Biographie

Flottwell, Eduard Heinrich von

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Oberpräsident, preußischer Minister
* 23. Juli 1786 in Insterburg/Ostpr.
† 25. Mai 1865 in Berlin

Aus alter ostpreußischer Familie stammend, wirkte Eduard Heinrich v. Flottwell als typischer Vertreter des preußischen höheren Verwaltungsbeamtentums im Grenzbereich ostdeutsch-slawischer Schicksalsgemeinschaft.

Er studierte in Königsberg Rechtswissenschaften. Vorlesungen bei Kant prägten den jungen Studenten, ehe er im Jahre 1804 in den preußischen Justizdienst trat. 1808 tat er Dienst in seinem Geburtsort Insterburg.

Mentor und späterer Freund Flottwells, Theodor von Schön, befürwortete die Übernahme in den preußischen Verwaltungsdienst. Rottwell wurde so im Jahre 1812 als Rat an die Regierung nach Gumbinnen berufen.

Schön, der seit 1816 Oberpräsident von Westpreußen, seit 1824 Oberpräsident der Provinzen West- und (Ost-)Preußen war, 1840 Staatsminister, holte Flottwell 1816 an das westpreußische Oberpräsidium nach Danzig. 1825 wurde er schließlich Regierungspräsident in Marienwerder.

Eduard Heinrich von Flottwell, der sich die liberalen Anschauungen und Verwaltungsvorstellungen Theodor v. Schöns zu eigen machte, war ein hervorragender Organisator. Das zeigte sich vor allem während der großen Hungersnot 1827 in Westpreußen und der großen Wassernot 1829 in den Weichselniederungen. Es konnte nicht ausbleiben, daß man in Berlin auf ihn aufmerksam wurde. Nicht verwunderlich war es daher, daß bei der polnischen Erhebung im Jahre 1830 Flottwell zum Oberpräsidenten der preußischen Provinz Posen ernannt wurde. Der dortige Statthalter Fürst Anton Radziwill war zuvor abberufen worden. Durch Einsatz von Truppen, vor allem aber durch geschickte und versöhnende Verwaltungspolitik gelang es Flottwell, einen Aufstand in Posen zu verhindern. Unterstützt wurde er in seinen Bemühungen durch den kommandierenden General des V. Armeekorps, General v. Grolman.

Eduard Heinrich v. Flottwell betrachtete es als seine Hauptaufgaben, einerseits die Provinz Posen dem preußischen Staat voll und sicher einzugliedern und andererseits dies mit einer versöhnenden Politik gegenüber den Polen zu verbinden. Er sah die Chance der Eingliederung nur in der Versöhnung der Polen mit dem preußischen Staat. Preußische zentrale Verwaltung und Ausschaltung einer polnischen nationalen Bewegung gingen dabei Hand in Hand. Sogeriet Flottwell bald in Auseinandersetzung mit der katholischen polnischen Geistlichkeit und dem polnischen Adel, weiten Kreisen der polnischen Szlachta und den Magnaten. Die Ernennung der Landräte, die Einsetzung staatlicher Polizeidistriktkommissare, um die polizeiliche Exekutive zu gewährleisten, waren Maßnahmen, die neben dem Aufbau von bäuerlichen Betrieben und Städte-Ordnungen sowie einer weitgehenden Emanzipation der Juden den tradierten Vorstellungen des polnischen Adels und der katholischen Geistlichkeit widersprachen. Das äußerte sich vor allem in einer angestrebten Reform des Schulwesens durch Flottwell, das bald von der katholischen Geistlichkeit unter Führung des Erzbischofs Marcin Dunin-Sulgustowski bekämpft wurde.

Flottwells Bemühungen, die Provinz Posen dem preußischen Staat einzugliedern, zeitigten einen großen wirtschaftlichen Erfolg, der für die Jahre 1830 bis 1840 für die Provinz bestimmend wurde. Doch 1840 scheiterte die Politik Flottwells, da mit Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV. der preußische Staat die sogenannte Versöhnungsära gegenüber dem polnischen Adel und der Geistlichkeit einleitete. Flottwells Mission war damit in Posen beendet. Noch im Jahre 1840 wurde er Oberpräsident der Provinz Sachsen. Über Stationen u. a. des Finanzministers (1844), des Oberpräsidenten von Westfalen (1846), Oberpräsidenten von Brandenburg (1850) wurde er schließlich im Kabinett Manteuffel für eine kurze Zeit preußischer Innenminister (1858), doch kehrte er bald darauf wieder auf seinen Oberpräsidentenposten nach Potsdam zurück. Im Jahre 1862 trat Eduard Heinrich v. Flottwell in den Ruhestand. 1865 starb er in Berlin.

In der Person des von Schön geprägten liberalen Eduard Heinrich v. Flottwell dokumentiert sich ein wesentliches Stück preußischer Politik, gerade in der deutsch-slawischen Schicksalsgemeinschaft.

Lit.: Clara Hegel, geb. v. Flottwell, Das Flottwellsche Elternhaus – aus eignen Erlebnissen und Briefen, Diesdorf 1897; Manfred Laubert, Eduard Flottwell. Ein Abriß seines Lebens, Berlin 1919; Hans Rothfels, Aus dem Briefwechsel der Oberpräsidenten Theodor v. Schön und Eduard Flottwell, in: Dt. wiss. Zeitschrift f. Polen, Heft 29 (1935), S. 101-107; Allgemeine Deutsche Biographie, VIII, S. 280; Altpreußische Biographie I, S. 188f.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_von_Flottwell

Hubertus Neuschäffer