, so habe ich ein erfülltes, aufregendes Leben, zutiefst lohnendes Leben gelebt. Was kann ein Mensch mehr verlangen?“

Wernher von Braun hatte sich schon als Schüler für den Weltraum interessiert, trat in Berlin zu dem 1927 gegründeten „Verein für Raumschiffahrt“ (VfR) in Verbindung und damit mit Hermann Oberth und Rudolf Nebel. Mit 18 Jahren unternahm er die ersten Versuche mit Flüssigkeitsraketen. Noch während seines Studiums wurde er von der damaligen deutschen Heeresführung mit der Leitung der in den Anfängen stehenden Versuchsstelle in Kummersdorf betraut. Die Herstellung der ersten vollständigen Rakete gelang 1933, ein Jahr später erreichte seine „Max und Moritz“ 2200 Meter Höhe. Von Braun promovierte 1934 zum Doktor der Philosophie mit einer Dissertation über das Thema „Theoretische und experimentelle Beiträge zum Problem der Flüssigkeitsrakete“. Damit war sein Weg vorgezeichnet. Er wurde Leiter der Raketenversuchsanstalt in Peenemünde. Dort entstand die erste Großrakete der Welt mit vierfacher Schallgeschwindigkeit, die V-Waffen wurden in Peenemünde entwickelt, deren Bedeutung von Hitler zu spät erkannt wurde und deren Einsatz daher den Ausgang des Krieges nicht mehr beeinflussen konnte. Von Braun, seit 1943 Professor, sah das Kriegsende voraus und sorgte dafür, daß keine Raketenteile und Unterlagen der Roten Armee in die Hände fielen. Er selbst und seine Mitarbeiter erhielten Ende 1946 die Möglichkeit, ihre Arbeit in Amerika fortzusetzen. Von Braun wollte Expeditionen zum Mond und zum Mars entsenden, entwarf Pläne für Erdsatelliten und Raumstationen. Viele Widerstände gab es zu überwinden. Als die Sowjets ihren ersten Satelliten Sputnik I um die Erde kreisen ließen, wachte die amerikanische Öffentlichkeit auf. Präsident Eisenhower entschloß sich 22 Monate danach, am 29. Juli 1959, zu einem Erdsatellitenprogramm. Seitdem konnte Wernher von Braun als Direktor des Georg-Marshall-Raumfahrtzentrums in Huntsville (Alabama) arbeiten.

Endlich war es soweit. Am 20. Februar 1962 umkreiste der Astronaut Glenn als erster mit einer US-Kapsel die Erde, und sieben Jahre später betrat ein Amerikaner als erster Mensch den Mond und hißte das Sternenbanner. Das ostdeutsche Raketengenie aus Wirsitz wurde 1970 Planungsdirektor der amerikanischen Weltraumbehörde NASA. „Wernher is coming“ schrieben die Zeitungen in Washington. Mit der von ihm entwickelten Saturn-Rakete landeten Amerikas Astronauten auf dem Mond! Nie gab es ernsthafte Pannen. Sein Nachfolger in Huntsville, William Lucas, nannte den Wirsitzer Landratssohn einen Mann mit „dem Hirn eines Wissenschaftlers, den Händen eines Technikers, der Seele eines Poeten und der Vision eines Propheten“. Auch die „Enterprise“ war u.a. Brauns Konzeption. Er selbst hatte die NASA inzwischen verlassen. Resignation spielte dabei eine Rolle, denn der Kongreß in Washington wollte die erforderlichen Mittel für die teure Weltraumfahrt nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung stelle

Wernher von Braun ging in die amerikanische Privatwirtschaft und blieb mit Deutschland auf vielfältige Weise verbunden. In seinen letzten Lebensjahren war er Board of Directors of the Mercedes-Benz of North America und schließlich auch Aufsichtsratsmitglied der Daimler-Benz AG in Stuttgart.

Wernher von Braun, durch Familie und Geburt mit dem deutschen Osten eng verbunden, hat dies immer wieder auch zu erkennen gegeben. Die Landsmannschaft Westpreußen verlieh ihm 1966 den Westpreußischen Kulturpreis. Dabei erinnerte sie daran, daß der Astronom Copernicus aus Thorn im 16. Jahrhundert das noch heute noch gültige Weltbild schuf, ein Jahrhundert später der Danziger Astronom Hevelius die Mondtopographie und im 20. Jahrhundert Wernher von Braun aus Wirsitz, das damals zur Provinz Posen gehörte und später wieder zu Westpreußen kam, durch seine Forschertätigkeit die Voraussetzung für den ersten praktischen Vorstoß der Menschheit in den Weltraum. Er selbst bekannte:„Der Held meiner Jugend war Nicolaus Copernicus. Er war der Erste, der es wagte, im Widerspruch zu den damaligen Anschauungen der Kirche und der gelehrten Welt, zu erklären, daß nicht Erde, sondern die Sonne der Mittelpunkt unseres Weltalls ist.“ In seinem Arbeitszimmer hing stets ein Porträt seines Landsmanns Nicolaus Copernicus.

Werke: „Aufgaben und Nutzen der Weltraumfahrt“ im Westpreußen-Jahrbuch Bd. 18 (1968), Münster; Bemannte Raumfahrt (dt. 1969).

Lit.: „Ein bekannter Westpreuße: Wernher von Braun“ von H.-J. Schuch im Westpreuße Nr. 8/1962, Münster; „Wernher Freiherr von Braun“ von Hans-Jürgen Schuch in: „Der Landkreis Wirsitz“ von Herbert Papstein, Bad Zwischenahn l973; „Vom ostdeutschen Pioniergeist beseelt“ von Clemens J. Neumann in: DOD Nr. 1977, Bonn.