Biographie

Dohrn, Georg

Herkunft: Pommern
Beruf: Dirigent, Pianist
* 23. Mai 1867 in Bahrendorf bei Magdeburg
† 9. März 1942 in München

Am 23. Mai 1867 in Bahrendorf bei Magdeburg geboren, war Georg Dohrn der älteste Sproß in der sechsten Generation der Dohrnschen Familie, die seit 1791 in Stettin ansässig war. Ahnherr Heinrich Dohrn hatte dort mit anderen Kaufleuten die Pommersche Provinzial-Zuckersiederei gegründet, eine der größten und modernsten Industrieanlagen der damaligen Zeit. Diese Familie Dohrn hat eine außergewöhnliche Zahl begabter Menschen hervorgebracht, die auf den verschiedensten Gebieten führende Positionen eingenommen haben, jedoch war ihnen allen eines gemeinsam: das musische Talent. Einige konnten die Musik als Beruf ausüben, mehrere wurden durch elterliches Veto daran gehindert, die meisten Dohrns aber waren und sind, wenn auch nicht ausübende Musiker, so jedoch profunde Kenner auf diesem Gebiet.

Georg Dohrn besuchte zunächst das Dom-Gymnasium in Magdeburg. Bereits mit fünf Jahren machte sich eine ungewöhnliche musikalische Begabung bemerkbar, die sein Vater durch intensiven Klavierunterricht förderte. Als die Familie – Georg hatte noch eine Schwester und drei Brüder – nach einem Berufswechsel des Vaters nach Leipzig übersiedelte, besuchte er dort die Thomas-Schule. Bereits als Primaner war er in Leipzig ein gesuchter Pianist, der in privaten Kammermusikzirkeln auftrat. Nach seinem Abitur 1886 wollte sich Georg Dohrn sofort einem Musikstudium zuwenden, das väterlicherseits aber mit dem Argument verwehrt wurde, Musik sei kein Brotberuf. Wie sein Großvater Carl August wich er auf ein Jura-Studium aus, das er an den Universitäten Leipzig, München und Berlin absolvierte und am 5. Mai 1891 mit einer Promotion zum Dr. jur. in Heidelberg abschloß. Noch während seines Studiums stellte die Schwester seines Vaters, Anna Wendt, eine Verbindung zu Johannes Brahms her, der als damals neue große Erscheinung in der Musik auch von Georgs Vater verehrt wurde. Aus einem Besuch des großen Musikers im Hause Dohrn – die Familie war zwischenzeitlich nach Breslau übersiedelt – entsprang nicht nur eine lebenslange Verehrung Georgs für Brahms; dessen Musik wurde für ihn Gegenstand intensivster Studien, so daß er, viel später, zu einem der besten Interpreten Brahmsscher Musik wurde.

