Biographie

Fuss, Michael

Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Botaniker
* 5. Oktober 1816 in Hermannstadt/Siebenbürgen
† 17. April 1883 in Großscheuern/Siebenbürgen

Michael Fuss gedenken wir als einem der gründenden Mitglieder des Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften zu Hermannstadt und vor allem als einem bedeutenden siebenbürgischen Botaniker des 19. Jahrhunderts. Nicht minder beachtenswert aber sind auch seine  Leistungen auf völkisch-schulischem und kirchlichem Gebiet. Michael Fuss wurde am 5. Oktober 1816 in Hermannstadt als der ältere Sohn des Gymnasiallehrers Christian Fuss geboren. Nachdem er hier das Brukenthal-Gymnasium absolvierte, studierte er in Wien Theologie, weil der Besuch deutscher Universitäten damals von der österreichischen Regierung sehr erschwert wurde. Neben seiner theologischen Ausbildung erwarb sich Fuss in Wien auch gründliche philosophische und naturwissenschaftliche Kenntnisse. Für den Lehrerberuf bestens vorbereitet kehrte er 1834 nach Großscheuern/Hermannstadt zurück (wo sein Vater damals Pfarrer war) und übernahm bald danach die Rektorstelle an der Volksschule dieser Gemeinde. Nach seiner Rückkehr begann sich Fuss intensiv der botanischen Erforschung Siebenbürgens zu widmen. 1837 wurde Fuss als Lehrer an das Brukenthal-Gymnasium berufen, an dem er Sprachen und Naturgeschichte mit viel Erfolg unterrichtete. Nachdem sein Vorgänger J. L. Neugeboren einen Leitfaden der Mineralogie für Gymnasien herausgegeben hatte, verfaßte Fuss zur Förderung des Unterrichts ein Lehrbuch der Botanik (1840) und der Zoologie (1845). 1854 wurde er zum Konrektor ernannt und beendete 1861 seine Tätigkeit an dieser Schule infolge seiner Wahl als Pfarrer nach Gierelsau/Hermannstadt. Fuss wurde 1865 Mitglied des Landeskonsistoriums und 1870 zum Superintendentialvikar gewählt. 1878 ging er als Pfarrer nach Großscheuern, wo er am 17. April 1883 unvermutet einer Lungenentzündung erlag.

Fuss hat als Wissenschaftler im Vereinsleben Siebenbürgens eine wichtige Rolle gespielt. Zunächst im Verein für Siebenbürgische Landeskunde, in dem er als Ausschußmitglied in der Vereinsleitung tätig war und dann als gründendes Mitglied in der Leitung des Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften zu Hermannstadt ab 1849, dessen Ziel die naturwissenschaftliche Erforschung Siebenbürgens war. Für die botanische Erschließung Siebenbürgens hatte der Schäßburger Arzt J. Chr. Gottlob Baumgarten mit seiner dreibändigen „Enumeratio stirpium magno Transsilvaniae pricipatui indigenarum …“, Wien 1816, die Grundlage gelegt. Dieses Werk mußte nun vervollständigt werden. Zunächst aber widmete sich Fuss der Herausgabe des vierten Bandes der Flora von Baumgarten, die ihm 1844 vom Landeskunde-Verein aufgetragen worden war. Diesem Band, der die Baumgarten bekannten Cryptogamenarten Siebenbürgens enthält, fügte Fuss ein Namensregister (lateinisch, deutsch u. ungarisch) und eine die ersten drei Bände ergänzende Pflanzenliste hinzu (Mantissa). Bei der Arbeit am IV. Band wurde Fuss erst klar, wie wenig man über die Cryptogamenflora Siebenbürgens damals eigentlich wußte.

