Biographie

Eugen, Prinz von Savoyen-Carignan

Beruf: Feldherr, Staatsmann
* 18. Oktober 1663 in Paris
† 21. April 1736 in Wien

Es gibt in der europäischen Geschichte nur wenige Gestalten, deren Ruhm über Grenzen und Zeiten erstrahlt. Einer von ihnen ist Prinz Eugen von Savoyen. Er wurde am 18. Oktober 1663 in Paris als 5. Sohn des Prinzen Eugen Moritz von Savoyen-Carignan, Grafen von Soissons, und der Olympia Mancini, einer Nichte des Kardinals Mazarin, geboren. Nach dem Vater war Prinz Eugen ein Franzose, nach der Mutter ein Italiener. Die Mutter, eine Schönheit, mußte wegen verschiedener Intrigen aus Paris fliehen, der Sohn sollte ihr bald folgen. Der junge Prinz war eine unansehnliche Figur, klein von Gestalt, mit einer aufgestülpten Nase und „ziemblich weitten Naßlöchern“. So charakterisierte die Herzogin Elisabeth-Charlotte von Orleans („Liselotte von der Pfalz“) den jungen Prinzen. Obendrein sollen seine Schultern verkrümmt gewesen sein. Wozu sollte ein solcher Junge erzogen werden? Für den Kriegsdienst tauge er keinesfalls, dachte man in der Familie, und so bestimmte man ihn für den geistlichen Stand, wie es in jener Zeit in adeligen Kreisen üblich war. Also steckte man den Prinzen in ein Priesterseminar, wo man ihn alsbald als „kleinen Abbé“ und als „Stumpfnase“ hänselte.

Aber der Seminarist interessierte sich mehr für Mathematik und Geometrie sowie für die Kriegswissenschaften im allgemeinen. Am liebsten lauschte er den Erzählungen über Kriegstaten und las darum u. a. C. Julius Caesar und über Alexander den Großen mehr als die Kirchenväter oder die Bibel. Beim Klang der Trompeten und beim Wirbel der Trommeln soll er in helle Begeisterung verfallen sein. Darum bat er Ludwig XIV. um Aufnahme in die königliche Armee. Aber der König lehnte ihn wegen seiner häßlichen Gestalt ab, möglicherweise auch wegen der Affäre um Olympia, seine Mutter. Am 23. Juli 1683, als Eugen die Nachricht erhielt, daß sein älterer Bruder Julius, Dragoneroberst im kaiserlichen Heer, bei einem Rückzugsgefecht gegen die Türken Anfang Juli bei Petronell an der Donau gefallen sei, entschloß er sich zur Flucht aus Paris, in der Hoffnung, das verwaiste Regiment seines Bruders übernehmen zu können. Sein Weg führte über Passau, wo er dem aus Wien geflüchteten Kaiser Leopold I. am 20. August vorgestellt und in die kaiserliche Armee aufgenommen wurde. Dabei soll der junge Prinz geschworen haben, Frankreich nicht mehr zu betreten, es sei denn mit dem Degen in der Hand, obwohl Ludwig XIV. sein Idol war. Außer der Sprache und den französischen Philosophen verband ihn nichts mehr mit Frankreich.

