Biographie

Cornies, Johann

Herkunft: Westpreußen
Beruf: Agrarpionier, Reformer
* 20. Juni 1789 in Bärwalde, Kr. Marienburg/Westpreußen
† 13. März 1848 in Orloff an der Molotschna/Ukraine

Der Sohn einer im Großen Weichselwerder ansässigen mennonitischen Familie, dessen Vater einen Landhandel betrieb, wanderte mit seinen Eltern und Geschwistern 1804 nach Rußlandaus. An der Molotschna entstanden 1804 bis 1806 mehrereDörfer mit westpreußischen Familien und westpreußischen Ortsnamen. Der Vater betätigte sich in seinem Ackerbaubetrieb und in Ermangelung eines Koloniearztes als Naturheilpraktiker. Der 16jährige Johann Cornies arbeitete zunächst in einem deutschen Mühlenbetrieb. Schon ein Jahr später betrieb er mit Pferd und Wagen einen Landhandel bis nach Sewastopol auf der Krim, der ihm den Bau eines neuen Anwesens ermöglichte. Als 22jähriger heiratete er die 19 Jahre alte Agnes Klassen. Mit ihr hatte er einen Sohn und eine Tochter. Sein Sohn, die Enkel und Urenkel holten sich ihre Frauen aus Westpreußen, so daß die Verbindung der Familie dorthin nie abriß.

In der Elementarschule seiner westpreußischen Heimat erwarb Cornies den Grundstock für sein späteres Wissen, das er auf seinen weiten Handelsreisen sowie durch sein intensives Selbststudium zu einem beträchtlichen Bildungsgrad erweiterte. 1817 wurde er „Vorsitzer“ seiner mennonitischen Glaubensgemeinschaft. In ungewöhnlich kreativer Weise ging er in der Landwirtschaft neue Wege und erzielte vorbildliche Erfolge. Sein Gut Juschanlee wurde zum maßgebenden Mustergut, und er selbst war bis zu seinem Lebensende der Lehrmeister der Mennonitendörfer.

In der regenarmen ukrainischen Steppenlandschaft legte Cornies das Schwergewicht auf die Vieh- und Schafzucht und führte das deutsche Rotbuntvieh sowie die Merinos, eine spanische Schafsorte, ein. Beide Sorten erwiesen sich in dieser Gegend als überaus geeignet. Cornies kultivierte den Boden, indem er die Schwarzbrache erfand, die die Winterfeuchtigkeit länger im Boden erhält. Außerdem vermehrte er den Tabak-, Kartoffel-, Mais-, Flachs- und Gemüseanbau, züchtete wetterbeständige Weizensorten und sorgte für Haus- und Obstgärten sowie für schattige Baumalleen.

Seine Aufmerksamkeit widmete Cornies auch dem Schulwesen, das er reformierte. Er veranlaßte die Anstellung wissenschaftlich gebildeter Lehrer, stiftete Lehrmittel und stellte selbst Erziehungsgrundsätze für die Schulen auf (Allgemeine Regeln über Unterricht und Behandlung der Schulkinder, für die Schullehrer des Molotschnaer Mennonitenbezirks). Die Schulaufsicht übte er selbst aus. Um gesundheitliche Mißstände zu beheben, sorgte er für die Anstellung eines Arztes und die Errichtung eines Krankenhauses.

Cornies gelang es, die Nogarier, einen räuberischen Nomadenstamm, zur Ansiedlung zu bewegen, damit deren Lebensstandard zu heben und die Sicherheit der Kolonistendörfer zu gewährleisten. Er half auch den Hutterischen Brüdern, den Juden- und den Schwedenkolonien sowie den Duchoboren, einer russischen Sekte, durch die Einsetzung deutscher Musterwirte und Bürgermeister.

Die russische Regierung wurde bald auf Cornies aufmerksam und bat ihn, schriftkundige „Kronslehrlinge“ aufzunehmen, die die beispielhafte Wirtschaftsweise der Kolonisten erlernen und dann gewissermaßen als Entwicklungshelfer tätig werden sollten. Zar Nikolaus I. und sein Thronfolger Alexander II. empfingen Cornies und sprachen ihm ihre Anerkennung aus.

Als Agrarpionier und Reformer hat Cornies die mennonitischen Kolonien im Schwarzmeergebiet auf einen hohen Stand gebracht. In Anerkennung seiner Verdienste ernannte ihn das Gelehrtenkomitee des Ministeriums der Reichsdomänen in St. Petersburg zum Korrespondierenden Mitglied. In dieser Eigenschaft untersuchte er als erster die Kurgane, die auffälligen Gräber und Grabdenkmäler in der ukrainischen Steppe.

Cornies starb sehr angesehen und verehrt nach kurzer Krankheit im 59. Lebensjahr. Die deutschen Kolonisten „seiner“ Dörfer wurden im Zuge der russischen Revolution, der sowjetischen Zwangskollektivierung und des letzten Krieges von Haus und Hof verjagt. Bei den Vertreibungen und Verschleppungen konnten sie den Besitz nicht mitnehmen, wohl aber ihre Bildung, die sie der Schulreform Cornies‘ verdankten. Die von ihm einst eingeführte „rote deutsche Kuh“, nach 1945 in „Steppen-Kuh“ umbenannt, ist heute bis zum Kaukasus verbreitet.

Lit.: D.H. Epp: Johann Cornies, Züge aus seinem Leben und Wirken. Jekaterinoslaw und Berdjansk 1909.21946 in Steinbach, Manitoba. – Christian Neff: Johann Cornies. In Mennonitisches Lexikon, Bd. I, S. 374. – Ders.: Was aus einem einfachen Bauersmann werden kann. In: Christlicher Gemeindekalender, Kaiserslautern 1914 S. 83-95. – Benjamin H. Unruh: Johann Cornies zum hundertjährigen Todestag. In: Der Mennonit 1949, S. 27-31. – A. Prinz: Johann Cornies. In: Heimatbuch der Deutschen aus Rußland 1960. – K. Stumpp: Die deutsche Auswanderung nach Rußland 1763-1862. In: Ebd. 1961 S. IVff. – Altpreußische Biographie S. 883. – Horst Gerlach: Von Mühlhausen zur Molotschna. Vor 170 Jahren zog Johann Cornies nach Rußland. In: Der Bote, Saskatoon, Saskatchewan, 5. und 12. Februar 1974. – Ders.: Johann Cornies. Ein Westpreuße reformiert russische Landwirtschaft. In: Westpreußen-Jahrbuch 25/1975 S. 137-144.

Bild: Mennonitisches Archiv, Horst Gerlach, Weierhof/Pfalz.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Cornies

Hugo Rasmus