Gleich nach seiner Promotion im Jahre 1891 begann Georg Dohrn mit einem Musik-Studium am Kölner Konservatorium, das zu damaliger Zeit unter der Leitung von Franz Wüllner einen sehr guten Ruf hatte. Mit Isidor Weiß als Klavierlehrer konnte er 1895 dieStudien abschließen mit folgendem Vermerk in seinem Zeugnis: „… Georg Dohrn hat sich zu einem ebenso ausgezeichneten Klavierspieler als ganz vorzüglichen, allgemein gebildeten Musiker entwickelt, auch mehrfach Proben entschiedenen Dirigententalentes abgelegt …“ In Köln absolvierte Dohrn 1891 seinen Militärdienst beim Westfälischen Fuß-Artillerie-Regiment Nr. 7. Nach Beendigung seiner Musikstudien begann Georg Dohrn im Herbst 1895 als Solorepetitor am Hoftheater in Weimar unter dem regierenden Großherzog Carl Alexander, einem feinsinnigen Kunstkenner. Im gleichen Jahr ging er in gleicher Funktion an das Königliche Hoftheater München, wo er unter Hermann Levy, dem ersten Dirigenten des Parsifal in Bayreuth, arbeitete. 1897 übernahm er seine erste Dirigentenstelle am Stadttheater Flensburg, dort dirigierte er Hans Helling von Marschner, den Evangelimann von Kienzl, Lortzings Wildschütz sowie Verdis Troubadour“. Während der nächsten Jahre, von 1898 bis 1901, war Georg Dohrn zweiter Dirigent beim privaten Kaim-Orchester in München unter dem Chefdirigenten Felix von Weingartner und mit Siegmund von Hausegger als Kollege in der zweiten Position. In diesen Jahren hat er viele Orchesterkonzerte in München und in der bayerischen Provinz geleitet, ist daneben auch als Pianist in kammermusikalischen Veranstaltungen aufgetreten. Als Georg Dohrn im Jahre 1901 einen Ruf nach Breslau erhielt, um dort den Posten eines Chefdirigenten des Breslauer Orchestervereins zu bekleiden sowie außerdem die Leitung der Breslauer Sing-Akademie zu übernehmen, und diesen annahm, war er erst 34 Jahre alt. 1904 heiratete Georg Dohrn eine Freundin seiner Schwester Gertrud, Hedwig Commichau, die 1871 in Bialystok geboren worden war und aus einer kinderreichen, wohlhabenden Kaufmannsfamilie stammte. Die Liebe und das Verständnis für die Musik teilte sie mit ihrem Mann. Als ehemalige Schülerin einer Klavierklasse der Staatlichen Hochschule für Musik in Berlin wurde sie ihm nicht nur eine verständnisvolle Lebensgefährtin, sondern auch eine wertvolle Kritikerin. In Breslau wurden die beiden Kinder, Klaus 1905 und Barbara 1908, geboren.

1910 wurde Georg Dohrn der Titel „Professor“ verliehen. Er hat über ein Vierteljahrhundert in Breslau in einem vielseitigen Wirkungskreis agiert. Ihm ist es zu verdanken, wenn Breslau zu jener Zeit ein mit dem anderer führender Musikzentren Deutschlands vergleichbares Niveau erreichte. Die großen Virtuosen des Klaviers, der Violine und des Gesanges seiner Zeit haben unter ihm, die meisten mehrmals, musiziert: Eugen d’Albert, Ferruccio Busoni, Arthur Schnabel, Wilhelm Backhaus, Rudolf Serkin, Wilhelm Kempf, Eduard Erdmann, Wladimir Horowitz oder Fritz Kreisler, Bronislaw Hubermann, Adolf Busch, Sängerinnen wie Ilona Durigo und Maria Ivogün.

Georg Dohrn kann als Wegbereiter der Musik von Bruckner, Pfitzner und Reger angesehen werden. In den Jahren 1912 und 1920 fand unter seiner Leitung in Breslau ein Bach-Fest statt, 1922 auch das erste Reger-Fest. Bekannt wurden Dohrns Gastkonzerte vor dem 1. Weltkrieg in Warschau, zwischen den Kriegen in Frankfurt und Turin sowie in Leipzig mit dem Gewandhausorchester. Aufgrund einer schweren Krankheit mußte sich Georg Dohrn 1936 aus dem öffentlichen Leben zurückziehen, seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Seeshaupt am Starnberger See. Er starb – eine Parallele zu seinem Onkel Anton Dohrn – in einer Münchener Klinik am 9. März 1942. Die Urne wurde auf dem Familienfriedhof in Stettin-Hökendorf beigesetzt.

Lit.: Klaus Dohrn: Von Bürgern und Weltbürgern – eine Familiengeschichte, Verlag Günther Neske, Pfullingen 1983. – E.H. Müller: Deutsches Musiker-Lexikon, 1929. – P. Frank/W. Altmann: Tonkünstler-Lexikon, 14. Aufl. 1936.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Dohrn

Ilse Gudden