Biographie

Ewert, Klaus Richard Theodor

Herkunft: Ostpreußen, Pommern
Beruf: Theologe, Regionalhistoriker, Genealoge, Archivar
* 7. November 1912 in Rogahlen, Ldkr. Darkehmen, Angerapp
† 7. Dezember 1992 in Bergen auf Rügen, Ldkr. Vorpommern-Rügen

Klaus Ewert wurde zu einer Zeit geboren, zu der sein Vater Paul Rudolph Ewert, * 06.01.1885, Sohn des Lehrers und Kantors Johann Theodor Ewert in Mühlhausen und seiner Frau Luise Henriette geb. Jaeckel, in Rogahlen bis ins Jahr 1913 die Stelle des Pfarramtsverwalters und Predigers innehatte. Zusammen mit ihm und seiner Mutter Clara Helene Ludovika Brosch, * 23.02.1888 in Rastenburg, Musiklehrerin und Konzertsängerin, verlebte er seine Kindheit an verschiedenen Orten in Preußisch Holland, in Leunenburg, Krs. Rastenburg und Pobethen, Krs. Fischhausen, wo sein Vater jeweils als Pfarrer diente. Die Jahre in seinem Elternhaus prägten sein breites Interesse an der Musik, der Malerei, der Literatur, an Sprachen und Geschichte.

Klaus Ewert studierte Theologie in Königsberg und Tübingen und legte seine Examen im Predigerseminar in Klein-Neuhof ab. Zu dieser Zeit war Klein-Neuhof bereits als „akademisches Versuchsseminar“, das Kandidaten aus allen preußischen Landesteilen zu „Offizieren im Talar“ ausbildete, weit reichend etabliert. 1939 verließ er das Seminar als Reserveoffiziersanwärter und wurde unmittelbar nach seiner Ordination in die Wehrmacht eingezogen.

Im Kriegsjahr 1941 heiratete er Erna Burtzki, die im Winter 1944/45 allein mit ihren Kindern in Richtung Westen fliehen musste. Auch Klaus Ewert marschierte westwärts und führte seine Truppe geordnet und ohne Widerstand in die amerikanische Kriegsgefangenschaft, womit er das Leben seiner Kameraden retten konnte. Nach deren Ende kam er 1946 auf die Insel Rügen. Während er Dienst als Pfarrer in Sassnitz, Neuenkirchen und Patzig tat, wuchs seine Familie auf acht Personen an. Im Jahr 1963 wurde er Superintendent für den Kirchenkreis Nordrügen in Bergen.

Zeit seines Lebens beschäftigte ihn das Thema Flucht und Vertreibung der Deutschen aus ihrer Heimat im Osten. Durch viele persönliche Begegnungen vertriebener Ost- und Westpreußen, Pommern, Schlesier oder Sudetendeutscher, brachte er auch seinen katholischen Glaubensgeschwistern  großes Mitgefühl entgegen, die mit dem Verlust ihrer Heimat auch viele ihrer heiligen Stätten und Wallfahrtsorte verloren hatten. So sorgte er etwa nach langer ökumenischer Vermittlungsarbeit mit katholischen Gemeinden in Sellin dafür, ihre Marienwallfahrt mit dem Jahr 1976 nach St. Marien in Bergen zu verlegen.

Mehr als 20 Jahre wirkte Klaus Ewert in der Landessynode der ehem. Landeskirche Greifswald, der heutigen Pommerschen evangelischen Kirche, und war über einen langen Zeitraum hinweg in der Kirchenleitung aktiv. Zugleich, und auch nach dem Tag seiner Versetzung in den Ruhestand, blieb er leidenschaftlicher Seelsorger und Pastor, hielt Gottesdienste, predigte, taufte und traute junge Menschen. Seine Theologie war geprägt von großem Respekt gegenüber seiner lutherischen Kirchen- und Liturgiegeschichte und -tradition als deren Teil er sich stets bewusst war. Seine Homiletik spiegelte dabei sein verantwortungsvolles Wirken in der Gesellschaft gegenüber seinem Nächsten, der Schöpfung Gottes im weiteren Sinn aber auch den Dingen der sachlich und geschichtlichen Überlieferung.

