Biographie

Czerny, Vincenz

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Chirurg
* 19. November 1842 in Trautenau/Böhmen
† 3. Oktober 1916 in Heidelberg

Der aus einer deutschen Apothekerfamilie stammende Czerny studierte von 1860 bis 1866 in Prag und Wien, wobei seine Studienschwerpunkte Biologie und Ophthalmologie waren. Nach der Promotion am 19. Dezember 1866 und verschiedenen Tätigkeiten in Wien, u.a. an der Hautklinik Ferdinand von Hebras, ferner bei dem berühmten Augenheilkundler Ferdinand von Arlt sowie bei Johann Ritter von Oppolzer, Primararzt am Wiener Allgemeinen Krankenhaus, erfolgte im Jahre 1868 Czernys Einstellung als Assistent Theodor Billroths, die mit einer Spezialisierung auf dem Gebiet der Chirurgie verbunden war. Ein herausragendes Forschungsergebnis während seiner Wiener Zeit als Mitarbeiter Billroths war das Gelingen einer Kehlkopfexstirpation beim Hund, den Czerny mit Hilfe eines künstlichen Kehlkopfes wieder zum Bellen brachte. Die im Tierversuch von Czerny angewandte Operationsmethode wurde später für entsprechende Eingriffe beim Menschen modifiziert. Im Kriegsjahr 1870 besuchte Czerny gemeinsam mit Billroth die deutschen Lazarette in Weißenburg und Mannheim.

Nach der Habilitation für das Fach Chirurgie im Sommer 1871 wurde Vincenz Czerny gegen Ende desselben Jahres zum ordentlichen Professor für Chirurgie nach Freiburg i. Br. berufen, wo er auch die Leitung der Chirurgischen Universitätsklinik antrat. Wissenschaftliche und persönliche Verbindungen hatte er damals mit Adolf Kußmaul geknüpft, Professor der Inneren Medizin, dessen Tochter Luise er 1872 heiratete, sowie mit Hermann Nothnagel, Professor für Arzneimittellehre.

Im Jahre 1877 wechselte Vincenz Czerny nach Heidelberg über, wo er die Nachfolge des bekannten Chirurgen Gustav Simon antrat. 29 Jahre wirkte Czerny als ordentlicher Professor in der Neckarstadt: 1906 legte er dieses Amt nieder und widmete sich in der Folgezeit ganz dem von ihm selbst in Heidelberg gegründeten Institut für experimentelle Krebsforschung (Samariterhaus). Nachdem Vincenz Czerny zunächst auf experimentellem und histologischem Gebiet tätig gewesen war, leistete er Herausragendes im klinischen Bereich, namentlich in der Chirurgie, speziell auf dem Sektor der Bauchchirurgie: Er begründete moderne Vorgehensweisen bei der Bruchoperation, modifizierte die bekannte Lembertsche Darmnaht, setzte die vaginale Uterusexstirpation in der Frauenheilkunde durch – eine bedeutende Pionierleistung, die ihm im Jahre 1878 erstmals gelungen war –, arbeitete außerordentlich erfolgreich bei der Gastrotomie, verbesserte die Verfahren der Magen- und Darmresektion sowie bei Gallenoperationen bzw. Eingriffen an Blase und Nieren. Außerdem gelang es Czerny, die Methodik bei Ösophagus-, Kropf-, Zungen- und Larynxexstirpation zu vervollkommnen.

Rege war auch die Veröffentlichungstätigkeit Czernys. Er äußerte sich in renommierten Fachorganen wie der Wiener medizinischen Wochenschrift.An wichtigen Arbeiten Vincenz Czernys seien genannt: Versuche über Kehlkopfexstirpation (1870), Ueber die Beziehungen der Chirurgie zu den Naturwissenschaften (1872), Studien zur Radikalbehandlung der Hernien (1877), Beiträge zur operativen Chirurgie(1878), Ueber die Ausrottung des Gebärmutterkrebses (1879),Ueber die Enukleation subperitonealer Fibromyome der Gebärmutter durch das Scheidengewölbe; vaginale Myomotomie (1881) und Über die Entwicklung der Chirurgie während des 19. Jahrhunderts und ihre Beziehung zum Unterricht (1903). Des weiteren gab Vincenz Czerny Teile der Lebenserinnerungen Adolf Kußmauls, seines Schwiegervaters, heraus (Adolf Kußmaul: Aus meiner Dozentenzeit in Heidelberg, hrsg. von Vincenz Czerny, Stuttgart 1903). Vincenz Czerny gilt als Forscher und Lehrer von internationalem Ruf. Seine Neuerungen waren wegweisend für die moderne Chirurgie, nicht nur in Deutschland. Als Präsident und Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie war er ein Vorbild für zahlreiche Kollegen und Schüler.

Lit.: [Anonym]: Czerny, Vincenz, in: Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Zugleich Fortsetzung des Biographischen Lexikons der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker, hrsg. von I[sidor] Fischer, I, Berlin und Wien 1932, S. 286. – [Anonym]: Czerny, Vincenz, in: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts, hrsg. von J[ulius] Pagel, Berlin und Wien 1901, Sp. 367 [mit oben reproduzierter Abb.]. – [Anonym]: Czerny, in: Röche Lexikon Medizin, hrsg. von der Hoffmann-La Roche AG und Urban & Schwarzenberg, München, Wien und Baltimore 1984, S. 309. – Georg Schöne: Czerny, Vincenz, in: Neue Deutsche Biographie, hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, III, Berlin 1957, S. 461 [dort Verzeichnis der wichtigsten Werke Czernys und weiterführende Literatur]. – Helmut Wycklicky: Vincenz Czerny. Pionier der interdisziplinären Krebsbekämpfung, in: Rheuma 6 (1986), S. 1-4.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Vincenz_Czerny

Werner Gerabek