Biographie

Brücker, Christian L.

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Herkunft: Donaugebiet
Beruf: Schriftsteller, Volkstumspolitiker
* 6. September 1915 in Schowe/Batschka

Der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Donauschwaben aus Jugoslawien und Federführende des Dachverbandes der donauschwäbischen Landsmannschaftsorganisationen entstammt einer bäuerlichen Familie aus Neu-Schowe im Batscherland, wo er am 6. September 1915 geboren wurde. Dieses donauschwäbische Siedlungsgebiet gehörte bei seiner Geburt zur ungarischen Hälfte der Donaumonarchie und kam nach dem 1. Weltkrieg mit 0,5 Millionen Donauschwaben zu Jugoslawien; nur ein kleiner Teil im Norden blieb bei Ungarn. Von den dreigeteilten 1,5 Millionen Donauschwaben lebten 250.000 im Batschgau, die restlichen in den übrigen 5 donauschwäbischen Siedlungsgebieten in Ungarn, Jugoslawien und Rumänien.

Brücker besuchte nach dem Gymnasium in Neuwerbaß zunächst die traditionsreiche serbische Präparandie in Sombor, wo er sich, angeregt von dem humanen Ethos serbischer Bildungsarbeit ebenso wie von der Jugendarbeit des Wandervogels, Liebe zum und Dienst am eigenen Volke zur Richtschnur seiner Berufs- und Lebensarbeit erkor. Er hatte auch das Glück, die letzten Jahre seiner Ausbildung noch die von der Opferbereitschaft seiner ganzen Volksgruppe 1931 errichtete deutsche Lehrerbildungsanstalt besuchen zu können. Nach dem Erwerb des Lehrerdiploms erhielt er 1934 eine Lehrstelle an der reichsdeutschen Schule in Belgrad. Bereits als Junglehrer erkannte er die Arbeitsgebiete, auf denen er für seine Landsleute tätig werden wollte. Es ging um die Bewahrung des Volkstums der in ihrer nationalen Existenz bedrohten deutschen Minderheit in Jugoslawien. Von seinem Lehrer, dem anerkannten Volkskundler und Goetheforscher, Philipp Hilkene, angeregt, sammelte er vor Ort umfangreiches volkskundliches Material, das er in der damals vom Schwäbisch-Deutschen Kulturbund in Neusatz herausgebrachten Kulturzeitschrift „Volkswart“ veröffentlichte. Den Gefahren der Großstadt für die mit ihren Eltern nach Belgrad gekommenen schwäbischen Kinder begegnete er mit seiner in den Ferienmonaten jahrelang durchgeführten Aktion „Belgrader deutsche Kinder aufs Land“. Seine Belgrader Jahre brachten ihm wachsende Aufgaben und steigende Verantwortung. Organisatorisch und publizistisch beteiligte er sich in dieser Zeit erfolgreich an der Sammlung donauschwäbischer Landsleute und Lehrer. Damit half er die geistigen Grundlagen für den späteren Aufbau der schulischen und nationalen Autonomie zu erarbeiten.

Nach 1945 war Brücker als Religionslehrer und Lektor in Bayern beschäftigt. Im Jahre 1952 wurde er in den Schuldienst des Landes Baden-Württemberg in Backnang übernommen. Nachdem er sich im Nachstudium die Qualifikation eines Mittelschul- und Gymnasiallehrers erwarb, erhielt er bald seine Ernennung zum Lehrer, später Rektor, der Mittelschule in Backnang. Sein Interesse griff aber über die Schularbeit hinaus uns erfaßte auch die kulturellen Anliegen der Stadt. Er übernahm das Amt des Stadtarchivars, das ihm Gelegenheit gab, in einer Reihe von Schriften sowie in zahlreichen pädagogischen, kulturellen und historischen Beiträgen in der Backnanger Kreiszeitung aus Urkunden- und Quellenmaterial die Vergangenheit für die Gegenwart zu erschließen. Darin lenkt er die Aufmerksamkeit auf die bewahrende Kraft der Heimat und die heilsame Wirkung lebendigen Geschichtsbewußtseins hin, die die Notwendigkeit der geistigen Eingliederung der deutschen Vertriebenen geboten erscheinen lassen. In einer Reihe von Vereinen der Stadt wird er aktiv, im Heimat- und Kunstverein, im Christlichen Verein Junger Männer, im Stadtjugendring, im Heimkehrerverband; er organisiert Jugendtreffen, Feierstunden, Laienspiele und leitet Führungen und Fahrten auch ins Ausland. Der Stammesgemeinschaft widmet er seine Arbeitskraft auf kirchlichem, berufsständischem und landsmannschaftlichem Gebiet, vor allem auch im Rahmen seiner Heimatortgemeinschaft, für die er 1961 das „Heimatbuch der Gemeinde Schowe“ herausbringt, das er 1969 und 1973 durch Ergänzungsbände erweitert. In der Schrift Johann Petri. Das Lebensbild eines donauschwäbischen Heimatdichters“ sowie in Beiträgen und Vorträgen hält er dessen Sprache, Geist und Werk lebendig, damit gleichzeitig das, was seine Landsleute innerlich bereichert.