Nach dem Tod seiner Frau Erna 1981, heiratete der nun emeritierte Ewert seine zweite Frau Annelore Haltenhoff. Unterdessen trieb er bereits umfangreiche genealogische Forschungen auch über seine eigene Familiengeschichte hinaus. Für die Schubert’schen Trauregister bearbeitete er etwa alle Rügen-Bände. Seinen sowie den Stammbaum der Familie Burtzki veröffentlichte er in der altpreußischen Geschlechterkunde. Seinen genealogischen Nachlass für Rügen bewahrt Norbert Wewezer. Auf der anderen Seite pflegte er das Bergener Kirchenarchiv. Seinen besonderen Bewahrungsauftrag sah er darin, seine bis in die Zeit des 13. Jahrhunderts zurückreichenden Bestände an Urkunden, Testamenten und Büchern für die Bergener Marienkirche zu sichern. Mit gleicher Sorge betrachtete er auch das Pfarrarchiv in Gingst, das in Teilen die Bestände in Bergen ergänzte. Auf diese Weise legte er wichtige archivalische Grundlagen für die Erschließung etwa der älteren Bergener Superintendenturakten durch Greifswalder Archivare, die im Findbuch des Pommerschen Landesarchivs im Jahr 2011 veröffentlicht wurden.

Zu seinen wichtigsten kunst- und kulturgeschichtlichen Verdiensten zählt die Untersuchung der zisterziensischen Konventsgeschichte Bergens, in deren Zusammenhang er immer wieder auf den kollektiven Bewahrungsauftrag von Sachzeugnissen der Geschichte Bergens insistierte. Während er seine Forschungsergebnisse an zahlreichen Gelegenheiten vorgetragen hatte, lehrte er, 78jährig, mit Begeisterung Latein an der Volkshochschule.

Über sein künstlerisches Arbeiten ist nur wenig bekannt – zu Unrecht, denn seit seiner Jugendzeit in Ostpreußen schuf Ewert eine ansehnliche Anzahl ganz beachtenswerter Landschaften und Ansichten seiner ostpreußischen und später rügenschen Heimat. Seinem Wunsch, nach der Gründung eines Museums der Stadt Bergen entsprechend, noch dazu in Räumen des ehemaligen Klosters, die Sammlungen an Kunst- und Kulturgütern der Stadt zusammenzutragen und auch öffentlich zu präsentieren, erlebte er mit der feierlichen Eröffnung des Museums noch im Jahre 1992.

Klaus Ewert war in Bergen und weit darüber hinaus in guter Erinnerung geblieben; nicht zuletzt wegen seiner offenen und freundlich altruistischen Art, seiner Bescheidenheit und seines unvergesslich feinsinnigen Humors (zwei Deutsche vor einer Tür = ein Problem). Und bereits zwanzig Jahre nach seinem Hinscheiden, anlässlich seines 100sten Geburtstages, am 19.11.2012, fand eine öffentliche Ehrung seines so vielfältigen Wirkens statt, zu der auch eine Auswahl seiner Bilder im Original gezeigt wurden. Die Laudatoren Probst i.R. Friedrich Harder, Achim Wächter von der Gesellschaft Pommersche Geschichte und Altertumskunde e. V. sowie der Künstler Walter G. Goes machten in diesem Zusammenhang deutlich, dass Ewerts künstlerisches Werk sehr wohl eine kunsthistorische Würdigung und Gesamtverzeichnis verdiene, vielmehr aber sein großes Lebenswerk in seinem Ganzen, das es weiter zu erforschen und kommenden Generationen zugänglich zu machen gilt.

Verweise und Literatur: Preußisch Holland, dem Geburtsort von Lotte Laserstein, *1898, +1993 in Kalmar, Schweden. Zu Leben und Werk s. etwa Anna-Carola Krausse, Lotte Laserstein (1898-1993). Leben und Werk, Berlin 2006; Pobethen, Krs. Fischhausen, auch Wirkungsort des Theologen und Historikers Heinrich Friedrich Adolf Rogge, *1856 in Königsberg, +1861 in Darkehmen, zu Leben und Werk s. Altpreußische Biographie. Band II, Marburg/Lahn 1967–1969, S. 567; zur pfarramtlichen Situation s. Gundermann/Hubatsch, Die evangelischen General-Kirchen- und Schulvisitationen in Ost- und Westpreußen 1853-1944, Göttingen 1970. Zum Predigerseminar Klein-Neuhof, Krs. Rastenburg s. etwa Ulrich Schoenborn, Kirche und Nationalsozialismus in Ostpreußen. Zwei Porträts aus dem Kirchenkampf, Grin, 2012. Zur Situation Ewerts in Bergen auf Rügen s. Martin Holz, Evakuierte, Flüchtlinge und Vertriebene auf der Insel Rügen 1943-1961, Köln, Weimar, Wien 2003, S. 443. Zu seinen Forschungen s. etwa Ewert, Klaus, Zisterzienserinnen zu St. Maria in Bergen auf Rügen in: Rügenscher Heimatkalender, NF, Jg. 1993, S. 38-47. Würdigung und weitere Forschung s. Barb und Karl Zerning, Seelsorger und Historiker: Erinnerungen an Klaus Ewert, in: Ostsee-Zeitung, Rügen vom 14. 11. 2012.

Foto: Annelore Ewert (1992)

Burkhard Kunkel