Biographie

Brod, Max

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Erzähler, Dramatiker, Essayist
* 27. Mai 1884 in Prag
† 20. Dezember 1968 in Tel Aviv/ Israel

Dass sein eigener Name von dem seines langjährigen Freundes Franz Kafka überstrahlt wurde, hat ihm nie etwas ausgemacht, im Gegenteil. Immerhin ist es Max Brod zu verdanken, dass Kafkas Manuskripte nach dessen Tod nicht vernichtet wurden, wie es der Schriftsteller ursprünglich bestimmt hatte. Als Nachlassverwalter des 1924 verstorbenen Kafka, den er als „größten Dichter unserer Zeit“ rühmte, gab er postum nicht nur dessen Gesamtwerk heraus, er verfasste auch eine Biografie des Schriftstellers. Max Brods eigenes literarisches Werk hingegen ist heute nahezu in Vergessenheit geraten.

Max Brods Wiege stand in Prag, das damals noch zum Vielvölkerstaat der Habsburgermonarchie gehörte. Schon seit dem 11. Jahrhundert lebte in Böhmen eine deutsche Minderheit, zu der auch Franz Kafka und Rainer Maria Rilke gehörten. Aufgewachsen ist Max Brod als Sohn eines wohlhabenden Bankbeamten in einem kultiviert-jüdischen Elternhaus. Schon früh entdeckte er seine Liebe zur Musik, die daheim eine maßgebliche Rolle spielte.

Auf Wunsch des Vaters sollte Brod eine juristische Laufbahn einschlagen, weswegen er nach Abschluss des Gymnasiums 1902 mit einem Jurastudium an der deutschen Karl-Ferdinand-Universität in Prag begann. Daneben hörte er jedoch auch musikwissenschaftliche Vorlesungen und beschäftigte sich intensiv mit Literatur und Philosophie. Am 23. Oktober 1902 hielt der erst 19-Jährige in der Prager Lese- und Redehalle der deutschen Studenten einen Vortrag über Arthur Schopenhauer. Unter den Zuhörern befand sich ein junger Mann, der Max Brod bis dahin kaum aufgefallen war: Franz Kafka. Die beiden kamen ins Gespräch und Brod erinnerte sich: „Nach diesem Vortrag begleitete mich Kafka, der um ein Jahr Ältere, nach Hause. Er pflegte an allen Sitzungen teilzunehmen, doch hatten wir einander bis dahin kaum beachtet. Es wäre auch schwer gewesen, ihn zu bemerken, der so selten das Wort ergriff und dessen äußeres Wesen überhaupt eine tiefe Unauffälligkeit war.“

Doch Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. So wurde aus der ersten Begegnung eine enge Freundschaft, wobei sich die unterschiedlichen Charaktere allem Anschein nach gut ergänzten. Max Brod war trotz gesundheitlicher Einschränkungen – er litt unter einer schweren Rückgratverkrümmung – ein eher extrovertierter und lebensfroher Mensch. Kafka hingegen wirkte auf seine Umgebung sehr schweigsam und voller Selbstzweifel: „Er ist ein Mensch, der nur das Unbedingte will“, charakterisierte Max Brod seinen Freund, „das Äußerste in allem. Nie gibt er sich mit Kompromissen ab.“ Was die beiden miteinander verband, waren nicht nur literarische Interessen. Sie trafen sich auch zu privaten Unternehmungen. Kafka war häufig zu Gast in Brods Elternhaus, wo er 1912 auch seine spätere Verlobte Felice Bauer kennenlernte. Darüber hinaus standen sich Brod und Kafka in allen Lebenskrisen bei und suchten bei dem jeweils anderen Rat und Unterstützung.

Nach seiner Promotion 1907 fand Max Brod eine Anstellung bei der Prager Postdirektion, die ihn freilich kaum ausfüllte. Sie hatte jedoch den entscheidenden Vorteil, dass sie nicht nur seine Existenzgrundlage sicherte, sondern ihm auch genügend Zeit für seine literarischen Neigungen ließ. Neben Theater- und Musikkritiken schrieb Brod historische Erzählungen aus dem jüdischen Milieu, Unterhaltungsromane, Novellen aus dem alten Prag sowie religions- und musikwissenschaftliche Studien. Mit nur 24 Jahren veröffentlichte Brod 1908 sein bereits viertes Buch, den Roman Schloss Nornepygge, der vor allem in der Berliner Literaturszene als Meisterwerk des Expressionismus hochgelobt wurde. Seinen Durchbruch erzielte er mit seiner wichtigsten Veröffentlichung Tycho Brahes Weg zu Gott, mit der er 1916 bekannt wurde.

Neben seiner eigenen literarischen Arbeit versuchte Max Brod nach Kräften, den stets an sich zweifelnden Kafka in seinen literarischen Ambitionen zu stärken. Ohne Brods ständige Förderung und Ermutigung hätte der Freund womöglich keinen Text fertiggestellt. Und während Kafka auch in Liebesdingen zauderte und zögerte, wurde Max Brod glücklich mit Elsa Taussig (1883-1942), die er 1913 heiratete.

In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg wurde sich Max Brod auch seines Judentums bewusst und entwickelte sich zu einem engagierten Befürworter des Zionismus, weil er die Gründung eines eigenen jüdischen Staates vor dem Hintergrund des zunehmenden Antisemitismus in Europa für die beste Alternative hielt.

1924 kündigte Brod seine Anstellung bei der Postdirektion, um als Feuilletonredakteur beim Prager Tageblatt zu arbeiten. Als die Nationalsozialisten 1933 in Deutschland die Macht übernahmen, konnte sich Brod zunächst noch sicher fühlen, auch wenn seine Werke umgehend auf der Liste der verbotenen Literatur erschienen. Doch mit den Jahren wurde ihm klar, dass er in Prag nicht überleben würde. Als deutsche Truppen im März 1939 Gebiete der Tschechoslowakei besetzten, gelang es Max Brod und seiner Frau, ihre Heimatstadt mit dem letzten Zug zu verlassen und nach Palästina auszuwandern.

Doch von Schicksalsschlägen blieb Max Brod auch in Tel Aviv nicht verschont. 1942 starb seine geliebte Frau Elsa, nach Kriegsende erfuhr er, dass sein Bruder Otto (1888-1844) im KZ Theresienstadt ermordet worden war. Auch das Leben im Exil machte ihm zu schaffen. Erst nach zehn Jahren begann er wieder zu schreiben und konnte als freier Autor und Journalist sowie als Dramaturg beim Nationaltheater arbeiten. Im Alter widmete er sich zunehmend der Musik, reiste nach Europa, um Vorträge zu halten und junge Künstler zu fördern. Auch wenn er das Grauen des Nationalsozialismus nie verwinden konnte, so hat er sich bis zu seinem Tod 1968 doch stets für Versöhnung eingesetzt. Seine letzte Ruhestätte fand Max Brod auf dem Trumpeldor Friedhof in Tel Aviv.

Lit.: Margareta Pazi, Max Brod. Werk und Persönlichkeit, Bonn 1970. – Renate Leperger, Max Brod. Talent nach vielen Seiten (Ausstellungskatalog), Wien 1987.

Bild: Wikipedia Commons/ Gemeinfrei.

Karin Feuerstein-Praßer