Biographie

Etzdorf, Hasso von

Herkunft: Westpreußen
Beruf: Diplomat
* 2. März 1900 in Elbing/Westpr.
† 7. Juli 1989 in Eichtling bei München

Als die britische Königin 1961 dem Ministerialdirektor Dr. Hasso von Etzdorf das Agrement als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in London erteilte, nannte die Frankfurter Allgemeine den Nachfolger des Botschafters von Herwarth einen kundigen Diplomaten, und die Kieler Nachrichten hatten ihn bereits ein Jahr vorher als „alten Hasen“ des Auswärtigen Amtes vorgestellt. Sein Vater war von 1898-1906 Landrat des Kreises Elbing und ebenfalls von 1898 bis 1927 Generalbevollmächtigter der Kaiserlichen Herrschaft Kadinen am Frischen Haff im Landkreis Elbing, in dem der Landrat zwei Güter besaß. Seine Mutter war gebürtige Elbingerin. Hasso von Etzdorf besuchte das Humanistische Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Berlin, studierte danach Rechts- und Staatswissenschaften sowie Geschichte in Berlin, Göttingen und Halle a.S. Im Jahre 1921 bestand er das Referendarexamen und promovierte 1922 zum Doktor der Rechte. Nach bestandenem zweitem Staatsexamen 1925 wurde er zum Gerichtsassessor ernannt. Als Hilfsrichter ging Hasso von Etzdorf an das Amts- und Landgericht nach Königsberg/Pr., dann besuchte er 1927 die Akademie für Internationales Recht im Haag, um anschließend 1928, also noch in der Stresemann-Ära, als Attaché in das Auswärtige Amt in Berlin einzutreten. Rund drei Jahre später bestand er das diplomatisch-konsularische Staatsexamen. Als junger Legationssekretär führte ihn 1931 der Berufsweg an die Deutsche Botschaft in Tokio. Reichsaußenminister Freiherr von Neurath rief ihn von dort nach rund drei Jahren zurück und ernannte von Etzdorf zu seinem persönlichen Sekretär. Zwei Jahre später wurde er Legationssekretär an der Deutschen Botschaft in Rom, von wo er 1938 als Legationsrat in die Personabteilung des Auswärtigen Amtes zurückkehrte. Am 1. April 1939 zum vortragenden Legationsrat befördert, wurde er im Oktober desselben Jahres der „Vertreter des Auswärtigen Amtes beim Oberkommando des Heeres“ bis Ende 1944 und anschließend bis Kriegsende Generalkonsul in Genua. Im Herbst 1939 verfaßte der Diplomat eine Denkschrift, deren Original nach 1945 in Amerika sorgfältig aufgehoben und z.B. von General Halder bestätigt wurde. In dieser Denkschrift schrieb Etzdorf, Hitler müsse rechtzeitig vor dem Westfeldzug gestürzt werden, weil sonst keine Verständigung mit England möglich wäre und Amerika in den dann nicht mehr zu gewinnenden Krieg eintreten würde.

Eine kluge und mutige Feststellung, die von der Entwicklung bestätigt wurde. Nach dem Zusammenbruch arbeitet Dr. von Etzdorf zunächst als Mitarbeiter im Deutschen Büro für Friedensfragen. Seine Übernahme in das neue Auswärtige Amt in Bonn erfolgte bereits 1950. Nachdem er hier maßgeblich am Aufbau der Länderabteilung mitgewirkt hatte, wurde er drei Jahre später zum Ministerialdirigenten ernannt. In Paris führte er bald darauf von 1953 bis 1955 als Gesandter die deutsche EVG-Delegation. Schließlich wurde der gebürtige Elbinger zur Westeuropäischen Union (WEU) in London beurlaubt, bei der er bis 1956 als Stellvertretender Generalsekretär tätig war. Anschließend wurde 1956 der Berufsdiplomat zum erstenmal Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, um sie in der kanadischen Hauptstadt Ottawa zu vertreten. Dann übernahm er 1958 im Auswärtigen Amt als Ministerialdirektor die Leitung der Abteilung 3 (West II). In dieser Eigenschaft wurde der zurückhaltende Diplomat recht bekannt, als er nach Conakry entsandt wurde, um von Staatspräsident Sekou Toure persönlich zu erfahren, ob Guinea Pankow anerkannt habe oder nicht. Er konnte die Versicherung des afrikanischen Präsidenten mitbringen, daß dies nicht der Fall war.

Die anglo-amerikanische Welt ist immer das Arbeitsgebiet Dr. Hasso von Etzdorfs gewesen. Die Zeit als Botschafter in London war daher die Krönung seiner Arbeit. Er konnte dort an einer Aufgabe weiterarbeiten, die er sich in der Nachkriegszeit gestellt hatte, und die von der Geschichte dem deutschen und dem britischen Volk gestellt worden war: Die Schaffung enger unauflösbarer deutsch-englischer Beziehungen. Für von Dr. Etzdorf ist dies ein Herzensanliegen gewesen. Er blieb auf seinem Londoner Posten bis zur Pensionierung Ende März 1965. Oft waren in London seine beträchtlichen diplomatischen Fähigkeiten und Erfahrungen auf eine harte Probe gestellt. Seine Londoner Tätigkeit dauerte 3 ½ Jahre. In dieser Zeit galt es einen guten Kontakt mit drei PremierministernMacMillan, Home und Wilson – zu halten sowie mit vier Außenministern – Home, Butler, Gordon Walker und Stuart. Während dieser Zeit mißlang der Beitritt Großbritanniens zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, weil de Gaulle ihn nicht wollte, mit dem aber gerade Bundeskanzler Adenauer einen Freundschaftsvertrag unterzeichnet hatte. Wenn damals keine nachhaltige Trübung der deutsch-englischen Beziehungen eintrat, so ist dies wohl auch ein Verdienst des deutschen Botschafters. Als Königin Elisabeth II. im Mai 1965 erstmals die Bundesrepublik Deutschland besuchte, war der inzwischen pensionierte Botschafter ihr Ehrenbegleiter. Der hochausgezeichnete Botschafter wurde damals von der Königin zum Knights Grand Cross of the Victorian Order ernannt. Später übernahm Dr. von Etzdorf noch für mehrere Jahre eine diplomatische Aufgabe für den Vorstand des Aktienvereins Gutehoffnungshütte in Oberhausen. Über sein Bekenntnis zur westpreußischen Heimat gäbe es viel zu berichten. Er war u.a. auch Mitglied im Kuratorium der Gesellschaft zur Vorbereitung des Nicolaus-Copernicus-Jahres 1973.

Einige Zeit nachdem Hasso von Etzdorf 1989 in Oberbayern verstorben war, wurde sein Leichnam auf den Friedhof seiner männlichen Ahnen in Etzdorf/Thüringen überführt. Seine zweite Ehefrau Katharina ließ sich nach ihrem Ableben (ca. 2004) an seiner Seite bestatten.

Lit.: Reiner  Blasius,  Hasso von Etzdorf. Ein deutscher Diplomat im 20. Jahrhundert. Haumesser, Zürich 1994.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Hasso_von_Etzdorf

Hans-Jürgen Schuch