Das Dragonerregiment war inzwischen schon vergeben worden. Nachdem Eugen sich beim Entsatz Wiens die ersten Lorbeeren geholt und die Aufmerksamkeit der Militärs auf sich gelenkt hatte, erhielt er am 12. Dezember 1683 das erledigte Dragonerregiment Kuefstein. Jetzt begann seine blitzartige militärische Karriere. Um nicht zum zweitenmal abgewiesen zu werden, holte er sich mehrere Empfehlungsschreiben über seine militärischen Fähigkeiten. Um noch sicherer zu gehen, setzte er selbst in deutscher Sprache ein Gesuch an den Kaiser auf, das seine wahre Gesinnung verrät und mit folgendem Satz schließt: „Ich versichere eine unversehrte, standhafte Treue und bei allen vorkommenden, auch größten Kriegsgefahren alle meine Kräfften zu Euer Kaiserlichen Majestät des höchstpreißlichen Ertzhauses Österreich Wohlfahrt und Wachstum mit unerschrockenem Muth bis auf meinen letzten Bluthstropfen anzuwenden und aufzuopfern“. „Eugenius, Hertzog von Savoye und Piemont“. Von nun an war der Savoyer, allgemein nur Prinz genannt, überall dabei. Schon hatte er ein Generalspatent in der Tasche. Am 14. November 1685 wurde er bereits zum Generalfeldwachtmeister (Generalmajor) befördert. Bei der Rückeroberung Ofens drang Prinz Eugen am 29. Juni 1686 mit seinen Schwadronen bis an die Festung heran. Am 27. Juli wurde ihm sein Pferd herausgeschossen, und am 3. August durchbohrte ein Pfeil seine rechte Hand. Nach der siegreichen Schlacht am Berge Harsan, nahe dem Schlachtfeld von 1526, am 12. August 1687, wurde der 24jährige am 4. November 1687 zum Feldmarschalleutnant ernannt. Im Jahre 1688 brach der sogenannte Pfälzische Krieg mit Frankreich aus. Am 3. April 1689 erklärten Kaiser und Reich Frankreich den Krieg. Nun setzte der erste europäische „Weltkrieg“ ein, der Prinz Eugen bald an die Donau, bald an den Rhein rief, vom nachfolgenden Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) auf allen Kriegsschauplätzen ganz zu schweigen. An 32 Feldzügen hatte er teilgenommen und 12 Schlachten auf allen europäischen Kriegsschauplätzen gewonnen (Zenta-Schintau an der Theiß, Carpi, Chiari, Luzzara, Höchstädt an der Donau, Cassano, Turin, Oudenarde, Malplaquet, Peterwardein, Temeschburg und Belgrad). Seit dem 5. April 1697 war Prinz Eugen der Oberbefehlshaber der gesamten kaiserlichen und Alliierten Armee in Ungarn. Seinen Ruhm begründete er am 11. September 1697 bei Zenta. Der von einigen Historikern erhobene Vorwurf, Prinz Eugen habe sich gegen den Willen des Kaisers und des Hofkriegsrats in ein Risiko eingelassen, wird aktenmäßig widerlegt. Infolge dieses Sieges mußten die Türken im Frieden von Karlowitz (1699) Südungarn bis auf das Banat räumen. „Diese siegreiche Action hat sich geendet mit der Scheidung von Tag und Nacht und hat sogar die Sonne von dem Tage nicht eher weichen wollen, als bis sie mit ihrem glänzenden Auge den völligen Triumph von Eurer Majestät glorwürdigsten Waffen vollständigen hat mit anschauen können“, meldete der Sieger dem Kaiser nach Wien. Nach der Eroberung Belgrads (1717) wurde auch das Banat geräumt. Allein durch diese Siege gehört Prinz Eugen zu den größten Feldherren der Weltgeschichte und wurde zum Retter des Abendlandes, d.h. Europas aus der vierhundert jährigen Türkennot. Schon zu Lebzeiten wurde er mit Lobhymnen und Auszeichnungen überhäuft, wie kein Feldherr vor und nach ihm, und zwar von Dichtern und Schriftstellern aller europäischen Völker. Die gängigen Sprüche über ihn, wie z.B. „decus imperii“ (Zierde des Reiches), „custos imperii“ (Wächter des Reiches), „miles christianus“, „miles Christi“ (christlicher Soldat, Soldat Christi), widerspiegeln treffend die Auffassung und die Meinung seiner Zeit. In der Kriegsführung war er ein Hasardeur, aber seinen Soldaten ein Familienvater. Seine Freunde betrachtete er als Familiäre, da er infolge seiner vielen Aufgaben, Obliegenheiten, Ämter etc. wohl nie an eine Heirat dachte bzw. denken konnte. Als Mensch war er von höchster Humanität und Ritterlichkeit, der z.B. nach der Eroberung Temeschburgs im Oktober 1716 den Türken und den mit ihnen verbündeten Kuruzzen (aufständischen Ungarn) freien Abzug gewährte. Nach der Eroberung Belgrads entstand im kaiserlichen Lager das Prinz-Eugen-Lied vom „edlen Ritter“, das, als Prinz-Eugen-Marsch vertont, bei donauschwäbischen Veranstaltungen jahraus, jahrein erklingt und zum eisernen Repertoire der donauschwäbischen Kapellen gehört. Prinz Eugen ist auch einer der größten donauschwäbischen Kolonisatoren, der auf seinen Gütern südlich von Ofen-Pest und im Branauer Dreieck zwischen Donau und Dräu Kolonisten ansiedelte.

Der Prinz war aber bei weitem nicht nur ein berühmter Feldherr, sondern auch ein großer Freund, Mäzen und Förderer von Kunst und Wissenschaft, davon weiß die Nachwelt allerdings nicht viel. Er gehört zu den größten Kunstsammlern Österreichs. Er stand mit vielen Gelehrten seiner Zeit in Verbindung, von welchen Leibniz wohl der bedeutendste ist, mit dem er u. a. den Plan einer Akademie in Wien erörterte. Seine Beziehungen zum älteren Rousseau, Voltaire und Montesquieu füllen Bände. „Un philosophe guerrier“ ein Feldherrnphilosoph, apostrophierte ihn Rousseau. Seine Bibliothek mit 14.000 Bänden und 237 Handschriften, Porträts und seine Kupferstichsammlung von 290 Bänden bilden durch kaiserliche Schenkung den Grundstock der heutigen Österreichischen Nationalbibliothek. Paläste, wie z. B. das Obere und Untere Belvedere in Wien, künden von seinem Kunstsinn. Von seinem Ruhm zehrt die Nachwelt, wie das Montesquieu schon ausgedrückt hat: Il [Eugene] est dans une teile Situation qu’il peut donner de la gloire à qui il veut.“

Lit.: Bibliogr.: B. Böhm, Bibliographie zur Geschichte des Prinzen Eugen und seiner Zeit, Wien 1943. Aus der zahllosen Literatur über Prinz Eugen hier nur zwei Werke von grundlegender Bedeutung: Max Braubach, Prinz Eugen v. Savoyen. Eine Biographie, 5 Bde., München 1963-1965; Helmut Oehler, Prinz Eugen im Urteil Europas. Ein Mythos und sein Niederschlag in Dichtung und Geschichtsschreibung, München 1944; Vgl. Agnes Husslein-Arco, Marie-Louise von Plessen (Hrsg.): Prinz Eugen. Feldherr und Philosoph, Wien 2010.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Eugen_von_Savoyen

Anton Tafferner