Biographie

Brilling, Bernhard

Herkunft: Posener Land
Beruf: Rabbiner, Hebraist
* 3. Juni 1906 in Tremessen/Prov. Posen
† 7. Juli 1987 in Münster/Westfalen

Brilling verfaßte insgesamt etwa fünfzig Publikationen zur jüdischen Geschichte. Laut eigener Aussage bildete dabei den eigentlichen Gegenstand seiner Forschung die Geschichte der Juden in Schlesien und speziell in Breslau. Letzterem Spezialgebiet ist ein Werk gewidmet, das gemeinhin als Billings bedeutendstes angesehen wird: „Die Geschichte der Juden in Breslau 1454 bis 1702“. Der Entwurf zu dieser Untersuchung entstand bereits im Jahre 1933. Brilling war damals (1928-1939) zunächst Assistent, dann Archivar am Archiv der Synagogengemeinde Breslau gewesen, nachdem er vom Breslauer Professor H. Aubin in die historische Arbeit eingeführt worden war. Im Jahre 1938 erfuhr das genannte Werk seine Vervollständigung. Allerdings konnte es dann vorerst nicht publiziert werden, da Brilling, unter der Not der Verhältnisse, ins damalige Palästina auszuwandern sich gezwungen sah. Dort wirkte er eine Zeitlang am Archiv der Stadt Tel Aviv. Jedoch brach die Arbeit am bevorzugten Forschungsthema nicht ab. Archiv-Auszüge und Exzerpte, die Brilling hatte mitnehmen können, ermöglichten eine weitere Befassung mit der Geschichtsschreibung der Juden in Schlesien und Breslau. Ausdrücklich dankte Brilling den „damaligen Leitern und Beamten der Breslauer Archive … dafür …, daß sie“ ihm „auch in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft die Gelegenheit gaben, ungehindert in ihren Archiven bis zu meiner Auswanderung zu arbeiten“. Erst im Jahre 1960 konnte die „Geschichte der Juden in Breslau 1454 bis 1702“ – und zwar als Dissertationsschrift – veröffentlicht werden. Brilling war nach Deutschland zurückgekehrt, wo er ab 1958 als wissenschaftlicher Mitarbeiter verschiedenste Forschungsprojekte am Institut Judaicum Delitzschianum der Universität Münster verfolgte. 1963 wurde er dort wissenschaftlicher Assistent, im gleichen Jahre noch Kustos, im Jahre 1966 Oberkustos und Lehrbeauftragter für „Glaube und Leben der Juden in Deutschland“. Brilling gehörte der Historischen Kommission für Schlesien an (seit 1955), überdies der Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen (seit 1963) und der Historischen Kommission Westfalens (seit 1965). Er war ferner Mitglied der Jewish Historical Society (Jerusalem) und Mitarbeiter des Leo-Baeck-Institutes sowie der renommierten Encyclopaedia Judaica (Jerusalem).

Brillings „Geschichte der Juden in Breslau 1454 bis 1702“ dürfte – wie zahlreiche seiner Aufsätze – von besonderem Interesse sein. Sie behandelt nicht nur eine entscheidende Epoche der jüdischen Gemeinschaft in der Region, sondern erhellt zugleich, aus einer wichtigen Perspektive, einige bedeutende Kapitel der Geschichte der Stadt Breslau. Verschiedene Vorgänge im Handel und Wandel der Stadt sind ohne die Berücksichtigung der Geschichte der Juden in und um Breslau kaum zu erklären.

Insbesondere am Anwachsen des Wohlstandes der Stadt, basierend auf dem Umschlaghandel zwischen Westen, Orient und slavischem Osten, hatten seit dem XVI. Jahrhundert großen Anteil die Juden, auf die man zwar das kaiserliche „ius ludaeos non tolerandi“ (Verweigerung der Niederlassung) anwandte, denen man aber klüglich erlaubte, zu den großen Messen in die Stadt zu kommen und En-gros-Handel zu betreiben. Die beschränkenden Bestimmungen wurden nach und nach gelockert, und schließlich setzte sich gar die kaiserliche Kammer für eine Regelung ein, die die jüdische Handelsfreiheit erweitern sollte (1635) – dies allerdings aus rein fiskalischen Interessen. Brilling wies, ohne Groll, nach, daß insgesamt zu jener Zeit die Maxime des Stadtrates sich weniger auf Judenfreundlichkeit als auf bare Handelsinteressen gründete, die auch gegenüber der Konkurrenzfurcht der Kaufmannschaft zumeist durchgesetzt wurden. Schließlich aber gaben die zunächst von individuellen Verdienstinteressen besetzten Kaufleute selbst zu (1699), daß ohne die belebende und hochqualifizierte Funktion der Juden das städtische Allgemeinwohl in Gefahr geriete, eine Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben weit mehr Schaden als Nutzen bringen würde.

Brilling hat sein Thema in zahlreichen Aufsätzen bis in wichtige Details hinein weiterverfolgt. – In der nachfolgenden Bibliographie seien einige dieser Publikationen aufgeführt.

Lit.: Breslauer Meßgäste 1651-1738. In: Mitteilungen der Gesellschaft für jüd. Familienforschung, (39) 1935, pp. 668-684; (40) 1936, pp. 711-13; Breslauer Meßgäste im 17. Jahrhundert. In: Mitteilungen der Ges. für jüd. Farn.-Forschung, (24) 1930, pp. 315-318; (26) 1931, pp. 369-372; (28) 1931, pp. 413-419; (32) 1932, pp. 306-509; (33) 1933, pp. 517-529; Der Prager „Schammes“ in Breslau. In: Zeitschrift f. d. Geschichte der Juden i. d. Tschechoslowakei I, Brünn/Prag 1930, p. 139-159; Die Handelsbeziehungen der mährischen Judenschaft zu Breslau im 16. und 17. Jahrhundert. In: Zeitschrift f. d. Geschichte der Juden in der Tschechoslowakei II, 1931, pp. 1-20; Manasse von Hotzenplotz, der erste jüdische Münzlieferant in Schlesien. In: Jahrbuch d. Ges. f. d. Geschichte d. Juden in der Tschechoslowakei, VII, Prag 1935, pp. 378-398. Die Geschichte des jüdischen Goldschmiedegewerbes in Schlesien. In: Hamburger mittel- und ostdeutsche Forschungen, 1967.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Bernhard_Brilling

Michael J. Wieseler