Biographie

Felbiger, Johann Ignaz von

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Schulreformer, Abt
* 6. Januar 1724 in Groß-Glogau/ Schlesien
† 17. Mai 1788 in Pressburg

Preußen und Österreich, Friedrich II., der Große, und Maria Theresia, kämpften im 18. Jahrhundert erbittert gegeneinander, stritten um den Besitz von Schlesien und der Grafschaft Glatz. Der Schulreformer Felbiger diente beiden Staaten.

Johann Ignaz Felbiger wurde am 6. Januar 1724 in der niederschlesischen Oder- und Festungsstadt Glogau (damals Groß Glogau) als Sohn eines Postmeisters, den Kaiser Karl VI. mit der Verleihung des Prädikates „von“ adelte, geboren. Auch seine Mutter war adelig. Sehr wahrscheinlich besuchte er das Jesuitengymnasium seiner Vaterstadt. Anschließend studierte er in Breslau katholische Theologie, bis 1744, wirkte dann zwei Jahre als Hauslehrer eines Adligen, schloss sich darauf dem Orden der regulierten Augustiner-Chorherren an und empfing 1748 die Priesterweihe. Er betätigte und bewährte sich in der Verwaltung des Stiftes Sagan, stieg auf zum Sekretär des Abtes und wurde im Jahre 1758 zum Abt gewählt.

Mit großem Eifer und viel praktischem Verstand bemühte sich Felbiger, die Ordensniederlassung und die Mönche durch die schwierigen Zeiten – erinnert sei an die drei Schlesischen Kriege – zu bringen und richtete den Blick intensiv auf die Förderung der überaus wichtigen landwirtschaftlichen Besitzungen des Klosters. Er beobachtete systematisch das Wetter, befasste sich mit Physik, Biologie und Astronomie und war – insgesamt – „breit naturwissenschaftlich aufgestellt“. Als 1771 die Gründung der ökonomisch-patriotischen Sozietät der Fürstentümer Schweidnitz und Glogau erfolgte, übertrug man dem Abt das Amt des Direktors; die sächsische ökonomische Bienengesellschaft ernannte ihn zum Ehrenmitglied. Eine Anzahl naturwissenschaftlicher Schriften entstand, darunter eine über die von Blitzeinschlägen ausgehenden Gefahren. Berühmtheit erlangte Felbiger aber nicht als Naturforscher, sondern als Pädagoge.

In der Mitte des 18. Jahrhunderts befand sich das Schulwesen Schlesiens nicht auf der Höhe, was auch auf die Kriege zurückzuführen war. Kirche und Schule standen in enger Verbindung, und so nahm sich Felbiger vor, in seinem Saganer Bereich für eine Verbesserung der Lage zu sorgen. Um entsprechende Einblicke zu erhalten, reiste er nach Berlin und hospitierte in der von Johann Julius Hecker gegründeten evangelischen Realschule, einer in pietistischem Geiste geleiteten und nach Art der Reformen von August Hermann Franke in Halle/Saale arbeitenden Anstalt. Wichtige dort gewonnene Erkenntnisse und Anregungen versuchte er dann in der nun zu Preußen gehörenden Provinz Schlesien, nicht nur in Sagan, zu verwirklichen, mit dem Ziel, die Kinder zu rechtschaffenen Christen und guten Bürgern, zu treuen Söhnen und Töchtern der Kirche und gewissenhaft ihre Pflichten erfüllenden Dienern und Dienerinnen des Staates zu erziehen. Die Religion stand an erster Stelle im Bildungsplan; Lesen, Schreiben und Rechnen waren weitere Grundfächer; Aufsätze sollten geübt, die Anfangsstufen von Latein und Französisch erlernt, Musik angeboten und in Geschichte die bedeutenden Ereignisse der Heimatprovinz eingeprägt werden.

Als wichtig galt Felbiger auch die Unterrichtung in Tugend­ und Anstandslehre, was ganz dem Zeitgeschmack entsprach, wie der Abt überhaupt generell nicht gegen den Strom schwimmen wollte, sondern mitten in seiner Zeit stand und von Zeittendenzen getragen wurde – ein Kind und Vertreter der Aufklärung, einer kirchlich orientierten, den Willen stärkenden, auf das Gute gerichteten.

Felbiger entwickelte, von bereits vorhandenen Ansätzen ausgehend, die „Saganische Methode“: Klassenunterricht statt des bisherigen Einzelunterrichts (heute eher „teilanders“), Wiederholungen, Gedächtnistraining, Auswendiglernen, Zulassen von Fragen der Schüler, viel Anschreiben an die Tafel. Sein Katechetisieren fand große Anerkennung. Die Saganer Katechismen gelangten zu weiter Verbreitung. Es konnte damals fast als evangelisch betrachtet werden, dass der katholische Abt den Gesang der Gemeinde im Gottesdienst, und „noch dazu“ in deutscher Sprache, förderte.

