Biographie

Derfflinger, Georg Freiherr von

Herkunft: Ostbrandenburg
Beruf: Generalfeldmarschall
* 10. März 1606 in Neuhofen an der Krems
† 14. Februar 1695 in Gusow bei Frankfurt/Oder.

„Ich solte vnglücklich sein, wan er sterben sollte“, schrieb der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg im Jahre 1676 an den Geheimen Rat Otto von Schwerin über Georg von Derfflinger, „vnd wuste nicht, wo ich wider einen man bekommen solte so das werck recht auss dem fundamendt verstehet, vndt mir wirdts desto schwerer werden, weill ich keinen habe, der mir anhandt gehen kan (…).“ Dieses Urteil Friedrich Wilhelms über seinen führenden militärischen Berater und Feldherrn, dessen Verdienste um den brandenburgisch-preußischen Heeresausbau im 17. Jahrhundert hier anklingen, blieb in der historischen Publizistik wie in der Historiographie zur Geschichte des Großen Kurfürsten und seiner Beamten und Offiziere erhalten und fand Eingang in die biographischen Würdigungen des Feldmarschalls. Seine heldenhaften und fast schon sagenumwobenen Taten, die Verknüpfung mit markanten Ereignissen und Weichenstellungen der preußischen Geschichte und mit der herausragenden Gründergestalt des brandenburgisch-preußischen Staates im 17. Jahrhundert trugen zur Ausprägung des Bildes vom „Alten Derfflinger“ bei, dem noch Fontane in seinen Wanderungen ein literarisches Denkmal setzte.

Nach dem Zeugnis seines Grabdenkmals, das sich früher in der Kirche des im Oderbruch gelegenen Dorfes Gusow befand, wurde Georg Derfflinger am 10. März 1606 als Sohn einer im oberösterreichischen Neuhofen ansässigen Bauernfamilie geboren. Über seine Herkunft, Jugend und Erziehung gibt es keine verläßlichen Nachrichten, zumal er kurz vor dem Ausbruch des Dreißigjährigen Kriege oder nach dem Scheitern des oberösterreichischen Bauernaufstandes gegen die Habsburger 1625 mit seinen Eltern aus Glaubensgründen nach Böhmen übersiedelte. Daß Derfflinger zuerst das Schneiderhandwerk erlernt habe, hatten ihm wohl der Volksmund oder Spötter angehängt, was Fontane als „poetischen Zug“ in der Überlieferung deutete. Älteren Berichten zufolge hat Derfflinger „von der Muskete auf“ gedient, und er scheint zur Zeit des böhmischen Aufstandes im Gefolge des Grafen Matthias von Thurn auf pfälzischer Seite als Reiter gefochten zu haben. Nach der Einnahme von Glatz durch kaiserliche Truppen trat er zunächst in sächsische, als Hauptmann 1632 in schwedische Dienste. Als Reiterführer diente er unter den Generälen Banér und Torstenson bei den Feldzügen in Böhmen, Thüringen, Sachsen und Schlesien, 1635 wurde er zum Oberstleutnant, 1639 schließlich zum Oberst befördert. Zudem bediente sich die schwedische Heeresführung seiner in diplomatischen Missionen nach Siebenbürgen, woraufhin ihn die schwedische Königin 1643 zum Generalmajor zu Roß ernannte. Nach dem Abschluß des Westfälischen Friedens nahm Derfflinger seinen Abschied und zog  sich auf das aus dem Besitz seiner Frau, einer geborenen von Schapelow, stammende Gut Gusow zurück, das stark unter den Einwirkungen des Krieges gelitten hatte.

Mit dem Eintritt in die brandenburgisch-preußische Armee als Generalwachtmeister im Jahre 1655 begann die glanzvolle militärische Karriere Derfflingers eigentlich erst. Als Heeresorganisator oblag ihm die Werbung, Aufstellung und Ausbildung von Truppen zur Verteidigung Preußens gegen den Schwedenkönig Karl Gustav, nach den Feldzügen in Preußen und Polen 1656/57 ernannte ihn der Kurfürst zum Generalleutnant der Kavallerie. Während der folgenden Kriegszüge Brandenburgs in Jütland, Pommern sowie gegen Frankreich und Schweden avancierte er zum Generalfeldzeugmeister, Geheimen Kriegsrat und Generalfeldmarschall (1670). Mit Friedrich Wilhelm von Brandenburg verband Derfflinger ein enges Vertrauensverhältnis, das auch durch dessen Rivalität mit dem standeshöheren Feldmarschall Johann Georg von Anhalt-Dessau, dem er an Kriegserfahrung und Sachkunde überlegen war, nicht getrübt werden konnte. Im Jahre 1672 hatte der unbequeme, leicht verletzbare und auf seine Ehre bedachte General im Streit mit Johann Georg von Anhalt-Dessau um den Oberbefehl über die brandenburgischen Truppen seinen Abschied eingereicht, worauf der Kurfürst seinem „Feldmarschall Murrkopf“ (Fontane) zurückschrieb, er könne dies nur als Ungehorsam aufnehmen, den er auch hätte ahnden können. Ein ähnlicher gereizter Briefwechsel mit Friedrich Wilhelm ist aus dem Jahre 1687 überliefert, als der Kurfürst dem Grafen von Schomberg das Kommando über die brandenburgische Armee übertrug, worauf  sich der alternde Feldmarschall erneut zurückgesetzt fühlte.

