Albert Fraenkel wurde als Sohn des Kaufmanns David Eduard Fraenkel geboren. Kurze Zeit nach seiner Geburt verlegten die Eltern ihren Wohnsitz nach Berlin, wo Albert Fraenkel im Jahre 1866 am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium das Abitur bestand. Nach dem Medizinstudium in Berlin, das er 1866 aufgenommen und 1870 mit seiner Dissertation über den Morbus Addison abgeschlossen hatte, war Albert Fraenkel Assistent bei den Professoren Adolf Kußmaul in Straßburg, Ludwig Traube (einem Onkel mütterlicherseits) und Ernst von Leyden in Berlin. Seine Habilitation im Fach Innere Medizin erfolgte am 29. Januar 1877. Sie stützte sich auf die Begutachtung von fünf Arbeiten, nämlich seiner Dissertation, einer Beschreibung der erhöhten Harnstoffausscheidung bei Pneumonie, eines Aufsatzes über die pathologische Physiologie der Nierenfunktion, eines Beitrags zur Sauerstoffversorgung des Herzens sowie einer Studie über den Einfluß verminderter Sauerstoffzufuhr auf den Eiweißzerfall.
Am 7. August 1884 wurde Fraenkel zum außerordentlichen Professor berufen, 1887 übernahm er die Leitung der „Frauen-Siechenanstalt“ in der Gitschiner Straße zu Berlin; gleichzeitig wurde er zum Leiter einer Privatklinik in der Königgrätzer Straße bestellt. 1890 wurde Fraenkel zum Direktor der Inneren Abteilung des Berliner Krankenhauses Am Urban ernannt, wo er bis kurz vor seinem Tod wirkte. Da er Jude war, blieb es Albert Fraenkel zeitlebens versagt, zum Ordinarius an einer Universität berufen zu werden (vgl. Scholz-Janotte/Berndt [1992], S. 67f.).
Fraenkels Hauptforschungsgebiet waren die experimentellePathologie, die Bakteriologie sowie die Herz-, Gefäß- und vor allem die Lungenkrankheiten. Er hatte als Arzt überaus großen Erfolg, was sich auch an seinem starken Einfluß im Berliner öffentlichen Gesundheitswesen bemerkbar machte. Was seine Erforschung der Lungenkrankheiten betrifft, so hatte Fraenkel bereits 1884 auf Grund der Züchtung aus einem pneumonischen Exsudat den Nachweis erbracht, daß der Diplococcus pneumoniae („Fraenkelscher Bazillus“) der Erreger der kruppösen Lungenentzündung sei – eine Leistung, die ihm auch als Bakteriologe einen Platz in der Geschichte der Medizin sichert. Ferner arbeitete Fraenkel über die Akromegalie, das Ulcus ventriculi (Magengeschwür), die Lungentuberkulose, deren Verbreitung er auch auf die bedenklichen sozialen Verhältnisse der damaligen Zeit zurückführte, weiters über die Herzinsuffizienz und die Leukämie.
Zu Albert Fraenkels Schülern gehörten unter anderen Hans Kohn, Prosektor am Jüdischen Krankenhaus zu Berlin, nach dem die Kohnschen Porenkanäle der Lunge benannt wurden, ferner Max Rothmann, der über die pathologische Physiologie des Nervensystems arbeitete, sowie Georg Puppe, später Professor für Gerichtsmedizin in Königsberg.
Albert Fraenkel verstarb an einem Myokardinfarkt; er wurde neben seiner kurz zuvor verstorbenen Frau auf dem Jüdischen Friedhof zu Berlin-Weißensee bestattet. Zu seiner Erinnerung wurde eine Straße in der Nähe des Berliner Urban-Krankenhauses ‘Fraenkelufer’ benannt.
Albert Fraenkels Schaffen und seine hohen Verdienste um das Wohl der Menschen, die mit seiner Ernennung zum Geheimrat und der Wahl in die Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle a. S. gewürdigt wurden, waren eingebettet in die herausragende Tradition jüdischer Wissenschaftlichkeit in Deutschland, die der Holocaust unwiederbringlich zerstören sollte.
Werke:Mit J. Geppert: Über die Wirkungen der verdünnten Luft auf den Organismus, Berlin 1883. – Über die genuine Pneumonie, in: Verh. d. III. Congresses f. Innere Med. 3 (1884), S. 17-31. – Weitere Beiträge zur Lehre von den Mikrococcen der genuinen fibrinösen Pneumonie, in: Z. Klin. Med. 11 (1886), S. 437-458. – Pathologie und Therapie der Krankheiten des Respirationsapparates, Wien und Leipzig 1890, Neuaufl. 1904 u. d. T. Spezielle Pathologie und Therapie der Lungenkrankheiten. – Mit G. Troje: Über die pneumonische Form der akuten Lungentuberkulose, Berlin 1893. – Klinische und anatomische Mitteilungen über indurative Lungenentzündung, in: Dtsch. med. Wschr. 21 (1895), S. 153-156, 177-180, 190-195.
Lit.: Biogr. Lexikon hervorrag. Ärzte des 19. Jahrhunderts, hrsg. von J. Pagel, Berlin und Wien 1901, Sp. 535f. [Portr.]. – Friedrich Kraus: Albert Fraenkel †, in: Deutsche med. Wschr. 42 (1916), S. 923f. – Biogr. Lexikon d. hervorrag. Ärzte der letzten fünfzig Jahre, hrsg. von Isidor Fischer, I, Berlin und Wien 1932, S. 433f. – Wilhelm Katner: Fraenkel, Albert, in: Neue Deutsche Biographie, V, Berlin 1961, S. 311 [Vorsicht: Katner verwechselt streckenweise Albert Fraenkel mit dem Arzt, Digitalis- und Strophantinforscher gleichen Namens, der von 1864 bis 1938 lebte und lange Jahre in Badenweiler wirkte]. – Ingrid Scholz-Janotte: Albert Fraenkel (1848-1916) – Arzt und Wissenschaftler in Berlin, med. Diss. Berlin 1991. – Dies. und Hans Berndt: Zur Erinnerung an Albert Fraenkel (1848-1916), in: Z. ärztl. Fortb. 86 (1992), S. 67-69.
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Fraenkel_%281848%E2%80%931916%29
Werner E. Gerabek