Biographie

Busse, Carl

Herkunft: Posener Land
Beruf: Lyriker
* 11. Dezember 1872 in Lindenstadt/ Kr. Birnbaum
† 4. Dezember 1918 in Berlin

Eines der bekanntesten Texte des Lyrikers Carl Busse ist das „Schlafliedchen“, das vielen Kindern früher vorgesungen wurde. In diesem Lied geht es in christlicher Weise um den in Europa weit verbreiteten und bekannten Sandmann:

Sum, sum, der Sandmann geht, ach wie dunkel, ach wie spät, wie spät! Tritt zu jedem Kind ins Haus, streut die stillen Körner aus. – Sum, sum, der Sandmann geht, komm und sprich dein Nachtgebet: Lieber Gott, mach du mich fromm, daß ich in den Himmel komm!

Der Autor, Carl Busse, stammte aus der kleinen Posener Stadt Lindenstadt (Lipowiec) ganz in der Nähe der Kreisstadt Birnbaum (Międzychód), zu der sie heute gehört.

Lindenstadt wurde 1671 als adelige Mediatstadt gegründet und entwickelte sich wegen seiner Nähe schon bald zur Vorstadt von Birnbaum. Die Einwohner waren vor allem evangelische Deutsche. Im Jahr 1885 zählte der inzwischen zum Dorf herabgestufte Ort 723 Einwohner. Am 1. März 1905 wurde Lindenstadt zur Stadt Birnbaum eingegliedert.

Die Familie Busse war im Posener Land sehr stark verbreitet. Sie stammten aus dem nahen Brandenburg. Auch Carl Busses Großvater väterlicherseits stammte von hier, aus Friedeberg in der Neumark (Strzelce Krajeńskie). Der Schuhmacher ließ sich in Schwerin a. d. Warthe (Skwierzyna) nieder. Sein Sohn August Hermann Busse (* 1831) genoss eine höhere Schulausbildung und brachte es zum Kreisgerichtskanzleidirektor. Im Jahr 1863 [Heiratseintrag Nr. 32/1863 der evangelischen Gemeinde Birnbaum] heiratete er die Handwerkertochter Marie Caroline Beil (* 1841).

Am 12. November 1872 wurde Carl Hermann Busse in Lindenstadt geboren. Über die Familie ist leider kaum etwas bekannt. Sein jüngerer Stiefbruder Georg Busse-Palma (1876-1915), mit dem er offenbar sehr verbunden war, war ebenfalls Schriftsteller. Georg war ein kränkliches Kind und las daher sehr viel. Im Erwachsenenleben führte er ein unstetes Leben und war stets von Armut bedroht. Zahlreiche „Bettelbriefe“ von ihm sind überliefert. Er reiste viel, schrieb und starb letztlich in der Nervenheilanstalt.

Carl Busse besuchte vermutlich die Elementarschule seiner Heimatstadt und dann das erst in seinem Geburtsjahr gegründete Königliche Gymnasium in Wongrowitz (Wągrowiec). Von hier wechselte er 1893 an das Militärpädagogium in Berlin.

Seit 1894 studierte er Philologie, Geschichte und Philosophie an der Universität in Berlin und promovierte 1898 bei dem Germanisten und Literaturhistoriker Wolfgang Golther (1863-1945) an der Universität Rostock mit einer Dissertation über die Lyrik des Friedrich v. Hardenberg, der unter dem Namen Novalis (1772-1801) bekannt wurde.

Seit 1898, nach seinem Studienende, betätigte sich Busse als freier Schriftsteller und Literaturkritiker in Berlin. Bereits während des Studiums arbeitete er 1891/92 als Journalist in Augsburg und anschließend in Berlin. 1892 erschien sein Band Gedichte, der begeistert aufgenommen wurde.

Er wurde Mitherausgeber des Deutschen Wochenblatts, einer Zeitschrift für Politik, Kunst und Literatur, und Mitarbeiter von Velhagen & Klasings Monatsheften. Zudem war er Gründungsmitglied des Kartells deutscher lyrischer Autoren.

Im Jahr 1899 heiratete Busse Paula Jacobsen (* 1876 Hamburg) mit der er zwei Töchter bekam.

Neben seiner Arbeit als Lyriker, Schriftsteller und Journalist betätigte sich Busse auch als Literaturhistoriker. Im Jahr 1900 erschien seine Geschichte der deutschen Dichtung im 19. Jahrhundert. Als Literaturkritiker blieb Busse der Nachwelt besser in Erinnerung denn als Lyriker. Er verwandte hierzu oft das Pseudonym Fritz Döring. Besondere Aufmerksamkeit fanden aus seinem umfangreichen Erzählwerk Die Schüler von Polajewo (1901). Ein Dorf dieses Namens Polajewo (Połajewo) gab es in seiner Heimatprovinz Posen im Kreis Obornik (Oborniki), aber direkte Bezüge zum Posener Land enthält die Erzählung nicht.

Busse nahm viele Aufträge an, so auch welche für Werbungen. Der bekannte Kölner Schokoladeproduzenten Ludwig Stollwerck (1857-1922) gab Sammelbilder und Sammelalben heraus, für die er gute Autoren für die Beschriftung beschäftigte. Zu ihnen gehörte auch Busse.

Im Jahr 1916 Busse zum Landsturm eingezogen und wurde Soldat im Ersten Weltkrieg. Er wurde sogar mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet.

Am 4. Dezember 1918 starb Busse in Berlin an der damals grassierenden Spanischen Grippe. Er wurde in Berlin-Kreuz­berg auf dem Friedhof der Friedrichswerderschen Gemeinde beerdigt. Busses jüdische Frau wurde von den Nationalsozialisten in das Ghetto Theresienstadt deportiert, das sie überlebte.

Heute erinnert in Berlin-Zehlendorf die Busseallee an ihn.

Lit.: Birnbaum/ Warthe, Hemmingen 1980, S. 118. – Heinz Otto Burger, Busse, Carl, in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 74. – Carl Busse, Mein Bruder Georg Busse-Palma, in: Aus dem Posener Lande, Lissa 1915, S. 133-135. – Wilfried Gerke, Posener biographisches Lexikon, Lüneburg 1975. – W. Loewenthal, Carl Busse, Die Schüler von Polajewo, in: Historische Monatsblätter für die Provinz Posen, Nr. 4, Posen, April 1914, S. 61-62. – Franz Lüdtke, Grenzmark Posen-Westpreußen, ein Heimatbuch, Leipzig 1927, S. 400.

Bild: Adalbert von Hanstein: Das jüngste Deutschland. Leipzig 1901, S. 329.

Martin Sprungala