Biographie

Ernstberger, Anton

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Historiker
* 22. November 1894 in Mallowitz bei Mies
† 15. Oktober 1966 in Erlangen

In seiner Widmung – „der Heimat Johann Georg von Schills, die auch meine Heimat ist, dem Egerland, den Egerländern und allen Sudetendeutschen“ – schrieb Anton Ernstberger:

„Wir sind vom Boden, den unsere Vorfahren in jahrhundertelangem, nimmermüden Bauernfleiß gerodet und in unaufhörlicher Bürgerarbeit ausgebaut haben, verstoßen und verbannt. Wir sind Heimatvertriebene. Die innere Verbindung aber ist nicht abgerissen. Sie wird und kann niemals abreißen. Wer könnte auch seine Heimat vergessen?“ Diese Heimatliebe verband der Historiker Ernstberger mit einem weiten Horizont für geschichtliche Strukturen und dem Wissen des Eingebettetseins lokaler Geschichte in große Schicksalszusammenhänge.

Der zunächst an der Universität Wien, dann nach dem Ersten Weltkrieg (schwere Verwundung mit Lungendurchschuß) in Prag als Rechtswissenschaftler, danach an den Universitäten Wien, Berlin und London (Rockefeller-Stipendium) als Historiker ausgebildete Ernstberger wurde 1931 Assistent am Historischen Seminar in Prag, 1933 Dozent, 1935 außerordentlicher, 1942 ordentlicher Professor für neuere deutsche Geschichte. Er war im hervorragenden Ensemble deutscher Historiker an der altehrwürdigen Deutschen Karls-Universität als jüngster zugleich der blendendste Vermittler seiner Wissenschaft. Obzwar er in den Jahren nach 1938 verfolgten Juden geholfen hatte, kam er zunächst in ein tschechisches Konzentrationslager. Bei der geglückten Flucht nach Bayern half ein Fachkollege, ein amerikanischer Offizier. Ernstberger konnte nach 1945 eine neue Karriere als Universitätsprofessor an den Hochschulen Regensburg, Bamberg, schließlich Erlangen beginnen. Er war Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften und Künste und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bereits 1930 war er Mitglied des Instituts for Historical Research London geworden. Der Freistaat Bayern und seine Landsleute zeichneten ihn aus.

Als aufrechter Verfechter des Rechts hatte er bereits mit sachlich unanfechtbaren Argumenten nach dem Ersten Weltkrieg im sogenannten Prager Universitätsstreit im Kampf um die rechtliche Nachfolge der Alma Mater Pragensis, der von Karl dem Vierten gegründeten und nach ihm benannten Universität, eingegriffen. Schwerpunkte in Ernstbergers historischem, rechts- und wirtschaftsgeschichtlichem Lebenswerk waren das Böhmen zur Zeit Wallensteins und der Freiheitsbewegung gegen Napoleon sowie die bayerische und insbesondere die fränkische Geschichte. Aus heimatlicher Verbundenheit interessierte ihn die aus dem Egerland stammende Familie des Freikorpsführers Ferdinand Schill, der er nachging, unter Hervorhebung des Vaters, des gleichfalls in der Abwehrbewegung gegen den Korsen engagierten Johann Georg Schill aus Kokaschitz bei Tepl im Egerland (geboren 1736).

Als Ernstbergers Standardwerk kann aus der Rückschau der Band „Die Deutschen Freikorps 1809 in Böhmen“ angesehen werden. Joseph Freiherr von Eichendorffs Gedicht „Klage“, aus dem Jahr 1809 und heute von fast beklemmender Aktualität, hat er dem Band vorangestellt. Zum 60. und zum 65. Geburtstag haben ihm Fachkollegen Festschriften gewidmet. 1937 redigierte er seinem Mentor und Kollegen an der Prager Universität, dem Historiker Wilhelm Wostry, eine Festschrift.

Veröffentlichungen: Wallenstein als Volkswirt im Herzogtum Friedland. Dissertation 1926.Österreich-Preußen. Von Basel bis Campoformio 1795-1797: Der Westen. Krieg und Frieden mit Frankreich, 1932. Johannes Nysius, eine Gestalt aus Böhmens Gegenreformation 1937. Die deutschen Freikorps 1809 in Böhmen, 1942. Hans de Witte, Finanzmann Wallensteins, 1954. Eine deutsche Untergrundbewegung gegen Napoleon 1806 bis 1807, 1955. Europas Widerstand gegen Hollands erste Gesandtschaft bei der Pforte (1612), 1956, Ferdinand von Schills Nachlaß, 1958. Abenteuer des Dreißigjährigen Krieges. Zur Kulturgeschichte der Zeit – Franken, Böhmen, Europa, 1967. Zahlreiche Beiträge zu Sammelbänden, u.a. den Festschriften für Heinrich Ritter von Srbik, Erich Gierach, Theodor Mayer, und Zeitschriften.

Bild: Hedwig Selenka, Bochum

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Ernstberger_%28Historiker%29

Ernst Schremmer