Biographie

Gentz, Johann Heinrich

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Architekt
* 5. Februar 1766 in Breslau
† 3. Oktober 1811 in Berlin

Johann Heinrich Gentz war der zweite Sohn des Breslauer Münzmeisters Johann Friedrich Gentz, der im Jahr 1779 als Generalmünzdirektor nach Berlin berufen wurde. Johann Heinrich war mütterlicherseits der Cousin des preußischen Prinzenerziehers und Ministers Jean Pierre Frédéric Ancillon. Außerdem war Heinrich der jüngere Bruder von Friedrich von Gentz, dem bekannten Wiener Historiker, Publizisten und en­gen Kollegen des Fürsten von Metternich, der im Jahre 1815 eine bedeutende Rolle auf dem Wiener Kongress spielte. Über seinen Bruder, Ludwig, der das Amt des Kriegsrats im preußischen Finanzministerium einnahm, wurde Heinrich zum Schwa­ger des Architekten Friedrich Gilly.

Heinrich Gentz war Schüler des Architekten Karl von Gontard und des Zeichners Johann Christian Hoppenhaupt. Er lernte im Umfeld von Asmus Jakob Carstens, J. F. A. Tischbein und Philipp Hackert und erhielt im Jahre 1790 ein Stipendium für einen Aufenthalt über fünf Jahre in Italien. Gentz lebte dort von 1790 bis 1795, unter anderem dreieinhalb Jahre lang in Rom. In dieser Zeit reiste er nach Sizilien und Neapel und studierte dort vor allem die antike Kunst. Mit den Bauaufnahmen griechischer Tempel in Sizilien und Paestum beeinflusste Gentz nachhaltig die Entwicklung der Baukunst aus dem dorischen Baustil der Antike. Gentz hielt sich in den fünf Jahren auch in Paris und London auf und beschäftigte sich dort mit der modernen, zeitgenössischen Architektur.

In der deutschen Baukunst des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts entwickelte sich Johann Heinrich Gentz zu einem der Hauptmeister des von seinem Schwager Gilly initiierten strengen Klassizismus. Er trat für eine Erneuerung der Baukunst ein und bediente sich dabei vor allem der von ihm intensiv studierten Formen der griechischen Antike. Als Vorgänger des berühmten Berliner Architekten Karl Friedrich Schinkel entpuppte sich Gentz somit als einer der Vorläufer und Wegbereiter des Klassizismus in Preußen.

Seit 1795 bekleidete Heinrich Gentz die Position des Oberhofbauinspektors in Berlin. Ein Jahr später wurde er Professor an der dortigen Akademie der Künste, wo er vor allem das Fach Städtebau erfolgreich unterrichtete. Seit 1799 lehrte Gentz an der von ihm mitbegründeten Bauakademie in Berlin.

Ganz im Sinne seines Vaters, der regelmäßige freundschaftliche Kontakte zu Immanuel Kant, Gotthold Ephraim Lessing, Christian Garve und Moses Mendelssohn gepflegt hatte, stand auch sein Sohn Heinrich in enger Verbindung zu bekannten Persönlichkeiten wie beispielsweise Johann Wolfgang von Goethe, Christian Wieland und Friedrich Schiller. Im Jahre 1801 erwirkte Goethe die Freistellung von Gentz an der Berliner Aka­demie und veranlasste die Fortsetzung seiner baukünstlerischen Tätigkeit für Herzog Carl August in Weimar, wo er sich auf den Bau des Residenzschlosses konzentrierte.

Seit dem Jahr 1803 hielt sich Gentz wieder in Berlin auf und wurde Mitglied des Senats der Kunstakademie. In dieser für Heinrich künstlerisch und pädagogisch intensiven beruflichen Zeit publizierte er seine erfolgversprechenden Beiträge zum Elementarzeichenwerk. Sechs Jahre später wurde Heinrich Gentz nach vierjähriger ordentlicher Senatsmitgliedschaft zum Sekretär der Akademie ernannt. Bereits 1810 wurde Gentz zum ersten Direktor der neu eingesetzten Berliner Schlossbaukommission berufen. In diesem Jahr realisierte er gemeinsam mit Wilhelm von Humboldt und dem ihm schon aus Italien bekannten Archäologen Aloys Hirt die Einrichtung des Prinz-Heinrich-Palais zur Universität. Überdies trat er der Gesetzlosen Gesellschaft in Berlin bei.

