Biographie

Czaja, Herbert

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Politiker
* 5. November 1914 in Teschen/Österr. Schlesien
† 18. April 1997 in Stuttgart

Geboren in einer der politischen Wetterecken der ostdeutschen Siedlungsgebiete, in Teschen (damals Österreichisch-Schlesien, später Oberschlesien), lebte Czaja in seiner Jugend in Skotschau, Krs. Teschen, das nach dem Ersten Weltkrieg an Polen fiel. Er besuchte das Deutsche Gymnasium in Bielitz und studierte nach dem Abitur Germanistik, Geschichte und Philosophie in Krakau und Wien. Er promovierte 1938 in Krakau zum Dr. phil. Nach seinem Eintritt in den höheren Schuldienst als Deutschlehrer in Mielec ging er als wissenschaftlicher Assistent an die Krakauer Universität. 1941 kam er an das Deutsche Gymnasium in Przemysl.

Von dort wurde er als Soldat eingezogen und 1943 in Rußland schwer verwundet. Nach seiner Genesung kämpfte er an der Abwehrfront in Pommern und geriet 1945 im Harz in amerikanische Kriegsgefangenschaft.

In seine Heimat als Kriegsgefangener zurückgeführt, traf ihn 1946 das Los der Vertreibung. Es verschlug ihn nach Stuttgart, wo er bis 1953 wiederum im höheren Schuldienst tätig war.

Politisch schloß sich Czaja früh der CDU an und war von 1947 bis 1953 Stadtrat in Stuttgart – jahrelang als einziger Vertriebener unter 60 Stadträten. 1953 wurde er in den Deutschen Bundestag gewählt. Er gehört dem CDU-Bezirks- und Landesvorstand an und ist in Baden-Württemberg auch Vorsitzender der Union der Vertriebenen. Bereits seit 1948 ist er gewähltes Mitglied des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken. In der Vertriebenenbewegung zählt Czaja zu den Männern der ersten Stunde. Schon 1946 trat er der Ackermann-Gemeinde bei und war Mitbegründer mehrerer landsmannschaftlicher Organisationen in Baden-Württemberg. In seiner angestammten Landsmannschaft der Oberschlesier war er seit 1964 Bundesvorsitzender und wurde 1969 als Nachfolger von Dr. h.c. Otto Ulitz zum Sprecher der Landsmannschaft gewählt.

Czaja prägte entscheidend das heimatpolitische Gesicht seiner Landsmannschaft und trat insbesondere immer wieder in Wort und Schrift für Volksgruppenrechte seiner Landsleute ein, von denen noch heute annähernd 800.000 in Oberschlesien leben. Er hat in seiner Tätigkeit als Sprecher der Landsmannschaft Grundzüge einer europäischen Friedensordnung auf der Basis eines europäischen Volksgruppenrechts vorgelegt. Markanter Punkt dieser Vorstellung ist eine Europäisierung umstrittener Gebiete am Rande nationalstaatlicher Kerngebiete. Ausführlich legt Czaja dies in seinem Buch „Ausgleich mit Osteuropa – Versuch einer europäischen Friedensordnung“, Seewald-Verlag, Stuttgart, dar. Seine Überlegungen wurden in manchen Kreisen der deutschen Heimatvertriebenen aufgegriffen und tauchen in Überlegungen führender deutscher Politiker auf. Der gerechte Ausgleich mit dem polnischen Volk liegt Czaja ebenso am Herzen wie die entschiedene Vertretung berechtigter deutscher Interessen. Er fordert nicht nur die Ahndung der von Deutschen an Polen, sondern auch der nach Beendigung des Krieges von Polen an Deutschen begangenen Verbrechen.

Czaja gehört seit 1970 dem Stiftungsrat der „Stiftung Haus Oberschlesien“ an, die im März 1983 ihr „Oberschlesisches Landesmuseum“ seiner Bestimmung übergeben konnte.

Verdienste erwarb sich Herbert Czaja als Präsident des Bundes  der Vertriebenen und  als Vorsitzender der Gruppe der Vertriebenen- und Flüchtlingsabgeordneten der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag.

Im März 1970 übernahm Czaja in einer schweren Zeit voller politischer Umwälzungen die Präsidentschaft des Bundes der Vertriebenen. Die sozialliberale Ostpolitik warf ihre Schatten voraus. Ihr galt sein Kampf. In den folgenden Jahren ging es ihm daher nicht nur darum, die Identität der vertriebenen deutschen Volksgruppen innerhalb des Gesamtvolkes zu bewahren; er war – von den Erfahrungen der Kriegs- und Nachkriegszeit geprägt – immer auch bereit, für das vom Grundgesetz anvertraute rechtsstaatliche Erbe eine besondere Verantwortung zu tragen. So erwies er sich als ein unermüdlicher Streiter für eine verfassungskonforme Auslegung der Ostverträge, gegen die er gestimmt hatte und die er politisch ablehnt, für das völkerrechtliche Offenhalten der ganzen deutschen Frage, für das Recht des gesamten deutschen Volkes, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden, für die Verwirklichung des Rechts auf die Heimat, der Volksgruppenrechte und der Menschenrechte in ganz Europa.

Parallel hierzu wirkte er im Bundestag insbesondere für die Wiedervereinigung ganz Deutschlands und das Offenhalten der deutschen Frage. Mit Hartnäckigkeit und  Konsequenz  verfolgte  er  diese  Ziele, sowohl durch bohrende Fragen im Plenum als auch durch intensives Mitwirken im Auswärtigen- und Innenausschuß des Bundestages. Aber nicht nur diese deutschlandpolitischen Fragen, sondern auch soziale Probleme lagen ihm am Herzen. Seit 1976 Vorsitzender der Gruppe der Vertriebenen- und Flüchtlingsabgeordneten, hat er im Bereich des Lastenausgleichs seit 1953 an der Gesetzgebung gestaltend mitgewirkt und viele Initiativen für die Verbesserung, insbesondere der Altersversorgung, entwickelt, Probleme bei der Eingliederung der Umsiedler aufgegriffen und zu einer im Interesse der Betroffenen liegenden Lösung geführt. Er war es auch, der sich den Versuchen widersetzte, die Vertriebenenausweise abzuschaffen. Seine Gradlinigkeit und sein unermüdlicher Einsatz verschafften ihm Anerkennung und Freunde in der Fraktion sowie Achtung bei seinen politischen Gegnern. Die Tätigkeiten im Bundestag – in den ersten Jahren insbesondere auch im Bereich der Gesetzgebung zum Wohnungsbau, zur Familienförderung zum Planungsrecht, zum Wohnungsgeld und im Mietrecht – und im Bund der Vertriebenen brachten es mit sich, daß Czaja in einer Reihe von Ehrenämtern tätig ist, so z. B. im Verwaltungsrat der Lastenausgleichsbank, als Mitglied des Kontrollausschusses des Bundesausgleichsamts, im Rundfunkrat des Deutschlandfunks. Nicht zu vergessen sind seine Initiativen und sein Wirken im Rahmen der Förderung ostdeutscher Kultur. Er war es, der die Neugestaltung der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen betrieb und jetzt noch als Vorsitzender des Kuratoriums Weg und Ziel dieser Stiftung maßgeblich beeinflußt.

Als äußere Zeichen der Anerkennung und Würdigung der persönlichen Integrität und der Leistungen des Menschen und Politikers Herbert Czaja seien hier, abgesehen von den vielen Ehrungen, die ihm von Seiten der Vertriebenenverbände zuteil wurden, das Große Bundesverdienstkreuz und das Kompturkreuz des Gregoriusordens genannt.