Biographie

Fischer-Treuenfeld, Richard Eberhard von

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Ingenieur, Erbauer des elektrischen Meldesystems in Südamerika
* 7. Februar 1835 in Thorn/Westpr.
† 29. Dezember 1907 in Dresden

Dem Vater, der mindestens von 1822 bis 1835 Kreisgerichtsrat in Thorn war, wurde 1846 vom preußischen König der erbliche Adel verliehen. Nach der Schulzeit bereitete Richard sich durch praktische Arbeit auf das Ingenieurstudium vor, das er dann drei Jahre lang bis 1859 auf dem Polytechnikum in Berlin betrieb. Als junger Ingenieur arbeitete er ab 1860 bei der Firma Siemens & Halske in Berlin, ging aber schon 1861 zur Zweigfirma Siemens Brothers nach London und spezialisierte sich dort auf das damals neue Gebiet der Elektrotechnik. Nach vorübergehender Tätigkeit als Regierungsingenieur in der Republik Haiti (1861-1862) baute Fischer im Jahre 1863 für Siemens und Reuter in Irland eine Telegraphenlinie zwischen Crookhaven und Cork, die besonders der Übermittlung von Depeschen aus dem nordamerikanischen Sezessionskrieg (1861-1865) dienen sollte. Doch noch im selben Jahr wurde er mit dem Bau eines Telegraphen in Paraguay beauftragt, des ersten in Südamerika. Die Regierung Paraguays hatte die große wirtschaftliche, strategische und politische Bedeutung des Telegraphen erkannt, so dass die unter Fischers Leitung errichtete erste Telegraphenlinie zwischen Villeta und der Hauptstadt Asuncion schon am 16. Oktober 1864 eingeweiht werden konnte. Nach dem Willen des Präsidenten des Landes sollten weitere Linien bald alle Städte mit der Hauptstadt verbinden. An der Spitze Paraguays stand seit 1862 Francisco Solano Lopez (1827-1870), der die Militärorganisation Preußens studiert hatte. Fischer trat in den Dienst der Republik, doch änderten sich seine Arbeitsbedingungen bald, da die Telegraphenlinien im inzwischen ausgebrochenen Paraguay-Krieg (1864-1870) zwischen Paraguay und seinen Nachbarn Brasilien, Uruguay sowie Argentinien der Militärverwaltung unterstellt wurden. In den Kriegsjahren dienten die Telegraphen der Verbindung zwischen dem Hauptquartier und der kämpfenden Truppe, und Fischer musste als Chef der Feldtelegraphen alle Strapazen des Krieges ertragen. Er wurde sogar aufgrund falscher Beschuldigungen zeitweise in ein Gefängnis geworfen. Nach seiner Freilassung durch Lopez ging Fischer nach Argentinien, kurierte in Buenos Aires eine Fußverletzung aus und errichtete dann den ersten Telegraphen, der über die Anden hinweg Argentinien und Chile verband, und im Jahre 1872 den ersten Nationaltelegraphen Argentiniens. Angebote des Kaisers Dom Pedro II. von Brasilien (1825-1891; Kaiser 1831-1889), in seine Dienste zu treten und eine Geschichte des Paraguay-Krieges zu schreiben, lehnte Fischer ab und kehrte 1872 wieder zu Siemens nach London zurück, wo er bis 1896 als Oberingenieur arbeitete.

Nach den Jahren in Südamerika sah Fischer als seine nächste Aufgabe die Einführung eines geregelten elektrischen und optischen Meldewesens für den modernen Bewegungskrieg an. So beschäftigte er sich mit vielen kriegstechnischen, telegraphischen und elektrotechnischen Fragen und gewann mit seiner Arbeit die Aufmerksamkeit des preußischen Generalfeldmarschalls Helmuth Graf von Moltke (1800-1891). Fischer entwickelte und verbesserte u.a. die elektrische Fernzündung, das Torpedowesen und als Hauptgebiet das Telegraphenwesen. Viele Ideen von Fischer wurden in einer Reihe außerdeutscher Armeen eingeführt, wogegen die deutsche Militärführung zwar Widerstand leistete, doch wurden im deutschen Militär erst 1899 eigene Telegraphen-Bataillone eingerichtet. Im Jahre 1896 siedelte Fischer von London nach Dresden über, wo er 1898 zum Konsul, 1900 zum Generalkonsul von Paraguay ernannt wurde. Wie schon von London aus beriet er die Regierung von Paraguay in finanziellen und technischen Fragen und hat besonders auch deutsche Auswanderer beraten, die in Paraguay zum Teil in geschlossenen Kolonien siedelten. Trotz der im Paraguay-Krieg erfahrenen Leiden setzte sich Fischer in Wort und Schrift ständig für das Land ein und stellte es in Deutschland besonders in „Paraguay in Wort und Bild“ (1903. 2. erweiterte Auflage 1906) vor. Daneben nahm er in zahlreichen Aufsätzen und Schriften zu Einzelfragen Stellung – er setzte sich unter anderem für den sog. Paraguay- oder Mátetee ein – und machte Paraguay zum bekanntesten Land Südamerikas in Deutschland. Für seine vielfältige Tätigkeit wurde Fischer mit Orden von Deutschland, Spanien, Portugal und Paraguay ausgezeichnet und zum Mitglied der Royal Geographical Society in London ernannt.

Lit.: Nachweise bei: Klaus Bürger, von Fischer-Treuenfeld, Richard Eberhard, in: Altpreußische Biographie, Bd. IV, 2. Lieferung, Marburg/Lahn 1989, S. 1207-1208.

Klaus Bürger