Als ersten eigenen Beitrag zur Flora Siebenbürgens veröffentlichte Fuss 1845 im Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde ein Verzeichnis der von ihm in seiner Heimat aufgefundenen Pflanzen, das 319 zum Teil neue Pflanzenarten enthält. 1848 erschien in der gleichen Zeitschrift eine „Alphabetische Zusammenstellung der sächsischen, ungarischen, wallachischen und deutschen Trivialnamen in Siebenbürgen wildwachsender oder allgemein kultivierter Pflanzen“. Im Jahre 1850 entdeckte Fuss während einer Besteigung der Zinne bei Kronstadt eine neue Leberblümchenart, die er als Hepatica transsilvanica Fuss beschrieb. 1854 erschien im Programm des Brukenthal-Gymnasiums sein „Bericht über den Stand der Kenntnis der Phanerogamen-Flora Siebenbürgens mit dem Schlüsse des Jahres 1853“. In dieser Arbeit sind alle seit 1816 neuentdeckten Arten angeführt. Schon zu dieser Zeit begann sich Fuss auch der wenig bekannten Cryptogamen verstärkt zu widmen.

Durch die rege Sammeltätigkeit einheimischer und ausländischer Botaniker wuchs das Wissen um die Pflanzenwelt Siebenbürgens beständig. Immer mehr drängte sich die Herausgabe einer neuen Flora von Siebenbürgen auf. Diese Neufassung der gewonnenen Erkenntnisse verwirklichte Fuss nach jahrzehntelanger Arbeit in seiner „Flora excursoria Transsilvaniae“, die als sein Hauptwerk im Sommer 1866 in Hermannstadt erschien. Auf 864 Seiten sind 3408 Blütenpflanzen und 89 Gefäßcryptogamen angeführt. Genaue Standort- und pflanzengeographische Angaben erhöhen den Wert dieser Arbeit, die in lateinscher Sprache abgefaßt ist. Als weitere Arbeit von Fuss muß dann sein „Herbarium normale Transsilvanicum“ erwähnt werden. Es ist dieses eine Pflanzensammlung, die alle Pflanzenarten Siebenbürgens enthalten sollte. Leider sind von 1862-1872 nur 11 Zenturien, also Belege von 1100 Arten, herausgegeben worden. Das Material für weitere fünf Zenturien ging bei einem Brand zugrunde und ehe es Fuss möglich war, diesen Schaden wiedergutzumachen, starb er. Schließlich sei noch seine Arbeit „Systematische Aufzählung der in Siebenbürgen angegebenen Cryptogamen“ erwähnt, in der er alle bis 1877 bekanntgewordenen Arten dieser Pflanzengruppe zusammengefaßt hat.

Insgesamt veröffentlichte Fuss über 26 Arbeiten vor allem botanischen Inhalts. Beachtenswert ist aber auch seine botanische Sammeltätigkeit. Sein Herbarium umfaßte 26151 Spannbogen. Eine Pflanzensammlung von 9978 Spannbogen erwarb in den Jahren 1878-80 das Brukenthal-Gymnasium. Weitere 4818 Belege hat Fuss für das Normalherbarium gesammelt.

Fuss war außer in den oben erwähnten siebenbürgischen Vereinen auch Mitglied der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien und Ehrenmitglied des naturwissenschaftlichen Vereins Polichia in Dürkheim (Rheinpfalz). Einige Pflanzenarten, die nach ihm benannt wurden (Ustilago fussii Nisl und Allium panniculatum ssp. fussii [Kerner]) erinnern auch heute an seine ungewöhnlichen Leistungen als Botaniker.

Lit.: Bielz, Eduard Albert, 1884: Nekrolog – Michael Fuss. Verh. u. Mitt. d. Siebb. Ver. f. Nat. z. Hermannstadt, 36. Jg., p. 1-9; Teutsch, Georg Daniel, 1884: Denkrede auf Michael Fuss. Archiv f. Siebb. Landeskunde, N.F. 19(3), p. 501-528; Trausch, Joseph, 1868:  Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Sachsen I,  Kronstadt,  p. 391-393; Schuller,  Friedrich, 1902: Michael Fuss. Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen IV, Hermannstadt, p. 126-; 128; Heltmann, Heinz, 1966: Ferdinand Schur und Michael Fuss – zwei bedeutende siebenbürgische Botaniker. Forschungen zur Volks- und Landeskunde 9 (2), Bukarest, p. 118-122.

Heinz Heltmann