Biographie

Davidsohn, Robert

Herkunft: Danzig
Beruf: Historiker
* 26. April 1853 in Danzig
† 18. September 1937 in Florenz

Nachdem Robert Davidsohn zunächst als Kaufmann tätig gewesen war, wechselte er zum Journalismus, d.h., er arbeitete als Musik-und Theaterkritiker an dem von seinem Bruder George gegründeten „Berliner Börsencourier“. 1884 begann er Geschichte zu studieren. Er beendete sein Studium mit einer 1888 abgeschlossenen Arbeit über Philipp II. August von Frankreich und dessen zweite Frau Ingeborg. An das Studium schlossen sich Reisen in Spanien und auf den Kanarischen Inseln an. Im Jahre 1889 ließ Davidsohn sich in Florenz nieder. Während eines Zeitraums von 40 Jahren verfaßte er in Florenz sein monumentales Werk über die Geschichte von Florenz im Mittelalter. Daß seine Ausführungen immer wieder um Dante und seine Welt kreisen, versteht sich von selbst. Denn der 1265 zu Florenz geborene größte Dichter Italiens stand nicht nur den bedeutendsten Künstlern seiner Vaterstadt nahe, sondern nahm auch an ihrem politischen Leben aktiv teil. Im Kampf für die Unabhängigkeit von Florenz gegen die Einmischungsversuche des Papstes verstrickte er sich in eine erfolglose und verhängnisvolle Opposition, denn sie führte zu seiner Verbannung aus Florenz und sogar zu seiner Verurteilung zum Tode.

Im Vorwort zum 4. Band seiner „Geschichte von Florenz“ hat Robert Davidsohn seine Auffassung von der Geschichte dargelegt. Hier nämlich stellt er u. a. fest: „Vergeblich wird eine nüchterne, flache Auffassung historischer Gestaltungen das Erscheinen großer Männer auf der Bühne der Welt aus dem Gange der wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären suchen, aber ebenso vergeblich wird eine einseitig ideelle Auffassung bemüht sein, ihre Schicksale verständlich zu machen, ohne den wirtschaftlichen Verhältnissen ihrer Daseinszeit ausreichende Würdigung zu gewähren.“ Und weiter heißt es hier: „Die Frage, wie das Genie entsteht, entzieht sich aller Erörterung, es erscheint bisweilen in der Welt, und man muß es dabei bewenden lassen, solches Glück zu genießen gleich anderen, uns allerorten umgebenden alltäglichen Wundern in Natur und Menschen weit.“ An anderer Stelle vermerkt er: „Nur durchtiefe Erschütterungen gelangt ein Volkstum zu innerer Befreiung und zu höherem Bewußtsein seiner selbst.“ Diese wenigen Hinweise mögen genügen, um darzutun, daß Robert Davidsohn ein Geschichtsschreiber war, dem es darum ging, das Spezielle mit dem Allgemeinen zu verbinden und das Persönliche in seine Darstellung und Analysen des historischen Geschehens einzubringen. Was die Thematik seines Werkes betrifft, so hat man darin den bisher einzigen Versuch zu sehen, die Geschichte von Florenz bis in die Zeit Dantes hinein zu schreiben. Das Œuvre basiert auf umfangreichen Quellen. Sowohl als Materialsammlung als auch als kulturgeschichtliche Darstellung, in die, wie gesagt, persönliche Auffassungen einfließen, hat man es als eine imponierende Leistung zu betrachten. Das hohe Ansehen, das der Historiograph Davidsohn genoß, machen die Ehrungen deutlich, die ihm zuteil wurden: Die Universität Freiburg im Breisgau verlieh ihm die Würde eines Dr. phil. b.c., die Preußische Akademie der Wissenschaften die Silberne Leibnizmedaille; außerdem war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften sowie Mitglied der Accademia dei Lincei.

Werke (Auswahl): Geschichte von Florenz, 4 Bde. (1896-1927); ins Italien. übers, seit 1906ff.; Forschungen zur Geschichte von Florenz, 4 Bde. (1896-1908).

Lit.: F. Schneider, Robert Davidsohn als der Geschichtsschreiber von Florenz, in: Dante-Jb. 28 (1948), S. 165-72; W. Stötzer, Robert Davidsohns Auffassungen vom Mittelalter in seiner „Geschichte von Florenz“, Diss. (maschinenschriftl.) Jena 1956; S. Kaznelsohn (Hrsg.), Juden im deutschen Kulturbereich, Berlin 21959, S. 373f.; Enc. Judaica; H.C. Peyer, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 3, S. 538.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Davidsohn

Konrad Fuchs