Biographie

Dobeneck, Hiob (Job) von

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Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Bischof von Pomesanien
* 1. Januar 1450
† 25. Mai 1521 in Riesenburg/Ostpreußen

Ein geradezu mythischer Reiz geht immer wieder von der Fragestellung aus: „was wäre (gewesen), wenn…?“

Realhistorie versus Phantasie, wo zumindest im Spiel der Gedanken letztgenannte als die reizvollere zumeist die Oberhand behält. Nähern wir uns Dobeneck versuchsweise einmal in einer – nur fragenden, nicht beantwortenden –  dialektischen Retrospektive:

Wäre ein Hegel ohne einen Kant denkbar gewesen (und ein Marx ohne einen Hegel)? Wäre ein Kant ohne die Königsberger Universität vorstellbar? Wäre die spätere Albertina auch ohne ihren Namensgeber entstanden, ja, hätte es überhaupt ein preußisches Herzogtum, eine preußische Reformation, ein preußisches Buchwesen (und damit im 16. Jahrhundert eine überlieferte Schriftlichkeit für Pruzzen, Litauer, Letten und in gar nicht geringem Ausmaß auch für Polen) ohne jenen Herzog Albrecht gegeben? Schließlich: hätte es einen Herzog Albrecht ohne einen Hiob von Dobeneck gegeben?

Nur auf die letzte Frage läßt sich sehr klar mit einem Nein antworten. Dobenecks größte Tat, derer er sich selbst zu diesem Zeitpunkt ganz gewiß nicht bewußt war und nicht bewußt sein konnte, war die Protektion des Markgrafen Albrecht von Brandenburg, eines Neffen des polnischen Königs, den er als Nachfolger des Hochmeisters Friedrich von Sachsen (1497-1510) vorschlug und wesentlich unterstützte. Dank Dobeneck wurde Albrecht (1511) zum Hochmeister des Deutschen Ordens gewählt –  wurde aber auch im Übereinstimmung mit den Umständen der Zeit der Weg zu einem weltlichen Herzogtum Preußen mit Albrecht an der Spitze (1525) geebnet.

Geburtsdatum und -ort des Hiob von Dobeneck sind nicht überliefert; Forstreuter nimmt als Geburtsjahr „um 1450“ an.

Dobeneck entstammt einer Familie aus dem vogtländischen Uradel. Sein Vater war Johannes (Hans) von D. auf Blintendorf († vor 1486), seine Mutter eine von Zedtwitz. Von seinen Kindern sind nur Georg († 1561) und Crispine († 1564) bekannt. In Preußen wurde er auch „der eiserne Bischof“ genannt, „da er immer geharnischt auf die Tagfahrten ritt“ (Ersch/Gruber).

Dobeneck trat 1489 als Propst und Archidiakon des Deutschordenshauses Zschillen (Wechselburg) bei Rochlitz/Sachsen hervor. Als Angehöriger der sächsischen Gesandtschaft war er bereits an der Wahl Herzog Friedrichs von Sachsen zum Hochmeister im Jahre 1498 beteiligt, auf dessen Betreiben er seinerseits 1501 zum Bischof von Pomesanien gewählt und vom Papst bestätigt wurde.

In dieser Eigenschaft war Dobeneck in mancherlei diplomatischen Missionen (besonders nach Polen) unterwegs und somit häufig von seinem Bistum abwesend. Den Höhepunkt seiner politischen Laufbahn erreichte er im Jahr 1507, als der Hochmeister wegen seiner Rückkehr nach Sachsen eine vierköpfige Regierung in Preußen einsetzte, in der Dobeneck als der eigentliche Vertrauensmann Friedrichs die erste Stelle einnahm. Nach der auf seinen Vorschlag hin erfolgten Wahl Albrechts von Brandenburg zum Hochmeister, die er gemeinsam mit Dietrich von Werthern durchsetzte, behielt Dobeneck für die ersten fünf Jahre die Stellung als oberster Ratgeber und fungierte bis zu Albrechts Eintreffen in Preußen (22.11.1512) sogar selbst als Landesregent. Die Entscheidung über die von Polen geforderte Ableistung des Lehnseides zögerte er in denVerhandlungen der Jahre 1511 bis 1513 immer wieder hinaus.

