Biographie

Friedberg, Heinrich von

Herkunft: Westpreußen
Beruf: Jurist, preußischer Justizminister
* 27. Januar 1813 in Märkisch Friedland/Westpr.
† 2. Juni 1895 in Berlin

Nach dem Abitur in Danzig studierte Friedberg, der israelitischen, seit 1829 evangelischen Bekenntnisses war, Jura in Berlin, wurde 1841 Assessor am Kammergericht, 1845 Gehilfe des Staatsanwalts am neugegründeten Oberzensurgericht. Im Auftrag des Justizministers Bornemann verfaßte er, der jüngste Jurist im Justizministerium, eine Denkschrift über die Staatsanwaltschaft. Diese neue Rechtsinstitution erhielt dabei jene Form, die bald darauf gesetzlich festgelegt und nach 1870 für das Deutsche Reich in ihren Grundzügen verbindlich wurde, dergestalt, daß der Staatsanwalt als eine Art Gesetzesrichter mit viel umfassenderen Aufgaben ausgestattet wurde als bis dahin in Preußen und den meisten anderen deutschen Staaten üblich. Friedberg leistete ebenfalls die Vorarbeiten zum Gesetz vom 17. Juli 1846 über das Strafverfahren in den vom Kammergericht und dem Berliner Kriminalgericht abzuurteilenden Sachen, ein Gesetzeswerk, das zum Wendepunkt für die Strafprozeßreform im 19. Jahrhundert wurde. Auch an dem Gesetz vom 8. April 1847 über das Verfahren bei Kompetenzkonflikten zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden sowie an dem Gesetz vom 30. April 1847, durch das Anwaltskammern mit umfassender Selbstverwaltung als Standesorganisation gebildet wurden, hat er entscheidend mitgewirkt. Diese Arbeiten fanden auch die Anerkennung seines Lehrers F.K. von Savigny.

1848 wurde Friedberg zweiter Staatsanwalt am Kammergericht, 1850 Oberstaatsanwalt am Appellationsgericht Greifswald, 1854 Geheimer Justiz- und Vortragender Rat im preußischen Justizministerium, 1857 Geheimer Oberjustizrat. In dieser Eigenschaft wurde er 1868 mit der Ausarbeitung des Entwurfs eines Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund beauftragt. Friedberg gilt demnach als der Vater des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich.

Auch an dem Zustandekommen der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes hatte Friedberg maßgeblichen Anteil; im oblag es außerdem, die Entwürfe dazu vor dem Parlament zu vertreten. 1870 wurde er Präsident der Justizprüfungskommission, 1872 Wirklicher Geheimer Oberjustizrat und Mitglied des Herrenhauses, 1873 Unterstaatssekretär, 1875 Kronsyndikus, 1876 Staatssekretär im Reichsjustizamt, 1879, als Nachfolger Wilhelm Leonhardts, preußischer Justizminister.

Seit 1871 erhielt Kronprinz Friedrich Wilhelm alle staatsministeriellen Arbeiten, Voten der Minister, Protokolle der Sitzungen usw., die Friedberg wöchentlich einmal mit ihm durcharbeitete. Daraus entstand ein enges Verhältnis zwischen beiden, und fortan gehörte Friedberg, nationalliberal eingestellt, ähnlich wie Albrecht von Stosch, Gustav Freytag (über diesen siehe S. 119-122), Franz von Roggenbach, Rudolf von Bennigsen, zum vertrauten Kreise des Kronprinzenpaares. Kritisch aber äußerte er: „Wenn Ihr diesem liberalen Fürsten nach seiner Thronbesteigung an die Krone tastet, dann werdet Ihr Euch sehr wundern und merken, was in ihm steckt.“ Damit wies er die vielfach gehegten Vorstellungen zurück, daß mit dem neuen Herrscher ein liberales Regiment eingeführt werde.

Gleich nach der Thronbesteigung Kaiser Friedrichs III. erhielt Friedberg 1888 auf Vorschlag Bismarcks den Schwarzen Adlerorden und wurde in den Adelsstand erhoben. 1889 trat er zurück, nach 53 Dienstjahren.

Lit.: Ballhausen, Frhr. Lucius v.: Bismarck – Erinnerungen. Stuttgart, Berlin 1926. – Bismarck, Otto v.: Gesammelte Werke (Friedrichsruher Ausgabe) Bdd. 9 u. 15. – Döhring, Erich: Heinrich von Friedberg, In: Neue Deutsche Bibliographie 5, 444 f. – Poschinger, Heinrich v.: Fürst Bismarck und der Bundesrat, 2. Bd., Stuttgart, Leipzig 1897, S. 130-133. – Stosch, Albrecht v.: Denkwürdigkeiten. Stuttgart, Leipzig 1904.

Bild: Friedberg nach einer Zeichnung von Ismael Gentz aus dem Jahre 1889; Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_von_Friedberg

Ekkhard Verchau