Biographie

Friedland (Glatzel), Heribert

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Maler
* 9. August 1927 in Friedland/Kr. Waldenburg
† 3. August 2015 in Esslingen

Heribert Glatzel leitete seinen Künstlernamen Heribert Friedland von seinem Geburtsort Friedland in Schlesien her – ein Name, welcher auch zu einem humanistischen Lebensprogramm für ihn wurde. Heribert Glatzel, der Sohn eines Bäckermeisters, wuchs mit vier Brüdern und einer Schwester auf. Er besuchte das Caroli­num in Neiße und wurde schon 1943, als sechzehnjähriger Schüler, eingezogen, mit Fronteinsatz, wo er die Entsetzlichkeiten des Krieges erfahren musste, die ihn zu einem konsequenten Pazifisten werden ließen. Dadurch sollte der Mensch später in seinem künstlerischen Schaffen keine Darstellung finden. Zwei seiner Brüder sind gefallen.

Nach Gefangen­schaft und Vertreibung folgte die Ausbildung zum Religions­lehrer. Bis 1957 war er im Schuldienst tätig. Er studierte dann bis 1962 an der Stuttgarter Akademie (Rudolf Yelin) sowie an den Universitäten in Tübingen und Stuttgart, wo er auch Lehraufträge wahrgenommen hat, Kunstgeschichte, Philoso­phie und Theologie. 1964 heiratete er Helga geb. Schreier, die ihm eine Tochter schenkte. Es folgte dann freischaffende Künstlertätigkeit. Heribert Friedland lebte oben im Schurwald in Aichelberg bei Ess­lingen. Sein Atelier hatte er in der Hochwacht der Esslinger Burg hoch über der Stadt. Auch unter seinem eigentlichen Namen Heribert Glatzel hat er sich als Kulturschaffender einen Namen gemacht, so u.a. als künstlerischer Berater der Stadt Esslingen und als Verfasser des Bestandskatalogs der Esslinger Graphik-Sammlung.

Aquarelle und Schwarz-Weiß-Tuschen in sehr kleinem Format, der Landschaft und dem Stilleben gewidmet, gelegentlich auch Druckgraphik, waren seine bevorzugten Techniken. Monumental im Ausdruck, sich gegen die Zeitströmung der großen Formate behauptend, sind seine subtilen, meist nur postkarten- ja spielkartengroßen Aquarelle und Pinselzeichnungen, mit ungewöhnlichen Formaten, welche die inhaltliche Gestaltung mitbestimmen. Bereits in den frühen Arbeiten aus den 1950er Jahren fand er zu seinem Stil, welcher sich zunehmend aus dem Gegen­ständlichen heraus zu einer weiten Gesamtsicht wandelte, sich bedingend im Amorphen und Atmosphärischen. Dem Betrachtenden wird auf kleinstem Raum ein Makrokosmos erschlossen, fokussiert in einem steh­enden, unausweichlichen Blick, der die hochkonzentrierte Einsicht auf Zustände und kaum herauswachsende Gegenstände eindringlich festhält, „in denen Tiefen des Empfindens visualisiert werden“ (G. Wirth: Das blickdichte Aquarell, Katalog 1999), voll von kammermusikalischer Intensität. Seine Bildwelt, die keine Ausschnitte zeigt und auch nicht miniaturenhaft angelegt ist, wirkt „als würden ungeheuerliche Monumentalitäten aus sicherer Ferne betrachtet: gerade noch fasslich im Kleinen, weil sie im Großen unerträglich wären“ (Mezger 2008).

War schon bei seiner früheren Druckgraphik (z.B. Verbrannte Erde, 1973), die Dunkeltönigkeit Ausdruck seiner Themen, so dominierte diese in seinem späteren Werk mit fein abgestuften Valeurs zwischen dunkel und schwarz sowie das Weiß in Grau, das kaum wahrnehmbar in andere Farben ermattet, wie in seinen Schottlandbildern von 1999. Land­schaften, Wetterzustände, Früchte und Pflanzen führen zu einem Erleben der Natur, das sich dem Betrachtenden in unmittelbarer Hineinsicht, aber auch immer mahnend, spannungsreich erschließt.

