Biographie

Bruckner, Karl

Herkunft: Karpatengebiet
Beruf: Pädagoge, Förderer des Zipser Deutschtums
* 24. Dezember 1863 in Oberschützen/ Burgenland
† 26. Juli 1945 in Oberschützen/ Burgenland

Das Burgenland, in dem Karl Bruckner geboren wurde, gehörte zum Königreich Ungarn und kam im Frieden von Saint Ger­main 1919/21 zu Österreich. Bruckner wurde Lehrer für Mathematik und Physik. Im Jahre 1889 kam er an das Deutsche Evangelische Gymnasium A.B. in Kesmark in der deutschen Sprachinsel der Zips und blieb hier über seine Pensionierung hinaus bis 1945. Er heiratete 1895 Frau Grete Gretzmacher und die Familie hatte drei Kinder.

Sehr bald erwarb er sich Anerkennung, so dass er von 1899 bis 1906 und dann von 1912 bis 1929 zum Direktor der Anstalt gewählt wurde. Die Wahl des Schulleiters auf Zeit war vor 1919 die Regel. Die pädagogische Arbeit an einer deutschen Schule war in dieser Zeit der Madjarisierung in Oberungarn sehr schwierig. Im Jahre 1902 wurde an allen Schulen die ungarische Sprache als Unterrichtssprache eingeführt; durch die Schulgesetze von Apponyi wurde das 1907 noch verstärkt.

Als Direktor des traditionsreichen deutschen evangelischen Lyzeums, das seit 1533 (der Reformation) bestand, verhandelte er mit der ungarischen Regierung hartnäckig und erreichte immerhin, dass „ Deutsch als Aushilfssprache angewendet und auch in der ersten und zweiten Klasse als Gegenstand unterrichtet werden konnte.“ (S. 192; Liptak).

Um die deutsche Sprache zu stärken, war schon 1852 der „deutsche Selbstbildungsverein“ gegründet worden, um hauptsächlich die Schüler zu fördern. Im Jahre 1890 übernahm Karl Bruckner die Leitung des Vereins und belebte die Arbeit mit Vorlesungen und literarischen Veranstaltungen, z.B. auch 1899 mit einer Goethefeier. Später wirkte der Kreis noch als Leseverein.

Im Jahre 1902 gründete Karl Bruckner das „freie Lyzeum“, ein Vortragsforum, das deutsche Referenten nach Kesmark und die umliegenden deutschsprachigen Gemeinden holte, um das deutsche Element in der Zips zu erhalten und zu beleben. Im Jahre 1915 beklagte er trotzdem „den stetigen Rückgang des Zipser Bürgerelements.“

Karl Bruckner, der Mann mit dem markanten Schnurbart, war inzwischen eine bekannte Persönlichkeit in Kesmark und der ganzen Zips. Seit 1880 wurde von der Druckerei Paul Sauter in Kesmark die deutschsprachige Wochenzeitschrift Karpathenpost heraugegeben. In der trat Bruckner nicht nur als Verfasser von Beiträgen hervor, sondern er wirkte auch von 1909 bis 1915 als verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift. Außerdem war er im Konsistorium der evangelischen Kirchengemeinde in Kesmark täig.

Karl Bruckner stammte aus einer neunköpfigen Familie; einer seiner Brüder, Otto Bruckner (1875-1965) kam 1898/99 nach Kesmark an die Bürgerschule, bis 1919 Knabenbürgerschule, nach 1919 u.a. Mädchenbürgerschule. Er war auch ein angesehener Bürger der Stadt und blieb mit seiner Familie über die Vertreibung hinaus bis 1965 in Kesmark, wo er am 12. August starb.

Der jüngere Bruder Viktor Bruckner (1877-1962) wurde Wissenschaftler, entschied sich nach der Gründung der Tschechoslowakei für Ungarn und lehrte an der juristischen Fakultät in Miskolc.

