Biographie

Friedrich, Caspar David

Herkunft: Pommern
Beruf: Maler
* 5. September 1774 in Greifswald
† 7. Mai 1840 in Dresden

Die Verwurzelung des im pommerschen Greifswald geborenen Malers mit dem heimischen Lebensraum seiner Familie ist in der Malereigeschichte insofern ein Novum, als ein Künstler sein eigenes Schaffen nunmehr schicksalhaft empfindet und in der nachgestalteten Landschaft Motive des eigenen Lebens wiedererkennt oder beispielhaft zu bedeutungsträchtigen Bildaussagen verallgemeinert. Die Stationen des „äußeren Lebens“ (wie es sein Freund Ernst Moritz Arndt umschrieben hat) sind mit wenigen Worten umrissen: Nach anfänglicher Ausbildung bei dem Universitätszeichenlehrer Quistorp in seiner Heimatstadt, bezieht der junge Mann die damals für viele deutsche Romantiker maßgebliche Akademie in Kopenhagen. Doch dort fehlte damals im Lehrbetrieb noch die unmittelbare Arbeit vor der freien Natur, was vor allem Friedrich, wenig später auch den Kopenhagen angelangten Landsmann Philipp Otto  Runge Widerspruch herausfordern sollte. Das auf langen Wanderungen eingeholte Skizzenmaterial diente nämlich als Grundlage für die Atelierarbeit und kann als Vorstufe für die Freiluftmalerei des ausgehenden 19. Jahrhunderts betrachtet werden. Im weiteren Verfolg suchte Friedrich die Dresdner Kunstakademie auf, wo es bereits eine Professur für Landschaftsmalerei gegeben hatte. In der  näheren Umgebung dieser kulturell sehr anregenden Stadt boten sich – bis nach Böhmen hinein – zahlreiche Motive, die den Künstler reizten und die damals erst von wandernden Malern und Dichtern entdeckt zu werden begannen. Dennoch verlor die pommersche Boddenlandschaft nicht an Anziehungskraft für Friedrich: wiederholte Reisen führten ihn zurück, namentlich auf die Insel Rügen, jenen Anziehungspunkt für die noch junge Romantik, deren jungfräuliche und spröde Natur als herbe Alternative mit dem gängigen Ideal italienischer Veduten in Wettbewerb treten konnte. Friedrich suchte nicht das Gefällige, sondern die ernsthafte Gebärde. Eine Romreise, wie sie fast alle anderen romantischen Maler Deutschlands anstrebten, lehnte er dementsprechend schroff ab, dasselbe tat er angesichts des Konvertitentums, was ihn ebenfalls deutlich von den Nazarenern absetzt. Friedrich blieb Protestant und wollte mit seinen zahlreichen religiösen Bildinhalten eine Erneuerung der christlichen Kunst von anderer Art herbeiführen als die Retrospektive der Nazarener. Am klarsten wird das vor seinem Haupt-Werk, dem „Tetschener Altar“ (Gemäldegalerie Dresden), mit dem er den – auf Dauer mißglückten Versuch unternahm, eine evangelische Altarkunst zu schaffen. Die Resonanz auf Seite der Kirchen blieb nämlich aus und Friedrichs Bilder waren fortwährend dazu verurteilt, reine Galeriekunst zu bleiben. Sein kühner Griff, die Landschaftallegorie anstelle eines Historienbildes oder einer biblischen Erzählung auf den Altar zu erheben, wurde von den Theologen nicht verstanden.

Der Mensch ist in den von Friedrich geschaffenen Landschaften eine seltene Erscheinung. Meist als Rückenfigur blickt er, vom Betrachter abgewandt, in das Bild hinein und fordert auf diese Weise auf, sich in die Szenerie hineinzuversetzen und zu versenken. Man hat daraus schließen wollen, daß Figurenmalerei nicht die stärkste Seite des Künstlers war, dabei aber übersehen, daß er eine Reihe von Selbstbildnissen aus verschiedenen Lebensaltern hinterlassen hat, die seine seelische Entwicklung wiederspiegeln und eine völlig andere Linie in seinem Schaffen dokumentieren.