Kunst am Bau war für sein Schaffen ebenfalls von Bedeutung, wie groß angelegte Beton- bzw. Kera­mikreliefs, die mit ihren geometrischen Formen seinen subli­men Aqua­rellen gegenüberstehen oder über 25 Glasfenster in öffentlichen Gebäuden und Kirchen (u.a. St. Laurentius Bad Ditzenbach 1964, St. Johannes Bietigheim-Bissingen 1973, Oskar Merkel-Bad Esslingen).

Heribert Glatzel war Mitglied des VBK Württemberg, der Stiftung Kulturwerk Schlesien und der Künstler­gilde, deren Fachgruppenleiter Bildende Kunst er mehrere Jahre gewesen ist. Er engagierte sich auch für soziale Projekte, war Mitglied im Deutschen Verein vom Heiligen Land (Ritter des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem 1980) und war Komtur des Päpstlichen Laienordens.

Preise und Auszeichnungen würdigten seine Arbeit: Bürgerpreis Mühlheim/Ruhr 1984, Ehrengabe Lovis Corinth-Preis 1987, August Macke-Preis 1996, Esslinger Kulturpreis 1998. 1988 wurde er zum Professor ernannt.

Zahlreiche Einzelausstellungen in nahezu 50 Jahren belegen den Rang seines künstle­rischen Schaf­fens, das in mehreren deutschen Städten und im Ausland in prominenten Museen und Galerien gezeigt wurde: Esslingen (Graphische Sammlung 1966), Düsseldorf (Kunstmuseum 1977), Stuttgart (Staatsgalerie 1978), Würzburg (Martin von Wagner Museum 1981), Mün­chen (Neue Pinakothek 1987), Regensburg (Ostdeutsche Galerie 1987), Bern (Deutsche Botschaft 1978), Delft (Stadt­huis 1960), London (Victoria & Albert Museum 1984), New York (Herder & Herder 1963), St. Pe­tersburg (Pawlowsk Palastmuseum 1990), Tegernsee (Olaf Gulbransson-Museum 1997) u.a.m.

Seine Aquarelle kamen in mehrere bedeutende Museen und Sammlungen, wie Kunstmuseum Düsseldorf, Städel Frankfurt, Ostdeutsche Galerie Regensburg, Staatsgalerie Stuttgart.

Lit.: Schwäbisches Künstlerlexikon. – AKL. – Mappe 25 Jahre Die Künstlergilde. – Heribert Glatzel, Bestandskatalog der Graphischen Sammlung der Stadt Esslingen am Neckar, Esslingen 1979, S. 73f. – Katalog Heribert Friedland, Hellhof Kronberg 1979. – Oskar Kreibich/Ernst Schremmer, Oskar Kreibich – Porträts aus unserer Zeit, München 1986, S. 82f. – Kunst in Schlesien – Künstler aus Schlesien, Malerei, Graphik und Pla­stik im 20. Jahrhundert, Katalog Würzburg 1985, bearb. Hanna Nogossek, S. 86f. – Günther Wirth, Das blick­dichte Aquarell u. Thomas Gädeke Schottische Landschaften von Fried­land, in: Katalog Friedland. Aquarell – Zeichnung – Tusche, 1999 Esslingen. – Martin Mezger, Größe der Schöpfung, in: Eßlinger Zeitung 18/19.10.2008, S. 35. – H. Scheunchen, Wechselwirkungen. Von Hölzel bis Hajek, Katalog Haus der Heimat Stuttgart 2009, hrsg. Annemarie Röder, S. 21. – H. Scheunchen, Zum Tode von Heribert Friedland, in: Schlesischer Kulturspiegel 50. Jg. 2015, H. 3, S. 43. – Carl-Peter Buschkühle, Zum Tode Heribert Friedland. – Netz: august-macke-preis.info abger. 25.4.17. – Mitt. Helga Glatzel 2017.

Bild: Heribert Friedland. Private Ostdeutsche Studiensammlung.

Helmut Scheunchen, 2017