Nach seinem Studium der Geschichte war Rudolf Damus Lehrer in Göttingen und in Danzig, wo er im Alter von 43 Jahren Stadtschulrat wurde und als solcher an der Spitze der städtischen Schulverwaltung stand. Er veröffentlichte eigene historische Arbeiten über die Geschichte der Provinz Westpreußen und gestaltete über 25 Jahre höchst erfolgreich als Vorsitzender die Arbeit des Westpreußischen Geschichtsvereins in Danzig.
Rudolf Damus wurde als Sohn des Rendanten Karl Hermann Damus geboren. Er besuchte das Gymnasium seiner Heimatstadt Elbing, das im Jahre 1535 als das erste in Preußen gegründet worden war. Zwei Jahre vor seiner Geburt war es aus dem Besitz der Stadt an den preußischen Staat übergegangen und hatte seine Bibliothek in die gleichzeitig neu gegründete Stadtbibliothek eingebracht. Im Jahre 1867 erhielt Damus das Zeugnis der Reife und studierte an den Universitäten Königsberg i. Pr., Berlin und Göttingen Geschichte. Von Göttingen aus nahm er in den Jahren 1870/71 am Deutsch-französischen Krieg teil und konnte deshalb erst Weihnachten 1872 mit der Arbeit: Die Slavenchronik Arnolds von Lübeck in Göttingen promoviert werden. In den Jahren 1872 und 1873 war er Probekandidat am Gymnasium in Göttingen. Dort legte er 1873 das Staatsexamen ab und blieb als Lehrer.
Zu Michaelis 1879 wurde Damus als Geschichtslehrer an die damalige Realschule erster Ordnung zu St. Petri und Pauli in Danzig berufen. Hier in unmittelbarer Nachbarschaft zu seiner Heimatstadt Elbing entfaltete er eine umfangreiche historische Tätigkeit, zumal in Danzig als Provinzialhauptstadt nach der Wiedereinrichtung der Provinz Westpreußen im Jahre 1878 ein reges geistiges Leben erblühte. Dafür beispielhaft ist die Gründung eines historischen Vereins im Jahre 1879, der auf seiner ersten Generalversammlung am 29. Mai 1880 den Namen “Westpreußischer Geschichtsverein” annahm und seine Tätigkeit auf die gesamte Provinz ausdehnte. Damus war Gründungsmitglied. Im Jahre 1882 wurde dann die “Provinzial-Kommission zur Verwaltung der Westpreußischen Provinzial-Museen” eingerichtet, in der Damus später eine führende Rolle spielte; diese Behörde war für alle wissenschaftlichen Unternehmungen der Provinz zuständig.
Neben seinem täglichen Unterricht verfaßte Damus innerhalb von sieben Jahren fünf Arbeiten von zunehmendem Umfang, die sich mit der Landesgeschichte Westpreußens vom 15. bis zum 18. Jahrhundert beschäftigten und auf Quellen vor allem aus den reichen Schätzen des Danziger Stadtarchivs beruhten. Durch diese Arbeiten ausgewiesen, berief ihn die Westpreußische Provinzialverwaltung zu einem Studienaufenthalt nach Rom, wo er von Oktober 1889 bis März 1890 das jüngst von Papst Leo XIII. für wissenschaftliche Forschungen freigegebene Vatikanische Geheimarchiv nach Unterlagen zur heimatlichen Geschichte durchsehen sollte. Sein Bericht vor der Provinzialkommission ist in den Verhandlungen des Westpreußischen Provinzial-Landtages von 1891 zusammengefaßt. Ostern 1891 trat Damus als Oberlehrer (möglicherweise trug er diesen Titel schon in Göttingen) in das Kollegium des Städtischen Gymnasiums ein, wurde aber schon am 4. November 1891 von der Stadt Danzig als Nachfolger von Dr. Cosack kommissarisch zum Stadtschulrat berufen und im Herbst 1892 endgültig in diese Position gewählt.