Ende 1515 erschien Dietrich von Schönberg in Preußen und gewann die Gunst des jungen Hochmeisters. Dobeneck trat anscheinend freiwillig aus seiner führenden Stellung zurück und widmete sich jetzt mehr der Verwaltung seines Bistums. Erst Ende 1519, kurz vor dem Ausbruch des Krieges mit Polen wurde er wieder politisch bestimmend, nunmehr im Sinneeiner Friedenspolitik und einer Verständigung mit Polen. Sein letztes Werk ist die Vermittlung des Thorner Waffenstillstandes vom 5. April 1521.

Dobenecks Verdienste wurden von Albrecht durch die Verleihung von Schloß und Gebiet Pr. Mark und einiger anderer Kammerämter belohnt. Neben seiner politischen Tätigkeit war der wirtschaftliche Aufschwung seines durch frühere Kriege verwüsteten Bistums, wie aus zahlreichen Verleihungen und Handfesten für Neusiedler und Städter ersichtlich, sein ständiges Anliegen. Allerdings vergaß er auch die Hebung seines eigenen Wohlstandes nicht: Sein Vorgänger im Bischofsamt hatte eine nicht unerhebliche Stiftung für das Studium preußischer Studenten in Leipzig ausgesetzt, die Dobeneck für seine persönlichen Zwecke einzuziehen verstand, was nach heutiger Rechtsprechung den Tatbestand der Unterschlagung erfüllen würde.

Dobeneck, der den Strömungen des Humanismus aufgeschlossen gegenüberstand, ließ sich die Verbreitung von wissenschaftlicher Bildung in seiner Umgebung angelegen sein. Der gelehrte Zwickauer Ratsherr Erasmus Stella, der sich von 1501 bis 1507 in Preußen aufhielt und dessen Arbeiten Dobeneck förderte, widmete ihm einige Schriften und verfaßte auf seine Veranlassung das Werk De Borussiae antiquitatibus. Helius Eobanus Hessus weilte von 1509 bis 1513 als Sekretär an Dobenecks Riesenburger Residenz. Das Bestehen einer literarischen Gesellschaft in Riesenburg (vgl. Hessus, Heroiden) ist nicht sicher belegt, aber durchaus möglich. In diesem Falle hat sie freilich keinen langen Bestand gehabt. Zudem weiß man kaum etwas über die Mitglieder des Kreises, dem wohl Johannes Dantiscus angehört hat, mit dem Dobeneck eine lebenslange Freundschaft verband. Ein „inneres Verhältnis zur geistigen Bewegung seiner Zeit“ (Forstreuter 1951, S. 55) scheint Dobeneck trotz allem aber nicht gehabt zu haben, vielmehr schien er Talente nur dann zu schätzen, wenn sie ihm persönlich von Nutzen waren.

Lit.: Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste […], hrsg. v. J.S. Ersch u. J.G. Gruber, Bd. 26, Leipzig 1835, S. 224. –  H. Cramer: Geschichte des vormaligen Bistums Pomesanien, in: Zs. des Historischen Vereins Marienwerder, 12, 1884, S. 194-216. – A. Frhr. v. Dobeneck: Geschichte der Familie von Dobeneck, 1906, S. 252-269.  – K. Forstreuter: Hiob von Dobeneck, in: Neue Deutsche Biographie (NDB), Bd. 4, Berlin 1959, S. 4. –  [ders.:] Vom Ordensstaat zum Fürstentum. Geistige und politische Wandlungen im Deutschordensstaate Preußen unter den Hochmeistern Friedrich und Albrecht (1498-1525), Kitzingen/Main 1951, S. 53-59 und 134-135. –  E. Joachim: Die Politik der letzten Hochmeister in Preußen, Albrecht v. Brandenburg 1510-1525), 3 Bde., 1892-1895 (Publikationen aus den Preußischen Staatsarchiven 50, 58, 61). –  W.C. Pfau: Grundriß der Chronik über das Kloster Zschillen, 1909. –  Schwarz: Hiob von Dobeneck, in: Altpreußische Biographie, Bd. 1, Königsberg i.Pr. 1936, S. 136.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Hiob_von_Dobeneck

Friedemann Kluge