Biographie

Capesius, Karl Bernhard

Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Germanist, Schriftsteller
* 16. November 1889 in Hermannstadt/Siebenbürgen
† 9. Juli 1981 in Hermannstadt/Siebenbürgen

Der Lehrer, Sprachwissenschaftler, Literat und Literaturwissenschaftler Capesius war ein Sohn des gelehrten Pädagogen Josef Capesius (1835-1918), Direktors des Hermannstädter Lehrerseminars, und dessen Frau Marie, Tochter des Anwalts und Lyrikers Carl Guist. Nach dem Gymnasiumbesuch in seiner Heimatstadt studierte Capesius in Jena, Berlin und Budapest Philosophie und Theologie und erwarb die Lehrbefähigung für die Fächer Latein und Deutsch. 1911 wurde er in Berlin zum Dr. phil. promoviert. Seine Dissertation war eine lautgeschichtliche Untersuchung, die zum festen Bestand der siebenbürgisch-sächsischen Dialektologie gehört („Die Vertreter der alten î, û ü im Siebenbürgisch-sächsischen“). 1913 wurde er Lehrer am Hermannstädter Gymnasium, nahm dann von 1914 bis 1918 als Leutnant am Ersten Weltkrieg teil, kehrte nach dem Krieg an das Hermannstädter Gymnasium zurück und heiratete 1922 Hilde Piringer (* 1899), eine Tochter des Pfarrers und Mundartdichters Otto Piringer (1874-1950). Von 1922-1924 war Capesius Direktor des Evangelischen Knabengymnasiums in Bukarest, unterrichtete zeitweilig auch Deutsch an der Bukarester Handelshochschule und war auch einer der Lehrer des damaligen Kronprinzen Michael von Rumänien. 1933/34 lehrte er als Gast an der Philosophisch-Literarischen Fakultät der Universität Bukarest. Capesius war Lehrer aus Berufung und mit Erfolg. Er hat in den zwanziger Jahren auch zu pädagogischen Fragen geschrieben und veröffentlicht, z.B. mehrfach in „Schule und Leben“, in der Zeitschrift für Deutschkunde. Das Haus Capesius war Mittelpunkt eines schöngeistigen Kreises, dem u.a. die Lyriker Georg Maurer und Wolf v. Aichelburg angehörten. Im Zweiten Weltkrieg fiel der einzige Sohn Christoph, die Familie wurde ausgebombt, und 1944 kehrte Capesius mit seiner Frau und der Tochter Roswith (später eine bekannte Malerin und promovierte Volkskundlerin, 1929 bis 1984) nach Hermannstadt zurück. Nachdem er einige Jahre unter den schwierigen Nachkriegsverhältnissen in Rumänien an der deutschen Volksschule in Großau, einem nahegelegenen Dorf, und danach an einer rumänischen Fachschule in Hermannstadt Deutschunterricht erteilt hatte, trat er 1950 als Lehrer in den Ruhestand. Als 1956 in Hermannstadt eine Sektion der Klausenburger Zweigstelle der Rumänischen Akademie gegründet wurde, nahm Capesius eine Stelle als Wissenschaftler bei dieser Abteilung an, leitete (ab 1957) die Arbeiten am Siebenbürgisch-sächsischen Wörterbuch, zeitweise kommissarisch die ganze Sektion und war in dieser Zeit bis zu seiner Emeritierung 1953 Mitverfasser der Bände G (1971), H-J (1972) und K (1975). Danach arbeitete er als wissenschaftlicher Berater weiter in der Wörterbuchstelle mit. Er wurde 1969 Mitglied des rumänischen Schriftstellerverbandes, 1970 Mitglied der rumänischen Akademie der sozialen und politischen Wissenschaften, und 1979 erhielt er den Orden für kulturelle Verdienste 1. Klasse und einen Sonderpreis des Schriftstellerverbandes. Ehrungen zu seinem 90. Geburtstag konnte er, noch rüstig, entgegennehmen; er starb am 8. Juli 1981 in seinem 92. Lebensjahr.

Als Dichter und Schriftsteller hat Capesius in jungen Jahren auf sich aufmerksam gemacht (z. B. Roman: Im alten Land, 1923, Lyrik: Segel nach der Ewigkeit, 1929), doch hörte er mit dreißig Jahren auf, Belletristik zu publizieren. Neben seiner Lehrertätigkeit hielt er viele, sehr geschätzte öffentliche Vorträge zu Themen der Literatur- und Sprachgeschichte, übersetzte aus der rumänischen Literatur und veröffentlichte Essays. Krönung seiner literaturgeschichtlichen Forschungen war der Auswahlband aus den Schriften von Humanisten, die in Siebenbürgen gewirkt hatten, unter dem Titel „Sie förderten den Lauf der Dinge“ (Bukarest 1974). Hier war Capesius Übersetzer aus dem Lateinischen, Kommentator und Editor zugleich. Als Sprachwissenschaftler hat er durch viele Untersuchungen, z.B. den Band „Die Landler in Siebenbürgen. Geschichte und Mundart“ oder die Studie „Wesen und Werden des Siebenbürgisch-Sächsischen“ in der Zeitschrift Forschungen zur Volks- und Landeskunde Band 8 (1965) die rumäniendeutsche Dialektologie bereichert.

Capesius war sein Leben lang politisch und sozial interessiert. Erleben und Erleiden des Ersten Weltkriegs wirkten in sein literarisches Werk hinein (z.B. das Drama „Brandung“). Innersächsische Konflikte und Gegensätze seiner Zeit arbeitete er in seinen Roman „Im alten Land“ ein, rückversetzt ins 19. Jahrhundert. Ablehnende Distanz, wenn auch kein aktiver Widerstand, kennzeichnet seine Haltungwährend der NS-Zeit, genährt wohl auch durch freundschaftlichen Kontakt zu einigen Männern des Widerstands und der innerem Emigration. Aufgeschlossenheit für Neues im Nachkriegsrumänien, Gesprächsbereitschaft und kaum je verbitterter Rückzug, trotz enttäuschender bis gefährlicher Phasen, führten schließlich dazu, daß er als Person unangetastet blieb, in hohem Alter geehrt und ausgezeichnet wurde. B. Capesius hat sich in einem langen aktiven Dasein um das geistige Leben der Siebenbürger Sachsen wie Rumäniendeutschen überhaupt exemplarisch verdient gemacht.

Lit.: Bernhard Capesius– 80 Jahre alt, in: Forschungen zur Volks- und Landeskunde 13 (1970), ebenda auch Bibliographie. – Harald Krasser, Bernhard Capesius zum 90. Geburtstag, in: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 28, 4, 1979. – Beiträge zum Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen, herausgegeben von Hermann A. Hienz, Folge 12, 1985, mit ausführlichem Werkverzeichnis.

Wikipedia: https://ro.wikipedia.org/wiki/Bernhard_Capesius

Gisela Richter