Biographie

Friedrich, Gerhard

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Neutestamentler
* 20. August 1908 in Jodszen, Kr. Pilkallen
† 18. Januar 1986 in Kiel

Der Vater war Gutsbesitzer. Nach dem Abitur an der Friedrichsschule in Gumbinnen (1928) studierte Gerhard Friedrich Theologie an den Universitäten Königsberg, Marburg und Tübingen. Zum Examen ging er wieder nach Königsberg, wo die Professoren Julius Schniewind (1883-1948) und Hans Joachim Iwand (1899-1960) seine wichtigsten Lehrer waren. Nach dem Examen war er nur kurze Zeit Vikar, weil er im Herbst 1933 als Assistent an die Universität Tübingen ging, wo er erstmals in Berührung mit seiner späteren Lebensarbeit kam, als Prof. Gerhard Kittel (1888-1948) ihn zum Assistenten für die Redaktion des von Kittel herausgegebenen Theologischen Wörterbuchs zum Neuen Testament (ThW NT) berief. Da Friedrich keiner Organisation der NSDAP angehörte, hatte er in Tübingen Schwierigkeiten und ging deshalb bald wieder nach Ostpreußen, um mitzuhelfen beim Aufbau des Predigerseminars der Bekennenden Kirche in Blöstau bei Königsberg. Daneben war er zunächst Hilfsprediger in Lyck und Groß Heydekrug, Kr. Fischhausen, wo er nach seiner Ordination am 26. April 1936 ab 1937 die Pfarrstelle übernehmen sollte. Er wurde aber nicht angestellt, da er den Eid auf Adolf Hitler ablehnte, so dass er für seine kirchliche Arbeit nur eine geringe Vertreterentschädigung erhielt. In dem von Iwand geleiteten Seminar in Blöstau arbeitete Friedrich als Studieninspektor des ersten Kurses für Vikare (Oktober 1935 bis 13. März 1936). Auf Anregung der Bekennenden Kirche hielt er dort für Königsberger Studenten der Theologie – natürlich unter völliger Geheimhaltung – auch Gegenvorlesungen zum neuen Königsberger Ordinarius für Neues Testament. Es ist für Friedrich bezeichnend, dass er später seine zeitweilige Verhaftung während dieser Zeit von der humorvollen Seite nahm. Im gesamten Zweiten Weltkrieg war er dann Soldat, erhielt aber während eines Sonderurlaubs an der Universität Tübingen am 8. Februar 1940 die Promotion zum Dr. theol., wozu er die Arbeit Keryx (gedruckt 1938) vorlegte. 1944 geriet Friedrich in englische Kriegsgefangenschaft, in der er 1946 Leiter der Theologischen Schule für Kriegsgefangene im Lager Norton Camp wurde, wo der schwedische Pfarrer Birger Forell (1891-1958) beim War Office in London die Einrichtung eines Hochschullagers mit Veranstaltungen in allen Hochschulfächern durchgesetzt hatte.

Noch im Gefangenenlager erreichte Friedrich 1947 der Ruf auf den Lehrstuhl für Neues Testament an der Theologischen Schule in Bethel bei Bielefeld, den er ab dem Wintersemester 1947/48 übernehmen konnte. Von dort ging er 1953 als außerordentlicher Professor an die Universität Kiel, wechselte aber schon 1954 auf ein Ordinariat an der Universität Erlangen, wo er in den Jahren 1964-1966 Rektor war. 1968 übernahm er dann den Lehrstuhl für Neues Testament an der Universität Kiel, den er bis zur Emeritierung (1976) innehatte.

Als Professor Kittel sein Ende nahen fühlte, bat er 1948 Friedrich, die Herausgabe des ThW NT zu übernehmen. Von diesem Lexikon waren bei der Übernahme der Herausgabe durch Friedrich vier Bände erschienen. Das Werk kam in Lieferungen heraus und konnte 1979 mit Band X,2 durch Friedrich abgeschlossen werden. In ihm hat er selbst wichtige Artikel bearbeitet, besonders zur Verkündigungs-Terminologie. Das Wörterbuch wurde schnell ein international anerkanntes Standardwerk und erschien deshalb in Übersetzungen u.a. in englischer, italienischer, spanischer, japanischer und französischer Sprache. Friedrich erwarb sich große Verdienste auch als Mitherausgeber der Kommentarreihe Das Neue Testament deutsch, das in elf Bänden erschien und 1985 schon in 16. Auflage erschien. In diesem Werk bearbeitete Friedrich den Brief an die Philipper, die beiden Briefe an die Thessalonicher und den Brief an Philemon. Auch bei anderen Werken war er Mitherausgeber, u.a. bei der Reihe Texte zum Neuen Testament, wozu Friedrich die Auslegungen der Reformatoren (1984) beitrug. Auch als Professor hielt er oft Gottesdienste; etwa 50 seiner dort gehaltenen Predigten veröffentlichte Friedrich in den Jahren 1948-1960 unter dem Titel Meditationen, in denen er sich über einzelne Textstellen der Bibel äußerte. Seine Meditationen wollte er als Anregung und Arbeitshilfe besonders an junge Geistliche weitergeben. Neben vielen anderen Arbeiten veröffentlichte Friedrich u.a. Utopie und Reich Gottes (1974), Sexualität und Ehe: Rückfrage an das Neue Testament (1977), Ökologie und Bibel: Neuer Mensch und alter Kosmos (1982) und Die Verkündigung des Todes Jesu im Neuen Testament (1982, 2. Aufl. 1985).

Wiederholt wurde Friedrich für seine Arbeit ausgezeichnet: 1956 erhielt er den theologischen Ehrendoktor der Universität Kiel, 1970 den Bayerischen Verdienstorden, 1980 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Zu seinem 65. Geburtstag widmeten ihm Kollegen und Schüler die Festschrif tDas Wort und die Wörter (1973) in Anspielung auf die beiden Hauptarbeitsgebiete dieses Gelehrten, Neues Testament und Lexikologie.

Lit.: Nachweise bei: Klaus Bürger, Friedrich, Gerhard, in: Altpreußische Biographie, Bd. V, 2. Lieferung, Marburg/Lahn 2007, S. 1787-1788.

Bild: Das Wort und die Wörter. Festschrift Gerhard Friedrich zum 65. Geburtstag, hrsg. von Horst Balz/Siegfried Schulz, Stuttgart/Berlin/ Köln/Mainz 1973.