Auf Antrag seines Kriegsherrn erhob Kaiser Leopold I. Derfflinger 1674 in den Reichsfreiherrnstand, im gleichen Jahr wurde er mit einer diplomatischen Mission nach Den Haag betraut, wo er als Bevollmächtigter des Kurfürsten eine Allianz mit den Generalstaaten schloß. Den Höhepunkt seines Feldherrnruhmes bilden zweifelsohne die Feldzüge gegen die Franzosen und Schweden (1674-1679), in denen sich Derfflinger bei der Eroberung von Rathenow und dem Sieg bei Fehrbellin 1675 persönlich auszeichnete. In den folgenden Jahren gelang es, große Teile Pommerns zu erobern und einen erneuten schwedischen Vormarsch nach Preußen in einem Winterfeldzug aufzuhalten. Als Obergouverneuer der brandenburgischen und magdeburgischen Festungen und Garnisonen (seit 1673) und Statthalter Hinterpommerns (1678) bekleidete der berühmteste Reiterführer seiner Zeit, der in Brandenburg-Preußen als Schöpfer der neuen Waffengattung der Dragoner gilt, bis zu seinem Tod hohe Ämter. In seiner Person vereinigte sich der unter verschiedenen Fahnen kämpfende Söldnerführer und Landsknecht des 17. Jahrhunderts mit einem neuen Offizierstypus, der durch Ehr- und Pflichtgefühl mit dem Landesherrn innerlich verbunden war. Mit seiner zweiten Frau Barbara Dorothea von Beeren hatte er sieben Kinder, von denen ein Sohn, Friedrich von Derfflinger (1663-1724), ebenfalls die militärische Laufbahn einschlug und zum preußischen Generalleutnant aufstieg.

Georg Derfflinger verstarb auf seinem Gut Gusow im Alter von 89 Jahren und wurde in der dortigen Kirche beigesetzt. Diese ist im Zuge der Kämpfe im März 1945 nach Plünderung ausgebrannt und hat als Ruine überdauert. Das prächtige Epitaph auf den Feldmarschall aus Sandstein, das der Schlüter-Schule nahesteht, befindet sich seit 1975 in der alten Johanniter- (zuerst Templer-) und späteren Gutskirche von Lietzen (wie Gusow im Kreis Seelow gelegen); die das Grabmahl bekrönende Bildnisbüste Derfflingers aus Alabaster ist seit 1945 verschollen.

Wie viele seiner Standesgenossen hätte Derfflinger auch woanders militärische Karriere machen können. Daß er im Auf und Ab der Konjunkturen schließlich dem aufstrebenden Hohenzollernstaat verbunden blieb, ist sicherlich der Herrscherpersönlichkeit und der Faszination des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg zuzuschreiben.

Lit.: (Biographien) Allgemeine Deutsche Biographie 5, 1877, S. 60-63. – Neue Deutsche Biographie 3, 1957, S. 605 f. – Ernst Fischer: Beiträge zur Geschichte des Kurbrandenburgischen Feldmarschalls Georg Reichsfreiherrn von  Derfflinger. Wiss. Beilage z. Programm d. Königstädtischen Gymnasiums. Berlin 1884. – ders.: Derfflinger als schwedischer Oberst in Berlin, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte 2, 1889, S. 291-296. – ders.: Georg Derfflinger. Bruchstück seines Lebensbildes (Beiheft zum Militär-Wochenblatt 11). Berlin 1894. – Graf zur Lippe-Weissenfeld: Derfflinger. Eine biographische Skizze. Berlin 1875. – ders.: Derfflinger. Berlin 1880. – Kurt von Priesdorff: Soldatisches Führertum. Hamburg o.J. [1937], Bd. 1, S. 9-12. – W[olfgang] von Unger: Feldmarschall Derfflinger (Beiheft zum Militär-Wochenblatt 7/8). Berlin 1896. – (Weitere Literatur) Gerd Heinrich (Hg.): Ein sonderbares Licht in Teutschland. Beiträge zur Geschichte des Großen Kurfürsten von Brandenburg (1640-1688) (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 8). Berlin 1990. – Ludwig Hüttl: Der Große Kurfürst. Friedrich Wilhelm von Brandenburg. München 1984 (zuerst 1981). – Ernst Opgenoorth: Friedrich Wildhelm. Der Große Kurfürst von Brandenburg. Eine politische Biographie. 2 Bde. Göttingen 1971/1978.

Bild: Derfflinger; nach: Kurt von Priesdorff, Soldatisches Führertum, Hamburg o.J. [1937], Bd. 1, S. 11.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_von_Derfflinger

Johannes Schellakowsky