Am Ende des Ersten Weltkrieges gab es für Oberungarn gewaltige Veränderungen. Durch die Begründung des tschechoslowakischen Staates wurde aus Oberungarn die Slowakei, in der die Deutschen wieder eine Minderheit waren, die sich vollkommen umorientieren und um ihre Interessen kämpfen mussten. Aus der Zips wurde schon im August 1919 eine Abordnung deutscher Bürger in Pressburg (Bratislava) und Prag vorstellig, zu der auch Karl Bruckner gehörte, um die existenziellen Forderungen der Zipser Deutschen in sechs Denkschriften vorzutragen. Eine Denkschrift enthielt die Schulforderungen, bei denen es hauptsächlich um die Sicherung des deutschsprachigen Unterrichts ging. Im September 1919 besprach Direktor Bruckner im Ministerium in Prag noch pädagogische Fachfragen, so dass im Deutschen Evangelischen Realgymnasium A.B. in Kesmark das Schuljahr 1919/20 mit Deutsch als Unterrichtssprache beginnen konnte. Ungarisch wurde nicht mehr unterrichtet und die slowakische Sprache war als „freier Lehrgegenstand“ eingeführt.

Das Lyzeum (Gymnasium) gehörte seit 1533 der evangelisch lutherischen Kirchengemeinde A.B. in Kesmark. Um die umfangreichen Kosten zu bewältigen, war die Schule auf private Förderer aus dem Umfeld des Adels oder des Bürgertums angewiesen. Diese haben zur Leitung der Schule mit allen ihren Einrichtungen ein Patronat gewählt, das auch die Lehrkräfte (Professoren) auswählte und versorgte.

Nun wurden in einem Staatsvertrag vom 9. August 1927 die Lehrkräfte im ganzen Lande vom Staat übernommen. In Kesmark blieb aber die Kirchengemeinde Schulträger, also für die Gebäude und Sachkosten zuständig, so dass bis 1945 auch das Patronat (Schulrat) das Schicksal der Schule wesentlich bestimmte.

Im Juni 1933 beging die Schule ihre 400-Jahr-Feier mit einer Reihe öffentlicher festlicher Veranstaltungen, die übrigens in deutscher, aber z.T. auch in slowakischer und ungarischer Sprache gehalten wurden.

Direktor Karl Bruckner war am 1. September 1929 nach 40 Dienstjahren in den Ruhestand getreten. Er blieb aber für seine Schule tätig. Für die Jubiläumsfeier sammelte er von ehemaligen Lehrern und Schülern Erinnerungsberichte, die er in einem Band Memorabilia Lycei Kesmarkiensis mit deutschen, slowakischen und ungarischen Texten herausgab. Das war ein deutliches Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit, zu der sich die Schule immer bekannte. Karl Bruckner blieb weiterhin seiner Schule treu und war bis 1944 im Schulrat (Patronat) führend tätig.

Als durch die Kriegsereignisse im Herbst 1944 die Lage für die deutsche Bevölkerung unsicher wurde, musste Karl Bruckner noch erleben, dass seine Schule mit den jüngeren Schülern und einigen Lehrkräften nach Österreich evakuiert wurde. Am 21.-23. Januar 1945 zogen die Zipser Deutschen in großer Zahl in einem Treck aus ihrer Heimat in den Westen und mit der heranrückenden Kriegsfront besetzte das russische Militär die Gemeinden. Karl Bruckner sah das Elend und machte sich im Februar 1945 im Alter von 81 Jahren auf die Flucht, um seine Heimat im Burgenland zu erreichen. Hier verstarb er am 26. Juli 1945.

Karl Bruckner hat in schwierigen Zeiten das traditionsreiche deutsche Gymnasium mit Augenmaß geleitet und sich um die Erhaltung der Zipser deutschen Kultur Verdienste erworben.

Lit.: Karpatendeutsches Biographisches Lexikon, Stuttgart 1988. – Johann Liptak, Geschichte des Deutschen Evangelischen Gymnasiums A.B. in Kesmark.

Bild: Museum Oberschützen.

Hans Kobialka