In gleicher Weise ist er im Hilfskomitee für die Ev. Landeskirche in Jugoslawien unter der Leitung von Franz Hamm und Bischof Franz Hein aktiv. In Vorträgen bei Rüstzeiten und Kirchentagen, auf Jugendfahrten ins Ausland im Dienste der Völkerverständigung vermittelt er Wissen und Erfahrung zur gestigen Eingliederung. Am Herzen liegt ihm besonders die berufsständische Arbeit der donauschwäbischen Lehrerschaft. In der Zeitschrift „Donauschwäbische Lehrerblätter“ gestaltet er laufend die Rubrik „Hilfen für den Unterricht“. Eine Auswahl mit 40 seiner schulpraktischen Unterrichtsskizzen zur Ostkunde sind in Buchform als Jubiläumsgabe zum 30jährigen Bestehen der 1947 gegründeten „AG Donauschwäbischer Lehrer“ herausgekommen. Im Jahre 1981 übernahm dann Brücker von seinem Vorgänger, J. V. Senz, den Bundesvorsitz der ADL, deren Wirken er in Veranstaltungen und Veröffentlichungen zielstrebig weiterfuhrt. In der Festschrift „Durch Selbsthilfe zur Selbstverwaltung“ würdigte er mit einer Reihe von Mitarbeitern zum Anlaß der Gründung der Deutschen Schulstiftung vor 50 Jahren, verbunden mit einem großen Treffen der Lehrerabsolventen in Sindelfingen, das Wirken der ehemaligen deutschen Lehrerbildungsanstalten in Werbaß, Werschetz und Esseg. Mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt er die schulische Arbeit der nach Übersee ausgewanderten Donauschwaben, die er 1965 und 1983 zu mehrwöchigen Vertrags- und Studienreisen besuchte.

Sein Einsatz für die Deutschen im Ausland brachte ihn in Verbindung mit dem VDA, was seine Wahl in den Vorstand des VDA- Landesverbandes Baden-Württemberg zur Folge hatte. Verantwortungsbewußt nimmt er Anteil an der Arbeit seine Landsmannschaft. In den wichtigsten Gremien der Donauschwaben ist er vertreten: im Landesbeirat zur Verwirklichung der Patenschaft über die Volksgruppe der Donauschwaben, im Patenschaftsrat der Stadt Sindelfingen, im Vorstand des Vereins Haus der Donauschwaben und im Vorstand der „Donauschwäbischen Kulturstiftung e.V.“. In der donauschwäbischen Heimatpresse gehört er zu den fleißigsten Mitarbeitern.

In etwa 200 Beiträgen hat er Gedanken über die Aufgaben unserer Gemeinschaftsarbeit und zur Bewahrung unseres kulturellen Erbes entwickelt. Als vor einigen Jahren die Heranführung der aktiven Ortsgemeinschaften an die Landsmannschaft zustande kam, übernahm er im Bundesvorstand das Amt des Stellvertreters, als Dr. Adam Krämer aus Gesundheitsgründen zurücktrat, dessen Amt des Bundesvorsitzenden.

An die Leitung des vielseitig befähigten Volkstumspolitikers knüpfen seine Landsleute große Erwartungen. Seinem reichen Wissen und seiner Erfahrung über die Entwicklung und Rechtslage seines Volkes, seinem zielstrebigen und taktvollen Verhalten, gepaart mit Idealismus und unermüdlicher Arbeitskraft, sollte es gelingen, das für die donauschwäbische Eingliederung an Einrichtungen noch Erforderliche (Archiv, Bücherei, Museum, Forschungsstelle) zu institutionalisieren, damit es, finanziell und personell entsprechend ausgestattet, neben und mit der ehrenamtlichen Mitarbeit donauschwäbisches Erbe bewahren, pflegen und sichern kann. Brücker hat sich als Bundesvorsitzender mit viel Elan und Einsatz auf diese Arbeit eingestellt, die er im Zusammenwirken mit allen donauschwäbischen Landsmannschafts-Organisationen, mit dem BdV und den zuständigen Stellen des Landes und Bundes bewältigen will. Aus historischer Erfahrung sind sich die Donauschwaben bewußt, daß ihre Eingliederung ohne Verständnis und Hilfe der zuständigen Stellen nicht erreicht werden könne, ihre Haltung politisch kein störendes Element darstellen dürfe, sondern bewußt darauf ausgerichtet sein müsse, Unterdrückung zu überwinden und partnerschaftliche Verhaltensweisen im föderativen Zusammenleben der Volksgruppen und Staatsvölker zu fördern.

Lit.: Sindelfinger Jahrbuch 1981, S. 299-301: Friedrich Binder, Christian L Brücker – Unermüdliches Engagement (1982). – Nun stehe ich ganz unserer Arbeit zur Verfügung. In: Der Donauschwabe 37/1980, S. 5 (jvs.).

Josef Volkmar Senz