Die Reformgedanken und deren Realisierung wurden in Verbindung mit vielen einschlägigen Veröffentlichungen aus seiner Feder immer bekannter und geschätzter, von Kirche und Staat. So ernannte ihn der Breslauer Weihbischof im Jahre 1764 zum Schulinspektor des Archidiakonats (Dekanats) Glo­gau, und 1765 erschien als Verordnung König Friedrichs d.Gr. das Königlich Preußische General-Landschul-Regle­ment für die Römisch-Katholischen in Städten und Dörfern des souveränen Herzogthums Schlesien und der Grafschaft Glatz – eine grundlegende und richtungweisende Schrift. Der als katholikenfeindlich geltende Provinzialminister für Schlesien Ernst Wilhelm v. Schlabrendorff unterstützte nachdrücklich das fort­schritt­liche Wirken Felbigers.

1774 folgte der Abt einer Einladung in das Österreich von Maria Theresia – mit Genehmigung des Preußenkönigs –, über­nahm die Leitung des österreichischen Schulwesens und legte, da er nicht zwei Herren dienen konnte, 1778 die Würde des Abtes in Sagan ab. Dafür wurde er Propst in Preßburg. Hunderte von haupt- und nebenamtlichen Lehrkräften erhielten in der Wiener „Normalschule“ ihre Ausbildung im Felbigerschen Geiste.

Die fromme Kaiserin Maria Theresia schenkte Felbiger bis zu ihrem 1780 erfolgten Tode das Vertrauen, doch ihr liberaler Sohn und Nachfolger Joseph II. entzog ihm 1782 seine hohe Stellung im Schulwesen. Felbigers Reformen waren auf viel Widerstand gestoßen, und er selbst soll im persönlichen Umgang nicht der österreichischen Mentalität entsprochen haben und mehr hartnäckig als „pflegeleicht“ gewesen sein. Den Lebensabend verbrachte er, „abgeschoben“ und an Wassersucht leidend, in Preßburg, wo er am 17. Mai 1788 im Alter von 64 Jahren starb. Ebendort wurde er auch begraben.

Felbiger ist als bedeutender katholischer Schulmethodiker und als Reformator des katholischen Schulwesens in Schlesien und Österreich in die Geschichte der Pädagogik eingegangen.

Werke: Verzeichnisse in: Johann Panholzer, Johann Ignaz von Felbigers Methodenbuch. Mit einer geschichtlichen Einleitung über das deutsche Volksschulwesen vor Felbiger und über das Leben und Wirken Felbigers und seiner Zeitgenossen Ferdinand Kindermann und Alexius Vinzenz Parzizek (Bibliothek der katholischen Pädagogik. V), Freiburg 1892, und in: Ulrich Krömer, Ignaz von Felbiger. Leben und Werk (Untersuchungen zur Theologie der Seelsorge. XXII.), Freiburg/Basel/Wien 1966. – Eigenschaften, Wissenschaften und Bezeigen rechtschaffener Schulleute, 1768 (später: Methodenbuch).

Lit.: Franz Schubert, Johann Ignaz von Felbiger, in: Schlesische Lebensbilder, 2. Band, Breslau 1926, S. 69-73, Sigmaringen 21985. – Hans-Ludwig Abmeier, Johann Ignatz von Felbiger 1724-1788, in: Fridericianum Glogau, September 1969, S. 2-6. – Josef StanzeI, Die Schulaufsicht im Reformwerk des Johann Ignaz von Felbiger (1724-1788). Schule, Kirche und Staat in Recht und Praxis des aufgeklärten Absolutismus, Paderborn 1976. – Norbert Conrads, Abt Felbiger von Sagan und die Bayerische Akademie der Wissenschaften, in: Archiv für schlesische Kirchengeschichte 46, 1988, S. 7-29. – Peter Baumgart, Johann Ignaz von Felbiger (1724-1788). Ein schlesischer Schulreformer der Aufklärung zwischen Preußen und Österreich, in: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau XXXI, 1990, S. 121-140. – Winfried Romberg, Johann Ignaz von Felbiger und Kardinal Johann Heinrich von Franckenberg (Arbeiten zur schlesischen Kirchengeschichte. 8), Sigmaringen 1999.

Bild: Allgemeine deutsche Bibliothek, Berlin und Stettin 1773.

Hans-Ludwig Abmeier