Biographie

Czyhlarz, Karl Ritter von

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Jurist
* 17. August 1833 in Lobositz/Böhmen
† 21. Juli 1914 in Wien

Der gebürtige Böhme, dessen Lehrbuch der Institutionen des römischen Rechtes – bisher in 18 Auflagen – seinem Autor juristischen Weltruf verschaffen sollte, und der auch als Politiker, Abgeordneter im böhmischen Landtag und Mitglied des österreichischen Herrenhauses, unvergessene Verdienste erwarb, wurde 1856, nach Jurastudien in Prag und Berlin, Dr. jur. in Prag, wo er sich zwei Jahre später als Privatdozent für römisches Recht habilitierte. Nach kurzer Tätigkeit als Juristenpräfekt am ehrwürdigen Theresianum in Wien wurde er 1863 außerordentlicher, 1869 ordentlicher Professor für römisches Recht an der Prager Universität; dreimal zum Dekan seiner Fakultät gewählt und 1876 zum Rektor. In seiner Eigenschaft als Praeses der judiziellen Staatsprüfungskommission prüfte er bis zum seinem Abgang aus Prag mehr als 2500 Kandidaten deutscher und tschechischer Sprache. 1892 verließ Czyhlarz Prag, um einem Ruf als Ordinarius für römisches Recht nach Wien zu folgen, wo er bis zu seiner Emeritierung lehrte. Heute erinnert ein in der Ehrenhalle der Wiener Universität 1927 zu seinem Andenken aufgestelltes Denkmal an das Wirken des Gelehrten. Seine zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen behandeln nicht nur römisch-rechtliche Fragen, sondern auch solche der slawischen Privatrechtsgeschichte. 1889 erschien die l. Auflage seines in vielen Auflagen und mehreren Übersetzungen publizierten Lehrbuchs der Institutionen des römischen Rechts, mit dem Wunsch und der Absicht geschrieben, „um Lust und Liebe zur Jurisprudenz zu wecken“. Nicht zuletzt mit diesem Lehrbuch hatte Czyhlarz als international anerkannter Romanist einen bestimmenden Einfluß auf die juristische Bildung mehrerer Generationen.

Eng mit seiner wissenschaftlichen verband sich seine politische Tätigkeit. 1866-86 war er Abgeordneter der Deutschen Fortschrittspartei im böhmischen Landtag, 1891-92 war er Gründer und l. Vorsitzender der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen, seit 1895 lebenslängliches Mitglied des österreichischen Herrenhauses (als Vertreter der Verfassungspartei), Berichterstatter und Vorsitzender der juridischen Kommission, 1898 Referent des K. u. K. Reichsgerichts, 1906 Mitglied der „Budget-Staatsvertrags-Ausgleichs-Adreß- und Volkswirtschaftlichen Kommission“ und zahlreicher Fachkommissionen. So gewann er als Mitglied des Landesausschusses und Landesschulrates großen Einfluß auf das Schulwesen und wurde 1876 für seine Verdienste in den erblichen Ritterstand erhoben.

Hauptwerke: Römisches Dotalrecht, 1870; Zur Geschichte des ehelichen Güterrechts im böhmisch-mährischen Landrecht, 1883; Die Eigentumserwerbsarten des Pandektentitels 41,I „De acquirendo dominio“, I. Bd. 1887; Lehrbuch der Institutionen des römischen Rechts, 1889, 19/1933; Die Haager Eherechtskonventionen und das österreichische Recht, 1907.

Lit.: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950 (1915); Neue Österreichische Biographie (Große Österreicher), Bd. XVI (1965); Brockhaus-Enzyklopädie Bd. 4, 1968.

Weblinks: https://www.oe-journal.at/index_up.htm?https://www.oe-journal.at/Artikel/czyhlarz221002.htm; https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_von_Czyhlarz

Ernst-Edmund Keil