Biographie

Deisch, Matthäus

Herkunft: Danzig
Beruf: Kupferstecher, Verleger
* 18. Juli 1724 in Augsburg
† 28. Januar 1789 in Danzig

Matthäus Deisch war als bildender Künstler in Danzig tätig, er stellte Radierungen,  Kupferstiche und  Schabkunstblätter her (Kupferstiche, die durch eine aufgerauhte Oberfläche der Kupferplatte auch weiche Tonabstufungen und -übergänge wiedergeben). Künstlerisch wohl weniger bedeutend, was seine Zeitgenossen recht drastisch zu formulieren pflegten, galt er den nachfolgenden Generationen dennoch als bedeutender Bewahrer des nahezu einmalig schönen Danziger Stadtbildes aus dem frühen 18. Jahrhundert. Heute, nach Bombardement und Vertreibung, vor allem aber nach den Brandlegungen der Sieger im Anschluß an die Einnahme Danzigs im Frühjahr 1945, durch die Danzigs Innenstadt bis zu 90 % zerstört wurde, ist die Darstellung des Danziger Stadtbildes durch Deisch von unschätzbarer Bedeutung, nicht zuletzt für den Wiederaufbau nach 1945. Die zeitliche Einordnung der Abbildungen aus der Stadt Danzig – Aegidius Dickmann (1617), Reinhold Curicke (1687), Matthäus Deisch (1765 erschien das letzte Blatt), Johann Carl Schultz (1855 erschien die erste Folge) usw. – wurde in den Ostdeutschen Gedenktagen 1985 (S. 253) kurz dargestellt. Die Lebensdaten des Danziger Künstlers geben einen außerordentlich interessanten Einblick in sozialgeschichtliche Zusammenhänge der damaligen Zeit.

Matthäus Deisch wurde am 18. Juli 1724 in Augsburg geboren, der Stadt, die für die Herstellung von Landkarten und Kupferstichen ganz allgemein und als Sitz bekannter Kupferstichverleger in Europa bekannt war. Hier erhielt er seine Ausbildung als Maler und Kupferstecher bei Rugendas und Kilian. Da er – wohl wegen der großen Konkurrenz – sein Auskommen in Augsburg nicht finden konnte, unternahm er bereits in jungen Jahren weite Messefahrten, die ihn schon 1744 nach Danzig führten, vielleicht zum großen Dominiks-Jahrmarkt im August. Hier muß er auch seine spätere Frau kennengelernt haben, Philippine Agathe geb. Pollet verw. Von Pfundkeller, derentwegen er sich Ende 1749 – nach eigener Aussage – endgültig in Danzig niederließ. Er logierte „bei Meister Lorenz Schneider in Poggenpfuhl“, einer Querstraße zum Vorstädtischen Graben parallel zur Mottlau, wie er in einer Anzeige in den „Wöchentlichen Danziger Nachrichten“ mitteilte.

Danzig, der bedeutende, selbständige Stadtstaat unter der selbstgewählten Oberhoheit des Königs von Polen, hatte seine Blütezeit als See- und Handelsstaat längst überschritten, zog aber immer noch zahlreiche Einwanderer in seinen Bann. Ein wirtschaftlicher Aufschwung war Deisch auch hier nicht beschieden, obwohl er in Danzig ein kleines Ladengeschäft betrieb, weiterhin Messen und Märkte besuchte (z.B. in Elbing, Braunsberg und Königsberg), Portraits anfertigte und Tagesereignisse – seriöse oder sensationelle – in Kupferstichen zu geringen Preisen darstellte. Er machte sogar Konkurs, da er durch Verluste auf Märkten und auf See etwa 1000 Reichstaler Schulden hatte, erbat und erhielt zum Schutz vor seinen Gläubigern im Jahre 1754 den „Eisernen Brief“ der Stadt Danzig. 1759 war der junge Berliner Maler Friedrich Anton Lohr ebenfalls nach Danzig eingewandert, mit ihm gab Deisch als Unternehmer und Kupferstecher die heute so überaus wertvollen „Fünfzig Prospecte von Dantzig“ von 1761 bis 1765 für etwa 250 Subskribenten heraus. Diese Sammlung enthält 7 Gesamtansichten, 4 Außentore, etwa 30 Ansichten von Plätzen und Gebäuden der Innenstadt und einige Ansichten der selten dargestellten Vorstädte und Vororte. Auch dieses Unternehmen erfüllte nicht ganz seine finanziellen Erwartungen, obwohl er von der Stadt, der die „Prospecte“ gewidmet waren, noch 300 Gulden als Geschenk erhielt. Fast gleichzeitig mit diesem Werk gab er von 1762 bis 1765 „Die Herumrufer“ heraus, 40 Darstellungen von Danziger Straßenverkäufern und Ausrufern, für die wohl ebenfalls Lohrmann als Maler gewonnen wurde. Deisch wohnte inzwischen in der Wollwebergasse, einer Querstraße zwischen Langgasse und Jopengasse am Kohlenmarkt.

