Biographie

Frommann, Friedrich (Johannes)

Herkunft: Ostbrandenburg
Beruf: Buchhändler, Verleger
* 9. August 1797 in Züllichau/Neumark
† 6. Juni 1886 in Jena

Von Jenas historischen Kulturstätten, die an die berühmte ”klassische Zeit” dieser ”Stapelstadt des Wissens und der Wissenschaften” erinnern, wie Goethe Jena bezeichnete, und die weitgehend den vernichtenden Luftangriff vom Frühjahr 1945 überlebten, ist auch das in der deutschen Kulturgeschichte zu einem Begriff gewordene ”Frommannsche Haus” zu nennen. Es liegt unweit vom Hauptgebäude der Friedrich-Schiller-Universität an Jenas ”via triumphalis”, die heute wieder Fürstenallee heißt. Dieses ”Frommannsche Haus” hat keine geringe Rolle gespielt – ”als Vereinigungspunkt vieler Gelehrter und Künstler und sonst angesehener Personen”, wie Goethe sich Eckermann gegenüber am 19. Juni 1823 ausdrückte. Alles, was ”in Deutschland Namen hat”, sei in diesem Hause, bei Frommann, gewesen. Er selbst, so Goethe, habe ”dort gerne verkehrt.”

Daß dieses Haus solche hervorragenden Geister anzog und zu einem gesellig-geistigen Mittelpunkt, nicht nur für die geistigen Größen von Jenas Alma mater, sondern des deutschen Kulturlebens schlechthin wurde, war das Verdienst des Buchhändlers und Verlegers Carl Friedrich Ernst Frommann, des Vaters von Friedrich Frommann, der am 14. September 1765 in Züllichau geboren worden war und dessen Vater und Großvater ebenfalls Buchhändler gewesen waren. Friedrich Frommann trat 1825 in das Unternehmen des Vaters ein, in dem er auch seine Ausbildung als Buchhändler genossen hatte. Eine Gehilfenzeit bei Perthes & Besser sowie eine Buchdruckerlehre und Studien in Berlin waren gefolgt.

Vater Carl Friedrich Frommann hatte nach einer Lehre bei Mylius und Vieweg in Berlin von seinem Vater in Züllichau die Leitung einer Buchhandlung übernommen, die seit 1785 im Familienbesitz war und die er zu einem führenden Schul- und Wörterbuchverlag, der auch pietistische Schriften herausgab, ausbaute. So erschien in seinem Unternehmen das erste griechisch-deutsche Wörterbuch von Johann Gottlob Schneider-Saxo (1797). 1798 siedelte Frommann mit dem Verlag von Züllichau nach Jena über, wobei die Gründe hierfür unklar geblieben sind; man nimmt an, daß eine Verstrickung in freimaurerische Aktivitäten ausschlaggebend war. Einen bedeutenden Aufschwung nahm sein Jenenser Unternehmen, nachdem es sich Ende 1799 mit der Chemnitzer Druckerei von Carl Wesselhoeft verbunden hatte. Bereits 1803 beschäftigte Frommann 13 Gesellen. Das Programm des Verlages umfaßte neben theologischen Werken zunehmend auch medizinische (Hufeland) sowie auch philosophisch-historische Literatur (Oken, Luden). Frommanns Druckerei arbeitete vorrangig für den ”Bonaparte unter den deutschen Verlegern”, Cotta.

Goethe pflegte durch die Hand Riemers einen regen Kontakt zu Frommann, wie eindrücklich der von Ferdinand Heitmüller herausgegebene BriefwechselAus dem Goethehaus (Stuttgart 1892) zeigt. Am meisten behagte den Dichter das Frommannsche Haus; ”hier hing sein Auge im Winter 1807-1808 an der lieblichen Erscheinung von Frommanns Pflegetochter Minchen Herzlieb” (welche die Frommanns nach dem Tode ihrer Eltern als Neunjährige zu sich genommen und nach Jena mitgebracht hatten). Goethe hat ihr, von der ”Sonettenwut” des vorübergehend bei Frommann verkehrenden Zacharias Werner angesteckt, in Sonettform ”ein paar Gedichte zart verschleierter Liebeshuldigung” (W. Vulpius) gewidmet. Es ist wohl als gesichert anzunehmen, daß dieses Mädchen späterhin als Urbild zur Ottilie in GoethesWahlverwandtschaften diente. So jedenfalls geistert es auch durch Louise Seidlers Erinnerungsbuch, dieser Jenenser Malerin, herausgegeben von Hermann Uhde (Gustav Kiepenheuer Verlag Weimar 1970).