Mit der Übernahme dieses Amtes war es Damus nicht mehr möglich, eigene wissenschaftliche Arbeit zu leisten, da ihm nun die Verwaltung und Umgestaltung des gesamten Danziger Schulwesens oblag. Dennoch hat er einen bestimmenden Einfluß auf die Geschichtsforschung in der Provinz Westpreußen ausüben können, da er 1892 als Nachfolger des Prähistorikers Dr. Lissauer in die Provinzial-Kommission für die Verwaltung der Westpreußischen Provinzial-Museen und ein Jahr später als Nachfolger des Provinzialschulrats Dr. Kuse zum Vorsitzenden des Westpreußischen Geschichtsvereins gewählt wurde. In beiden Gremien hat Damus Hervorragendes geleistet. In der Kommission galt es zunächst, eine Bestandsaufnahme der Bau- und Kunstdenkmäler Westpreußens zu veranlassen, und im Jahre 1892 übertrug der Provinziallandtag der Kommission die Denkmalpflege, in der damaligen Form die Erforschung und Erhaltung aller Gegenstände in der Provinz, die einen wissenschaftlichen, historischen oder Kunstwert hatten. Insbesondere die Baudenkmäler erforderten die Beschaffung und Bereitstellung erheblicher finanzieller Mittel. Dem persönlichen Einsatz von Damus war es zu verdanken, wenn die Kommission zwei weitere wichtige Aufgaben förderte: die vom Königlichen Staatsarchiv in Danzig übernommene Erschließung der historischen Quellen des ländlichen Grundbesitzes sowie den Erwerb der Besitzrechte für die Provinz Westpreußen und die Aufnahme der Bestände der nichtstaatlichen Archive in der Provinz. Während seiner Amtszeit erhielt das Kunstgewerbemuseum in Danzig einen neuen Direktor und die Danziger Stadtbibliothek mit ihren wertvollen Handschriftenbeständen und reichen, alten Bücherschätzen (die größtenteils bis heute erhalten gebliebensind) 1896 in dem Bibliothekar Otto Günter (1864-1924) ihren ersten eigenen fachmännischen Leiter, im Jahre 1905 dann sogar den modernen Neubau am Hansaplatz. Unmittelbar benachbart war von 1900 bis 1902 auch für das Königliche Staatsarchiv eine neue Unterkunft entstanden, und auch hier war es Damus, der sich dafür einsetzte, daß das Danziger Staatsarchiv, ohne Aufgabe des Besitzrechtes, zum Grundstock des neuen Westpreußischen Staatsarchivs wurde.
In den 25 Jahren seiner Leitung des Westpreußischen Geschichtsvereinssah Damus seine Aufgabe vor allem in der Fortführung und Intensivierung der vereinseigenen Veröffentlichungen und in der Bewahrung ihres hohen wissenschaftlichen Niveaus. Günther schreibt: “Die Liebe zur Geschichte seiner Heimat hat Damus mit vielen geteilt, aber in höherem Maße als viele andere hat er von Anfang an erkannt, daß die Förderung der heimischen Geschichtsforschung, so wie die Verhältnisse in unserer Provinz lagen und noch liegen, nicht zuletzt von dem Blühen und Gedeihen des Westpreußischen Geschichtsvereins abhängig sei … daß … eine nach allen Seiten hin sich erstreckende wissenschaftliche Aufklärung des geschichtlichen Vergangenheit auch für die Beurteilung und Gestaltung der Gegenwart ihren vollen und gar nicht hoch genug einzuschätzenden Wert besitze.” Eine Erkenntnis, die auch heute noch ihre volle Berechtigung hat! Und Günther betont die “Unbefangenheit seines Urteils, die ruhige Sachlichkeit seiner Erwägungen, sein verständnisvolles Eingehen auf Anregungen anderer und neben einer ungewöhnlichen Schärfe des Verstandes doch die überaus gewinnende und liebenswürdige Form, mit der er alle vorkommenden Fragen stets behandelte.” Rudolf Damus verstarb im 70. Lebensjahr, noch bevor er am 1. April 1918 nach einem arbeitsreichen Leben für seine Heimatprovinz Westpreußen in den Ruhestand eintreten konnte.
Werke: Ein Prozeß Danzigs im 15. Jahrhundert. 3. Heft des Westpreußischen Geschichtsvereins. Danzig 1881. – Danzigs Beziehungen zu Frankreich. 5. Heft des Westpreußischen Geschichtsvereins. Danzig 1881. – Zur Geschichte des schwedisch-polnischen Erbfolgekrieges. Osterprogramm der Schule zu St. Petri und Pauli. Danzig 1882. – Der erste nordische Krieg bis zu Schlacht bei Warschau. Aus Danziger Quellen. 12. Heft des Westpreußischen Geschichtsvereins. Danzig 1884. – Die Stadt Danzig gegenüber der Politik Friedrichs des Großen und Friedrich Wilhelms II. 20. Heft des Westpreußischen Geschichtsvereins. Danzig 1887. – Festschrift zur 100-jährigen Gedenkfeier der Vereinigung Danzigs mit dem Königreich Preußen. 2. Aufl.: Danzigs Eintritt in den preußischen Staat. Danzig 1893. – Der Westpreußische Geschichtsverein in den ersten 25 Jahren seiner Tätigkeit. 47. Heft des Westpreußischen Geschichtsvereins. Danzig 1904. – Festschrift zur Einweihung des neuen Schulgebäudes. Programm der Oberrealschule zu St. Petri und Pauli. (Damus, Kleefeld und Simson). Danzig 1904.
Lit.: Paul Simson: Geschichte der Schule zu St. Petri und Pauli in Danzig. Teil II. Danzig 1905. – O. Günther: Rudolf Damus. Mitteilungen des Westpreußischen Geschichtsvereins. Nr. 3. Danzig 1918.
Hans-Jürgen Kämpfert