Unmittelbar im Anschluß an die beiden erwähnten Serien kündigte Deisch schon 1765 eine dritte über in Danzig lebende Persönlichkeiten an, von denen bis 1785 auch mindestens 20 Portraits erschienen. 1766 gab er dann ein erstes Danziger Wappenbuch von 12 Blatt, 1767 ein zweites von 41 Blatt heraus, deren Wappen und Monogramme der Mitglieder des Danziger Senates und der Verwaltung für Genealogie und Wappenforschung von großer Bedeutung sind. Daneben hat er stets Visitenkarten, Glückwunsch- und Neujahrskarten u. ä. angeboten. Erst im Jahre 1763 erhielt Deisch das Danziger Bürgerrecht als „Arbeitsmann“, 1769 wurde er auf eigenen Antrag als Unterschreiber Beamter bei der Zulagekammer der Stadt und 1779 „Erster Zulageschreiber“. Damit besaß er wohl im 45. Lebensjahr erstmals ein festes Gehalt, und als er zwei Jahre nach dem Tode seiner Frau (1781) sein Testament machte, sogar ein Vermögen von 3500 Gulden. Im Jahre 1773 besuchte der gebürtige Danziger und in Berlin zu Ruhm und Erfolg gekommene Daniel Chodowiecki seine Vaterstadt. Am 15. Juni notierte er in sein Tagebuch: „Hier soll Herr Wessel der beste Maler sein, für Kupferstiche ist nur Donet da, ein Mennonit, und Deisch, ein Augsburger, beide Pfuscher.“ Oder: „Ein paar schlechte eigene Arbeiten nach Ostade zeigte er noch.“ Dennoch besuchte er Deisch, der wieder nahe der Petrikirche wohnte, noch am gleichen Tage und auch später, tauschte mit ihm Bilder und zeichnete Deisch und seine Frau am Kaffeetisch, zahlreiche Bilder an den Wänden und Deisch, eine lange Pfeife in der Linken haltend. Matthäus Deisch starb am 28.1.1789 in Danzig, er blieb kinderlos. Das Schabkunstblatt seiner eigenen Person, um 1760 entstanden nach einem Gemälde von Jakob Wessel, gilt als recht gut gelungen, so wie seine Portraits allgemein vom künstlerischen Standpunkt aus vor seinen Stadtansichten den Vorzug erhalten haben.

Lit.: Daniel Chodowieckis Künstlerfahrt nach Danzig im Jahre 1773. Eingel, u. hrsg. v. W.  Franke, Berlin, o. J. (um 1900). – Schwarz, Friedrich: M. D. in: Mitteilungen des Westpreußischen Geschichtsvereins, Band 23 (1924), S. 54ff. Mit Bild. – Bahr, Ernst: in: Fünfzig Prospecte von Dantzig. Nachdruck der Originalausgabe von Matthäus Deisch, Lüneburg 1976.

Hans-Jürgen Kämpfert