Biographie

Domagk, Gerhard

Herkunft: Ostbrandenburg
Beruf: Pathologe, Bakteriologe
* 30. Oktober 1895 in Lagow/Brandenburg
† 24. April 1964 in Burgberg-Königsfeld/Schwarzwald

Neben dem Entdecker des Penicillins, Sir Alexander Fleming, steht ebenbürtig jener Forscher, der die Sulfonamide in die Heilkunde einführte: Gerhard Domagk. Nachdem Domagk, der Sohn eines Lehrers, in Kiel das erste Semester des Medizinstudiums absolviert hatte, brach 1914 der Erste Weltkrieg aus. In Frankfurt an der Oder trat Domagk als Kriegsfreiwilliger beim Leibgrenadier-Regiment ein. Eine Verwundung an der Ostfront hatte für ihn jedoch die Beendigung des Kriegsdienstes zur Folge. Fortan war Domagk als Sanitäter in den verschiedensten Lazaretten in Polen, Rußland, Ungarn, Serbien und Frankreich tätig. Nach Kriegsende setzte er sein Studium in Kiel fort, wo zu seinen akademischen Lehrern die bekannten Internisten Georg Hoppe-Seyler und Alfred Schittenhelm gehörten. 1921 wurde er in Kiel bei Max Bürger, Professor für Innere Medizin, mit einer Arbeit über die Beeinflussung der Kreatininausscheidung durch Muskelarbeitpromoviert.

Nach Beendigung des Studiums wurde Domagk in der Städtischen Krankenanstalt Kiel Assistent bei Hoppe-Seyler. In dieser Zeit beschäftigte sich Domagk mit der Zusammensetzung des Herzmuskels bei verschiedenen Erkrankungen. Ein weiteres Interessengebiet des jungen Forschers war die Bakteriologie: Noch immer fehlten Medikamente gegen bakteriell verursachte Krankheiten wie z.B. die Lungenentzündung. Auch die Gonorrhöebehandlung war damals noch äußerst unbefriedigend, dasselbe galt für die Tuberkulosetherapie. Domagks Bestreben ging dahin, Möglichkeiten zu finden, die natürlichen Abwehrkräfte der Kranken zu stärken, hatte er doch immer wieder beobachtet, daß Patienten mit Infektionskrankheiten bei sorgsamer Pflege und entsprechender ärztlicher Betreuung von selbst wieder gesund wurden. Besonders beeindruckte ihn das in der Forschung diskutierte sogenannte Retikuloendotheliale System (RES), welches durch Phagozytose (Aufnahme von Partikeln in das Innere einer Zelle) Fremdkörper und Zelltrümmer absorbierte und so für die Immunität des Organismus verantwortlich zu sein schien.

1924 habilitierte sich Domagk am Pathologischen Institut der Universität Greifswald mit einer Schrift Über die Bedeutung des retikuloendothelialen Systems für die Vernichtung von Infektionserregern und für die Entstehung des Amyloids – einer Arbeit, die wegweisend werden sollte für die Erforschung der Chemotherapie bakterieller Infektionen. Domagk gelang der Nachweis, daß sich durch Infektion mit Staphylokokken im RES bei Mäusen eine Phagozytose von Erregern induzieren läßt. Dem RES des infizierten Organismus wird es auf diese Weise ermöglicht, die Erreger abzuwehren.

1925 wechselte Domagk als Privatdozent an das Pathologische Institut der Universität Münster über. Dort bekleidete er bis 1927 das Amt eines Ersten Assistenten, erhielt 1928 den Titel eines außerplanmäßigen Professors für Pathologie und Pathologische Anatomie und erst 1958 den eines Ordinarius. 1927 wurde Domagk von den Bayer-Werken in Elberfeld zum Gründer und Leiter eines Instituts für experimentelle Pathologie ernannt. Im Rahmen seiner dortigen pharmazeutischen Forschungsaufgaben nahm Domagk die Suche nach bakterienschädigenden Substanzen auf. Erfolge stellten sich jedoch erst ein, nachdem er sulfonamidhaltige Azofarbstoffe mit in die Experimente einbezogen hatte. Domagk erkannte die herausragenden Eigenschaften des Sulfanilamids, einer antibakteriell wirkenden Substanz, aus der er bald das erste Sulfonamid – das Prontosil – entwickeln sollte, das in der Folgezeit die Chemotherapie revolutionierte. Weitere Forschungsgebiete Domagks waren die Krebs- und Tuberkulosetherapie.

Auf Grund seiner epochemachenden Leistungen wurde Domagk 1939 der Nobelpreis für Medizin zugesprochen, dessen Entgegennahme die Nationalsozialisten ihm jedoch verwehrten. Erst im Jahre 1947 konnte dem verdienten Forscher die Auszeichnung übergeben werden.

Lit.: O. Warburg: Gerhard Domagk, in: Dtsch. med. Wschr. 90 (1965), S. 1484-1486. – Erich Posner: Domagk, Gerhard, in: Dictionary of Scientific Biography, hrsg. von Charles Coulston Gillispie, IV, New York 1971, S. 153-156. – Ein Pionier, der Medizingeschichte machte. Zum 50. Jahrestag der Nobelpreisverleihung an Gerhard Domagk, hrsg. von der Bayer AG, Leverkusen 1989. – Richard Toellner: Illustrierte Geschichte der Medizin, VI, Sonderausg. Salzburg 1990, S. 3170. – Gerhard Domagk: Lebenserinnerungen. In Bildern und Texten, Bayer AG, Geschäftsbereich Pharma (1995).

Bild: Domagk nach einem Gemälde von Otto Dix aus dem Jahre 1953 (aus: Domagk-Festschrift der BAYER AG; siehe oben).

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Domagk

Werner E. Gerabek