Gentz beteiligte sich an verschiedenen Wettbewerben für ein Denkmal von Friedrich dem Großen in Berlin und gestaltete bedeutende städtebauliche Entwürfe. Nach einer Zeichnung von 1791 erschien fünf Jahre später der Plan, der auch einen Rundtempel am Opernhaus zeigte. Diesem folgte 1806 ein weiterer Entwurf, der jedoch nie verwirklicht wurde.

Zu den von Heinrich Gentz in den folgenden Jahren ausgeführten Hauptwerken zählt auch die 1888 nach einem Brand abgerissene, von 1798-1800 errichtete Königliche Neue Münze am Friedrichwerderschen Markt in Berlin, die er in der Sammlung nützlicher Aufsätze und Nachrichten eindrücklich beschrieben hatte und in die auch die Bauakademie und das Oberbaudepartment integriert wurden. Ferner gehören zu seinen entscheidenden Baudenkmalen das anno 1800 erbaute Grabmal für Friedrich Gilly sowie der 1802-04 im dekorativen Stil erfolgte Umbau des Treppenhauses und Festsaals des großherzoglichen Schlosses in Weimar.               Nicht zuletzt stellen das 1802 errichtete Theater in Bad Lauchstädt, das im Jahre 1810 nur zum Teil ausgeführte und 1945 ausgebrannte Prinzessinnen-Palais in Berlin sowie das um 1803/04 konstruierte Reit- und Schießhaus in Weimar entscheidende Architekturentwürfe von Heinrich Gentz dar. Der Bibliotheksanbau und der Ausbau des Stadthauses wie auch das in den Jahren 1804 bis 1808 mit David Gilly errichtete Gutshaus Beyme in Berlin-Steglitz und der im gleichen Jahr 1810 praktizierte Hörsaalentwurf für die Universität im Berliner Prinz-Heinrich-Palais gehören zu weiteren Bauanlagen des preu­ßischen Architekten, die er im be­ginnenden 19. Jahrhundert verwirklichte.

Schließlich zählen die Ausführung des Kopfbaues des Berliner Prinzessinnenpalais mit Brücke zum Kronprinzenpalais aus den Jahren 1810/11, in dem nurmehr der mit den strengen Pilastern versehene Frontbau errichtet wurde, sowie schließlich das im gleichen Jahr ausgebaute und später von Schinkel erweiterte Mau­soleum der Königin Luise im Charlottenburger Schlosspark zu den von Heinrich Gentz eigenständig durchgeführten Baukonstruktionen.

Auch diverse Schriften und Briefe von Johann Heinrich Gentz haben sich erhalten. Sie erschienen in der von ihm selbst im Jahre 1795 herausgegebenen Monatsschrift. So etwa die aus diesem Jahr stammenden Briefe über Sizilien, die drei Jahre später verfassten Beschreibungen der für das Huldigungsfest bestimmten und ausgeführten Verzierungen und die Schilderungen des neuen Königlichen Münzgebäudes. Nicht zuletzt seien zu erwähnen die Skizzen und Aufzeichnungen seiner Reisen nach Rom und Sizilien in den Jahren 1790-95.

Lit.: Adolph Doebber (Hrsg.), Heinrich Gentz, ein Berliner Baumeister um 1800, Berlin 1916. – Schmitz, Berliner Baumeister, 1925. – M. Kühn-Busse, Der erste Entwurf für einen Berliner Museumsbau 1796, in: Jhb. d. preuß. Kunstslgg. 59, 1938, S. 116ff. – M. Kühn, Schloss Charlottenburg, 1955, S. 97f. – Der Kunst-Brockhaus, Bd. 3, Mannheim, Wien, Zürich 1987. – Michael Bollée, Heinrich Gentz (1766-1811). Eine Untersuchung zur Architekturdiskussion in Berlin um 1800, Diss., FU Berlin, Berlin 1988. – Lothar Hyss, Der Wiederaufbau des Weimarer Residenzschlosses in den Jahren 1789-1803. Unter besonderer Berücksichtigung des Beitrages von Heinrich Gentz, Wei­mar 1996. – Rolf Bothe, Dichter, Fürst und Architekten. Das Weimarer Residenzschloss vom Mittelalter bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts, Ostfildern-Ruit 2000. – Cord-Friedrich Berghahn, Wiedergeburt der Architektur. Heinrich Gentz und Friedrich Gilly als europäische Klassizisten in Berlin, in: Berichte und Abhandlungen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 10, 2006, S. 273-305. – Wikipedia. Die freie Enzyklopädie, Heinrich Gentz, 2012.

Bild: Getuschte Zeichnung von G. von Kügelgen, 1795. Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Gentz

Ulrike Gentz