Biographie

Fuchs, Carl

Herkunft: Danzig
Beruf: Musikschriftsteller, Organist, Pianist
* 22. Oktober 1838 in Potsdam
† 24. August 1922 in Danzig

Carl Dorius Johann Fuchs, Sohn des Musiklehrers und Organisten am Kadettencorps in Potsdam Leberecht Dorius F. und der Julia, geb. Stechert, studierte nach der Schulzeit in Potsdam zunächst Theologie und Philosophie in Berlin, wandte sich jedoch bereits 1859 ganz der Musik zu. Er hatte privaten Klavierunterricht bei Hans von Bülow, war Kompositionsschüler von Karl Friedrich Weitzmann und von Friedrich Kiel. Zunächst war er über zwei Jahre als Hauslehrer tätig, auch als Klavierlehrer und Pianist. Nach einer Anstellung 1868 an der Kullakschen ‚Neuen Akademie der Tonkunst‘ war er seit 1869 Organist an der Stralsunder Nikolai-Kirche, was ihm die Möglichkeit gab, die Sängerin Clara Werner zu heiraten, mit der er mehrmals Konzerte in Berlin, Pommern und Schlesien gegeben hat. 1871 wurde er an der Universität Greifswald promoviert, mit seiner Dissertation ‚Präliminarien zu einer Kritik der Tonkunst‘, welche sich an der Philosophie Arthur Schopenhauers orientierte. Er zog wieder nach Berlin, wo er als Pianist auftrat und auch für das ‚Musikalische Wochenblatt‘ schrieb. Während eines Aufenthalts in Leipzig lernte er Friedrich Nietzsche kennen, woraus sich eine freundschaftliche Beziehung ergab, die seit 1872 mit einem regen Brief­wechsel von über 15 Jahren zu belegen ist. Nietzsche äußerte sich über Fuchs in einem Brief: „Das ist in allen Problemen der musikalischen Ästhetik der gelehrteste Kopf, den ich kennenlernte, Philosoph und Musiker in Einem, und dabei einer unserer geist­reichsten Schriftsteller.“ (zit. n. Hugo Sočnik, MGG). Die geplante Ausgabe der Briefe von Carl Fuchs an Nietzsche konnte der Musikwissen­schaftler Heinrich Möller (Breslau 1876-1958 Naumburg) nicht mehr abschließen, obwohl diese verschie­dentlich in der Literatur als vorhanden genannt ist – nur die Briefe Nietzsches an Fuchs sind im Druck erschienen.

Durch eine Konzertreise kam Fuchs nach Hirschberg in Schlesien, wo er von 1875 bis 1878 als Dirigent und Musiklehrer tätig war und einen Musikverein gründete. 1879 erfolgte die Berufung nach Danzig, wo er Musiklehrer am Viktoria-Seminar wurde, auch war er 1882/83 Leiter der ‚Danziger Singakademie‘. Außerdem war er seit 1886 Organist an St. Peter und Paul und von 1887 bis 1907 Organist an der Synagoge, sowie Orgel­revisor. Über lange Jahre, von 1886 bis 1920 war er als Musikrezensent der Danziger Zeitung‘, dessen Feuilleton durch ihn überregionale Bedeutung erlangte.

Fuchs hat mit vielen namhaften Persönlichkeiten seiner Zeit in Beziehung gestanden, genannt sei auch der Nietzsche-Freund und Komponist Peter Gast, zu dessen komischer Oper Die heimliche Ehe‘ (uraufgeführt in Danzig 1891) Fuchs ein Thematikon‘ (Lpz. 1890) verfasste. 1904 erhielt er den Titel eines ‚Königlichen Professors‘. Immer wieder hat sich Fuchs um ein größeres Wirkungsfeld bemüht, jedoch scheint das Risiko einer Veränderung für die Existenz seiner Familie mit sieben Kindern zu groß gewesen zu sein und so ist er in Danzig verblieben, wo er 1922 hochgeehrt verstarb.

Lag der Schwer­punkt seiner bedeutungsvollen Tätigkeit wohl auf dem musik­schriftstellerischen Gebiet, so wurde er auch als Pianist mit „Ausdrucksvermögen von imposanter Intensität“ (Riemann) genannt und von Franz Liszt als feinsinniger Pianist gelobt. Nur wenige seiner Kompositionen sind bekannt geworden, romantische Genrestücke für Klavier, wie die Hellas – Klavierstücke über neugriechische Themen op. 1‘ oder An­dachts­lieder für Tempel und Haus‘ (Danzig 1905), 7 Lieder für Sopran‘ sowie 2 Trauungsgesänge‘. Manches ist wohl Manuskript geblieben. Von seinen Schriften seien einige Werke genannt, die zu ihrer Zeit eine gewisse Aufmerksamkeit fanden: Virtuos und Dilettant‘ (Fritsch Leipzig 1871); ‚Die Zukunft des musikalischen Vortrags‘ (2 Bd., Kafemann Danzig 1884), ‚Die Freiheit des musikalischen Vortrags‚ (Kafemann Danzig 1885), Künstler und Kritiker‘ (1898), ‚Takt und Rhythmus im Choral‘ (Schuster & Löffler Berlin 1911). Ebenso sind einige wichtige Aufsätze verschiedener Thematik in bedeutenden Musikzeitschriften zu nennen. Schon früh schloss sich Fuchs den Bestrebungen Hugo Riemanns an, die Notenschrift durch die Bezeichnung der Phrasierung zu verfeinern, auch übertrug er Riemanns Taktmotiv-Anschauung auf die Erkenntnis und Schreibung der evange­lischen Kirchenliedmelodien. Zusammen mit Riemann gab er die Schrift Praktische Anleitung zum Phrasieren (Berlin 1886) heraus. Beachtung fanden die philosophischen Aspekte zu Arthur Schopenhauer und Friedrich Nietzsche in seinen musikästhetischen Schriften.

Nachrufe verfassten u.a. Hugo Sočnik (Zeitschrift für Musik 1922, S. 423) und Hans-Joachim Moser Erinnerungen an Carl Fuchs‘ (Danziger Zeitung 1932). Briefe von Carl Fuchs‘ erschienen 1923 in den Ostdeutschen Monatsheften‘ (IV) und 1938 eine Gedenkschrift in Danzig zum 100. Geburtstag mit einem Altersporträt von 1919 des Danziger Kunstprofessors Fritz Pfuhle. Von seinem Enkel Karl Hans Fuchs ist in Der Deutsche im Osten‘ (I 8 Danzig 1938) der Aufsatz Zum Gedenken an den ostdeutschen Musiker und Philosophen Carl Fuchs‘ erschienen.

Lit.: Hugo Sočnik: Carl Fuchs in MGG Bd. IV Sp. 1076-78. – div Musiklexika. – Werner Schwarz Karl Fuchs, in Neue Deutsche Biographie 5 (1961). – Franz Kessler: Musikgeschichte West­preußens in Werner Schwarz, Franz Kessler, Helmut Scheunchen Musikgeschichte Pommerns, West­preu­ßens, Ostpreußens und die baltischen Lande, Dülmen 1989 S. 100f.

Bild: Karl Fuchs, Zeichnung von Fritz August Pfuhle (MGG)

Helmut Scheunchen