Dieser einzigartige gesellige Verkehr mit literarisch wie künstlerisch interessierten Männern und Frauen nicht nur der Stadt Jena ist auch dem Sohn der Frommanns, Friedrich (Johannes) Frommann, ”Fritz” gerufen, im Gedächtnis geblieben. ”Bei seinen oft monatelangen Aufenthalten kam… [Goethe] gern abends zur Teestunde, wenn er wußte, daß er die Älteren [Eltern] allein im kleinen vertrauten Kreise fand, wobei es ihm am wohlsten war und er gern aus sich herausging. Allem wußte er einen Reiz zu geben und eine interessante Seite abzugewinnen. Der Genuß am Lesen seiner Schriften reicht lange nicht an den seiner mündlichen Unterhaltung. Er war ein Meister im Erzählen; es ging aus einem Gusse…” Stattgefunden haben die Begegnungen mit Goethe meistens im ”Blauen Salon”, der sich einst über der heute noch bestehenden Tordurchfahrt befand.

Nach dem Tode seines Vaters 1837 führte Friedrich Frommann das väterliche Unternehmen weiter, schränkte jedoch die verlegerische Tätigkeit ein – ausgelöst wohl auch durch die Übersiedelung des Verlegers Gustav Fischer nach Jena, der auf dem Gebiet der Buchedition neue Maßstäbe setzte. Schließlich verlor die verlegerische Tätigkeit immer mehr an Profil und gehörte bald fast ganz der Vergangenheit an, die Frommann noch einmal mit der Herausgabe von Erinnerungen an die für immer entschwundenen großen Jahre beschwor, die das Elternhaus in Jenas klassischer Zeit erlebt hatte (Das Frommannsche Haus und seine Freunde. Jena 1872. 2., vermehrte Auflage).

Friedrich (Johannes) Frommanns weitere Tätigkeit konzentrierte sich verstärkt auf die Profilierung des ”Börsenvereins der deutschen Buchhändler zu Leipzig”, dessen 1. Vorsteher er dreimal war (1841-43, 1847-49, 1862-64). Als solcher wirkte er vor allem entscheidend bei der Ausformung des deutschen Urheberrechts mit und beeinflußte als Mitverfasser zahlreicher Denkschriften Profil und Geist des deutschen Buchhandels und Buchgewerbes. Aus seiner Feder stammt die Geschichte des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, die 1875 erschien. Er war auch einige Zeit als Redakteur für verschiedene Zeitungen tätig. Im übrigen zählte Frommann zu den führenden Repräsentanten der Jenaischen Burschenschaft. Er ist Autor der SchriftDas Burschenfest auf der Wartburg von 1818.

Jahrzehntelang war Friedrich Frommann Mitglied des Jenaer Stadtrats und des Weimarer Landtags. Auf Antrag des Mathematikers Carl Snell wurde ihm 1875 durch die Universität Jena als erstem deutschen Buchhändler die Würde eines Ehrendoktors verliehen. Übrigens wohnte die Familie Frommann seit 1830 am Löbdergraben. Seine letzte Ruhestätte fand Frommann auf dem historischen Friedhof nahe der Johanniskirche. Noch zu seinen Lebzeiten hatte das traditionsreiche Verlagsunternehmen der Familie den Besitzer gewechselt; der Verlag ging nach dem Tode von Friedrich Frommann an Emil Hauff in Stuttgart über. Aber erst 1961 erlosch der Name ”Frommannsche Buchhandlung” in Jena.

Weitere Lit.: Richard Friedenthal: Goethe. Sein Leben und seine Zeit, München 1982. – ”Mein Jena lob ich mir.” Briefe und Berichte aus fünf Jahrhunderten, zusammengestellt und eingeleitet von Ilse Knoll, hrsg. vom Stadtmuseum Jena (= Schriften des Stadtmuseums Jena, Nr. 21), Jena 1975. – Fritz Kühnlenz/Paul Esche: Jenaer Porträts. Die Saalestadt im Spiegel historischer Persönlichkeiten. Greifenverlag zu Rudolstadt 1969. S. 63 ff.

Bild: Friedrich Johann Frommann nach einer Kreidezeichnung von J. J. Schmeller aus dem Jahre 1825.

Weblink: https://www.deutsche-biographie.de/sfz17797.html

Günter Gerstmann