Biographie

Dantiscus, Johannes

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Diplomat, Dichter, Fürstbischof
* 31. Oktober 1485 in Danzig
† 27. Oktober 1548 in Heilsberg

Abwechslungsreich und vielfältig, ja schillernd wie seine Namen war sein Leben, wohl auch seine Haltung und sein Charakter. Als Johannes von Höfen (a oder de Curiis, nachdem er 1515 von Kaiser Maximilian zum Ritter geschlagen wurde,) wurde er am 31. Oktober 1485 in Danzig geboren und nanntesich nach seiner Vaterstadt Dantiscus. Nach dem Beruf seines Großvaters und seines Vaters, der zugleich Brauer und Kaufmann war, hieß er auch Johannes Flachsbinder (grädsiert dann schließlich Linodesmos). Seine Familie läßt sich seit dem 14. Jahrhundert im Ermland nachweisen, sein Großvater siedelte dann wohl Mitte des 15. Jahrhunderts nach Danzig über. Als Stätten seiner Ausbildung nennen seine Biographen Danzig und Graudenz, Greifswald und Krakau. Schon mit 14 Jahren nahm er an einem Krieg gegen die Türken teil; jung, intelligent und von kräftiger Statur, geriet er in Krakau in Kreise des polnischen Hofes und kurz darauf in einen Feldzug gegen die Tataren. Anschließend unternahm er von Venedig aus Reisen und Wanderungen durch Griechenland, Palästina, Syrien und Arabien und kehrte von Sizilien durch Italien nach Krakau zurück. Hier wurde er etwa 1505 königlich polnischer Sekretär und setzte seine Studien auf theologischem und juristischem Gebiet fort. Auch seinen humanistischen und dichterischen Ambitionen ging er nach, doch ist von seinen frühen Werken kaum etwas erhalten geblieben. Nachdem er in dieser Zeit ebenfalls die niederen priesterlichen Weihen erhalten hatte, vertrat er den polnischen König als königlicher Notar seit dem Pfingst-Landtag in Marienburg 1509 auf den Landtagen der preußischen Stände. Gebildet und ehrgeizig nahm Dantiscus die sich ihm bietende Chance wahr und vertrat – entgegen den Absprachen von 1454 und den Verträgen aus dem zweiten Thorner Frieden von 1466 – die Ansprüche Sigismund I., Appellationen preußischer Gerichte annehmen zu dürfen und von polnischen obersten Gerichtshöfen entscheiden zu lassen. In dem gleichen Maße wie er durch seinen Eifer in dieser Sache im Ansehen der preußischen Stände und Städte sank, stieg er in der Gunst des Polenkönigs. Er begleitete König Sigismund zu den Fürstenkongressen in Pressburg und Wien, wo er 1515 zum Doktor beider Rechte ernannt, von Maximilian zum Ritter geschlagen und zum poeta laureatus gekrönt wurde. Bis 1532 nahm er nun als königlicher Gesandter Aufgaben in Deutschland, Italien und Spanien wahr: Er sicherte der Königin Bona aus dem Hause Sforza das mütterliche Erbe im Herzogtum Bari in Neapel, rechtfertigte die Gegensätze zwischen Polen und dem Deutschen Ritterorden vor europäischen Fürsten, versuchte das westliche Europa für die Abwehr der Türken (Sultan Soliman II.) zu gewinnen und versuchte schließlich, die Aufhebung der Reichsacht gegen Herzog Albrecht von Preußen (wegen der Säkularisierung des Ordensstaates) vor Kaiser und Reichstag zu erreichen. Sein großes diplomatisches Geschick machten sich andere Fürsten ebenso wie die Kaiser Maximilian und Karl V. zum Vorteil, der ihn 1529 in Spanien erneut zum Ritter schlug und die Dichterharfe in sein Wappen setzte. Durch die Belohnungen aller dieser Dienste brachte Dantiscus es zu Reichtum, Ansehen undÄmtern: Er erhielt eine Pfarre bei Krakau (1515), die Probstei Gollub bei Bromberg 1521, das oberste Pfarramt an der Danziger St. Marienkirche (die zu dieser Zeit an 47 Altären über 100 Priester und einen unermeßlich reichen Paramentenschatz besaß) 1523 als Sinekure und 1530 das Bischofsamt im Bistum Kulm in Abwesenheit. Ab 1532 nahm er dieses Amt wahr und wurde damit auch Stellvertreter des ermländischen Bischofs im Vorsitz des westpreußischen Landesrates, vor dem selbstverständlich deutsch Verhandlungssprache war. Nachdem er im März 1533 die höheren Priesterweihen erhalten hatte, erfolgte im September die Bischofsweihe.

