Biographie

Gebbel, Franz

Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Politiker, Publizist
* 25. Juli 1835 in Klausenburg/Siebenbürgen
† 17. Mai 1877 in Hermannstadt/Siebenbürgen

Franz Gebbel gehört zu jenen hervorragenden Persönlichkeiten der Siebenbürger Sachsen des vergangenen Jahrhunderts, die nach der Auflösung der mittelalterlichen Verfassung und Privilegien sowie der Verwaltungsautonomie des Sachsenbodens neue völkische Wehrburgen zum Schutz des siebenbürgischen Deutschtums aufbauten. Dazu gehörten in erster Linie die evangelische Kirche und die deutschen Schulen. Die Kirche wurde zu einer nationalen Institution, der wichtige völkische Aufgaben übertragen wurden; sie wurde zu einer wahren Volkskirche, in der „evangelisch“ und „sächsisch“ zu Synonymen wurden. Als wichtigste Trägerin der deutschen Schulen sowie des gesamten siebenbürgisch-sächsischen Kultur- und Vereinslebens erwies sie sich als ein geeigneter und effektiver Hort zur Wahrung der sächsischen Eigenart, und der Bischof übernahm gewissermaßen die Funktion des Sachsenkomes. Außerdem wurden auf genossenschaftlicher Grundlage eine Reihe von wirtschaftlichen Stützen aufgebaut. Die Siebenbürger Sachsen konnten auf diese Weise unter allen deutschen Volksgruppen Südosteuropas die von Ungarn praktizierte Assimilierungspolitik am besten abwehren.

Franz Gebbel entstammte einer angesehenen Familie. Er wurde am 25. Juli 1835 zu Klausenburg geboren, wo sein Vater Gubernialkonzipist, später Expedist-Adjunkt, war. Nach dem frühen Tode des Vaters übersiedelte die Mutter nach Hermannstadt, so daß der Sohn das dortige Gymnasium und anschließend die damalige deutsche Rechtsakademie besuchte. Seine juridischen Studien vervollkommnete er in Wien.

In der österreichischen Metropole kam er in engere Verbindung mit dem Stellvertreter des Sachsenkomes Konrad Schmidt, der ihn mit verschiedenen völkischen Aufgaben betraute. Der Aufenthalt in Wien war insofern auch wichtig, weil in jenen Jahren in der politischen Küche der Habsburgermonarchie die Weichen für die zukünftige Umgestaltung zur österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie (1867) gestellt wurden, was die Auflösung des Großfurstentums Siebenbürgen und dessen Anschluß an Ungarn mit sich brachte. Damit im Zusammenhang kam es zu einer politischen Spaltung der Siebenbürger Sachsen, in die Partei der sogenannten Alt- und Jungsachsen. Während letztere den Standpunkt vertraten, die Vereinigung Siebenbürgens mit Ungarn und die Auflösung des Königsbodens könnten nicht vereitelt werden, sahen die Altsachsen in deren Preisgabe eine Gefahr für die eigene nationale Existenz. Das führte zu heftigen Auseinandersetzungen.

Franz Gebbel übernahm nach seiner Rückkehr in die Heimat im Jahre 1862 die Stelle des Aktuars der evangelisch- sächsischen Landeskirche, um dann 1865 zu deren Sekretär gewählt zu werden. Als zwei Jahre danach Georg Daniel Teutsch zum evangelischen Bischof gewählt wurde, besaßen die Sachsen in den beiden Männern zwei hingebungsvolle und einsatzbereite Persönlichkeiten, die die evangelische Kirche für ihre neuen Aufgaben rüsteten. Schon 1859 hatte Gebbel geschrieben: „Unsere Aufgabe ist es, den Kern festzustellen, um welchen sich die Rechte nationalen Seins sammeln können, um in neuer Form etwas zu leisten, was der alten vergangenen Tüchtigkeit und unserer Geschichte würdig ist und uns fähig macht, auch fernerhin eine Geschichte zu haben, d.h. nach wie vor ein Volk zu bleiben. Dieser Kern aber, das ist meine innerste Überzeugung, ist zunächst der Protestantismus in Kirche und Schule, dann aber unser Deutschtum“.

Gebbel hat sich sodann bleibende Verdienste als Schriftleiter des im Jahre 1868 gegründeten „Siebenbürgisch-Deutschen Wochenblattes“ erworben. Es ging dem Blatt vor allem darum, den Streit zwischen Alt- und Jungsachsen beizulegen, um alle Kräfte für einen gemeinsamen Abwehrkampf zu mobilisieren. Gebbel wurde nicht müde, seinen Landsleuten ins Gewissen zu reden, daß die völkischen Belange über den kleinlich-politischen und ständischen Meinungsverschiedenheiten stünden. Wenn auch vieles von dem, wofür das Blatt als Sprachrohr der Altsachsen stritt, der Magyarisierungspotitik zum Opfer fiel, hat es doch wesentlich dazu beigetragen, ein starkes Nationalbewußtsein wachzuhalten. Dieses Bewußtsein schloß zwei unzertrennbare Komponenten ein: Loyalität gegenüber dem „bürgerlichen Heimatland“, das „Gott den Siebenbürger Sachsen gegeben“, sowie Treue gegenüber dem Deutschtum und Verbundenheit zu dem deutschen Mutterland als der geistigen Heimat von Sprache, Glauben und Bildung.

Aus dem Wochenblatt ist im Jahre 1874 das „Siebenbürgisch-Deutsche Tageblatt“ hervorgegangen. Die Schriftleitung übernahm Dr. Carl Wolff, der bald im politischen und wirtschaftlichen Leben die führende Persönlichkeit der Siebenbürger Sachsen wurde.

Franz Gebbel ist schon am 17. Mai 1877, hochverehrt, aus dem Leben geschieden. Das Denkmal, das seine Volksgenossen ihm 1880 über seiner Grabstätte in Hermannstadt errichteten, trägt die Inschrift „Dem treuesten Sohne der Sächsischen Nation, dem niegebeugten Kämpfer für Recht und Wahrheit“.

Lit.: Friedrich Schuller: Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Sachsen. Bd. 4, Hermannstadt 1902; unveränderter Nachdruck Köln-Wien 1983, S. 129-143; Friedrich Teutsch: Geschichte der Siebenbürger Sachsen für das sächsische Volk. Bd. 3, Hermannstadt 1910, S. 389-462; Franz Gebbel-Feier in Hermannstadt am 18. Mai 1880, Hermannstadt 1880.

Michael Kroner