Biographie

Duchoslav, Eduard

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Forstwissenschaftler, Pionier des tschechischen Forstwesens
* 30. Mai 1862 in Tynetz a.d. Elbe
† 14. Mai 1926 in Pisek/Böhmen

Leben und Wirken dieses verdienstvollen Forstmannes, ist charakteristisch für einen nicht geringen Teil der Jugend, die im deutschen Sprachraum studierte und nach dem Ersten Weltkrieg zum Aufbau des Forstwesens in den Folgestaaten der Österreichisch-Ungarischen Monarchie sowie in den Balkanländern Pionierleistungen vollbrachten, wie: Paul Grunau (1860-1936, siehe OGT 2010), Julius Fröhlich (1881-1957, OGT 2007), Friedrich Linhart (1903-1987, OGT 2003/2004) u. a.

Eduard Duchoslav wurde am 30. Mai 1862 im Städtchen Tynetz a.d. Elbe/Týnec nad Labem im damals Habsburgischen Böhmen geboren. Im nahe gelegenen Kuttenberg/Kutna Hora – welches 1283 unter Beteiligung sächsischer Kaufleute zu einer bedeutenden Bergstadt Böhmens wurde – besuchte er die Höhere Realschule, die er 1880 mit der Matura (Abitur) absolvierte. Zwecks Vorbereitung für seinen angestrebten Wunschberuf durchlief er eine Forstpraxis in Kaiserebersdorf bei Wien, um anschließend seine forstwissenschaftliche Ausbildung 1881 bis 1884 an der Hochschule für Bodenkultur in Wien – der renommierten Alma mater viridis – fortzusetzen, die er als Diplom-Forstingenieur abschloss. Diese Hochschule bildete einst zweifellos die fachliche Klammer zwischen den Forstakademikern aller Nationen Altösterreichs.

Nach Ableistung des Militärdienstes als Einjährig-Freiwilliger in der österreichischen k.u.k.-Armee (1884-1885, entlassen als Unterleutnant der Reserve), bewarb er sich bei den Österreichischen Staatsforsten an der Forstdirektion des Griechisch-Ori­entalischen Religionsfond des Österreichischen Kronlandes Bukowina (Buchenland) in Czernowitz (ukr. Cernivci, rum. Cernăuţi); hier sollte er bei der Forsteinrichtung (Betriebsregelung der Waldungen) als Kartograph tätig werden. Die Urwaldflächen dieses Großraumes gehörten damals gänzlich orthodoxen Klöstern, die 1783 säkularisiert wurden. Österreichische Fachleute – zu denen auch E. Duchoslav gehörte – bewirtschafteten diesen wahren Naturschatz vorbildlich, bis das Buchenland 1919 an Rumänien fiel. Heute gehört die Nordbukowina zur Ukraine, die Südbukowina verblieb hingegen auch nach dem Zweiten Weltkrieg bei Rumänien.

Im Jahr 1886 bewarb sich Duchoslav um einen Posten als Fachlehrer an der Forstschule der südböhmischen Stadt Pisek (um 1240 als Stadt nach deutschem Recht angelegt). Hier war er zunächst als Adjunkt und Instruktor (Assistent) tätig, wurde jedoch nach der Ablegung 1896 der Prüfung für Zivilgeometer (Vermessungsingenieur) einige Jahre später (1899) zum Professor an dieser Forstlehranstalt ernannt. 1902 erfolgte die Ablegung der Staatsprüfung für Professoren an Höheren Forstlehranstalten (heute bekannt als Fachhochschule), so dass er bis Ende 1920 weiter in Pisek unterrichtete. Es sei erwähnt, dass bis 1888 – Entstehung der ersten tschechischen Forstschule des Landes in Pisek – die tschechischen Forstleute u. a. die zahlreichen deutschen Forstlehranstalten Böhmens und Mährens (Sudetenland) besuchten.

Neben seinen pädagogischen Aufgaben an dieser Forstlehranstalt, war Duchoslav auch fachschriftstellerisch tätig. Bekanntlich fehlte es damals an entsprechenden Lehrbüchern in tschechischer Sprache. Als einer der ersten Autoren verfasste er nun mehrere Fachschriften und Lehrbücher, wie Waldwertrechnung (1889), Forstliche Buchführung (1891), Lehrbuch über die Forstnutzung (1893), Forstbotanik (1898, 2. Auflage 1899), Lehrbuch über die Forstverwaltung (1903), Kreisflächentafeln (1903), u.a. In den Jahren 1895 – 1896 war Ducho­slav Redakteur einer der ersten Forstzeitschriften in tschechischer Sprache „Listy lesnické“ (Forstliche Blätter“). Aus seiner Feder stammen zahlreiche Fachbeiträge, erschienen entlang der Jahre auch in anderen tschechischen Fachzeitschriften.

Nach dem Zerfall der Monarchie 1919 wurden alle Forstschulen verstaatlicht, so auch die inzwischen auf vier Studienjahre erweiterte Höhere Forstschule in Pisek. Am 1. Mai 1921 wurde Duchoslav zum ordentlichen Professor daselbst ernannt und mit der Leitung dieser Institution betraut. Ein Jahr darauf (am 30. März 1922) erfolgt die Ernennung zum Direktor, eine Funktion die er bis zu seiner Pensionierung aus gesundheitlichen Gründen am 1. Juli 1925 bekleiden wird. Doch kaum ein Jahr darauf verstarb am 14. Mai 1926 in Pisek, im Alter von 64 Jahren, dieser verdienstvolle Forstmann und Pionier des tschechischen Forstschulwesens.

Rückblickend darf der einstige Zögling der Hochschule für Bodenkultur Wien Eduard Duchoslav, dank seiner Verdienste für die 1918 neu entstandene Tschechoslowakei, (umfassend die ehemaligen österreichischen Kronländer Böhmen, Mähren und Schlesien, sowie die Slowakei samt Karpato-Ukraine), mit Anerkennung „Vater des tschechischen Forstschulwesens“ genannt werden.

Lit.: J. Fric, Velké vzory našeho lesnictvi (Verdienstvolle Vorbilder un­seres Waldwesens), Prag, 1958, S. 192.H. Killian, Österreichisches Forstbiographisches Lexikon, Bd. 4, Wien, 1991, S. 135-141.H. Schrötter, Deutsches Forstwesen in Böhmen, Mähren und Schlesien. Eberswalde, 1993, 236 S.J. Tauber, Bibliografie zemêdêlského výzkumnictvi a školstvi (Bibliographie der Landwirtschaftlichen Hoch­­schulen), Prag, 1941.J. Uhlir, Bibliografie lesnického školstvi na územi Ceskoslovenska v létech 1850-1968 (Bibliographie der Forstlehranstalten auf dem Gebiete der Tschechoslowakei für die Jahre 1850-1968), Hradec Králové/Königgrätz.J. Uhlir, Lesniké školstvi v Pisku (Die Forstlehranstalt Pisek), Prag, 1975.

Bild: H. Killian (1991) nach Fric J. (1958).

Rudolf Rösler