Die Querelen im Zusammenhang mit seiner Bewerbung um das Bischofsamt in Kulm setzten sich in verstärktem Maße fort, als er sich um die Koadjutorstelle für den erkrankten ermländischen Bischof Mauritius (Moritz) Ferber bemühte, als es um die Auslegung des Vertrages von Petrikau aus den Jahren 1512/13 und schließlich um die Nachfolge im ermländischen Bischofsamt ging, die er mit erheblicher Unterstützung des polnischen Königs 1537 antrat. Dantiscus hatte in seinem bisherigen Leben alle weltlichen Annehmlichkeiten und Freuden reichlich ausgekostet, seine lateinischen Gedichte umfaßten Epigramme, Gelegenheitsgedichte, Satiren und Elegien erotischen Inhalts, auch Wettgesänge in Prosa gehörten dazu. In diesen Jahren jedoch änderte sich sein Verhalten: Er bemühte sich um ehrbaren Lebenswandel und achtbare Pflichterfüllung, schrieb geistliche Komödien und religiöse Hymnen (sein bedeutendstes Werk, zugleich eines der besten des Humanismus in Preußen, erscheint 1548, das „Buch der Hymnen“) und konnte als Präsident des preußischen Landesrates durchaus Erfolge in der Verteidigung der Freiheiten Preußens gegenüber den Ansprüchen des Polenkönigs verzeichnen. Wird also aus dem Saulus ein Paulus, oder zeigt sich der Welt ein Opportunist? Die Schwierigkeiten selbst in seinem eigenen Domkapitel reißen nicht ab. Dantiscus, der noch als Bischof des Ermlands mit seiner Geliebten in Spanien korrespondiert und seine uneheliche Tochter (Johanna Dantisca a Curiis) in Valladolid in Spanien unterstützt, verbietet dem weltbekannten Astronom und Domherrn Copernicus die Beschäftigung einer entfernten Verwandten als Haushälterin, benutzt aber dessen Dienste als anerkannter Arzt. Andersdenkende Domherren seines eigenen Kapitels werden unter Druck gesetzt, ja sogar des Landes verwiesen. Von den Priestern seiner Diözese verlangt er einen einwandfreien Lebenswandel und ein Eintreten für die Gegenreformation.

Andererseits haben zahlreiche seiner Unternehmungen große Anerkennung gefunden: seine Anordnung, daß Mitglieder des Domkapitels eine dreijährige Universitätslaufbahn abgeschlossen haben müssen, und sein Eintreten für die Freiheit Westpreußens gegenüber dem polnischen König. Dantiscus galt und gilt als herausragender Förderer des Humanismus in Preußen. Er und seine gelehrten Domherren pflegten einen regen und freundschaftlichen Austausch sowohl mit den protestantischen Gelehrten am Königsberger Hof als auch mit den katholischen am polnischen. Ein umfangreicher Briefwechsel verband ihn mit bedeutenden Persönlichkeiten ganz Europas, selbst mit Hernán Cortés in Amerika. Im Schloß zu Heilsberg, dem ermländischen Bischofssitz, schuf er eine Bibliothek, eine Münz-, Karten- und Gemäldesammlung (Holbein). Der bedeutende Humanist und Diplomat starb in der Nähe seiner Vaterstadt Danzig am 27. Oktober 1548 in Heilsberg.

Lit.: F. Hipler: Beiträge zur Geschichte der Renaissance und des Humanismus aus dem Briefwechsel des Johannes Dantiscus. in: Zschr. für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands, Bd. 9, 1890; F. Hipler: Des Bischofs J.D. geistliche Gedichte, Münster 1857; A. Rhode: Der erste Berufsdiplomat in Polen, J. von Höfen, gen. Dantiscus. In: Deutsche Gestalter und Ordner im Osten. Leipzig 1942.

Abb.: Holzschnitt von A. Lesser

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Dantiscus

Hans-Jürgen Kämpfert