Die wechselvolle Rezeptionsgeschichte und schrittweise Erschließung des Friederich‘schen Oeuvres nach einem Halbjahrhundert der Vergessenheit, die heute immer noch nicht ganz zuende geführt ist, lehrt uns, daß die Interpretationsmöglichkeiten seiner Kunst — namentlich der Aspekt seiner Bodenverbundeheit – noch längst nicht Aspekte differenzierend genug beleuchtet hat, einmal ganz abgesehen von dem kulturpolitisch verfälschenden Versuch, ihn als frühen Vorboten des DDR-Deutschen hinzustellen, der sich ausschließlich auf dem Territorium dieses durch Zufall entstandenen Staates bewegt hat. Das ausgeprägt politische Engagement des Künstlers bewegte sich ja anderer Richtung. Ähnlich wie seine versteckten theologischen Bildaussagen, wollen seine patriotischen und mitunter gesellschaftskritischen Hinweise behutsam, aber rückhaltlos angesprochen werden. Tief ergriffen von den stürmischen Impulsen der Befreiungsriege, hält er an diesen nur wenig später diffamierten Idealen fest und versteht es, sie als Botschaften mittels seiner Bilder – beispielsweise „Huttens Grab“ (Staatl. Kunstsammlungen Weimar) dem Publikum vor Augen zu führen.

Neuerdings erkennt man auch im Spätwerk von der Pinseltechnik her, einen starken Schritt voraus: Noch zu Beginn der dreißiger Jahre, in deren weiterem Verlauf eine Krankheit den Künstler mehr und mehr zur Aufgabe seiner Arbeit zwingt, ist ein Neubeginn zu vermerken, was auch für die Farbigkeit gilt. Insofern greift „Das große Gehege“ (Gemäldegalerie Dresden) der weiteren Entwicklung der Malerei im 19. Jahrhundert vorauf, indem es Lichtspiegelungen in einer Koloristik bringt, wie wir sie erst Jahrzehnte danach bei den großen Meistern der Landschaftskunst erwarten würden. Die tragische Isolierung hat dem gedanklich und künstlerisch seiner Zeit weit vorauseilenden Maler den Pinsel aus der Hand genommen. Zahlreiche Apotheosen seiner Heimatstadt Greifswald waren dazu angetan, diese ins Bild umgesetzten Empfindungen eines Künstlers, in breiten Schichten der dem Osten verbundenen Bevölkerung nachzuvollziehen. Der geistesverwandte Ernst Moritz Arndt hat die adäquaten Verse dafür gefunden. An dieser Stelle „Ostdeutscher Gedenktage“ darf nicht unerwähnt bleiben, daß Caspar David Friedrich emotionelle Leitbilder hinterlassen hat, die zahllose heimatverbundene Menschen ansprechen mußten und ihnen etwas zu geben vermochten, was ihnen keine Macht der Welt zu rauben in der Lage war. Und gerade an diesem Punkt trifft sicherlich die Ausdeutung – selbst in ihrer einfachsten Form – die Intention und ursprüngliche Gefühlslage des Künstlers.

Lit.: Helmut Börsch-Supan/Karl Wilhelm Jähnig, Caspar David Friedrich. Gemälde, Druckgraphik und bildmäßige Zeichnungen, München 1973; Gerhard Eimer, Caspar David Friedrich und die Gotik, Hamburg 1963; Caspar David Friedrich. Auge und Landschaft. Zeugnisse in Bild und Wort. Interpretiert von Gerhard Eimer, Frankfurt/M. 1974; Herbert von Einem, Caspar David Friedrich, Berlin 1939; Jens Christian Jensen, Caspar David Friedrich. Leben und Werk, Köln 19742.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Caspar_David_Friedrich

Gerhard Eimer