Biographie

Gnirs, Anton

Vorschaubild
Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Archäologe
* 18. Januar 1873 in Saaz/Böhmen
† 10. Dezember 1933 in Elbogen bei Karlsbad/Böhmen

Anton Gnirs entstammte einer Ende des 18. Jahrhunderts aus dem Lande Baden über Wien nach Prag zugewanderten Familie. Er besuchte das traditionsreiche, aus einer alten Lateinschule hervorgegangene Gymnasium in Komotau und studierte an der Prager Deutschen Universität klassische Altertumswissenschaft, Archäologie, Geschichte und Geographie. In den „Prager Studien“, einer Schriftenreihe der Universität, erschien 1898 die erste Veröffentlichung „Das östliche Germanien und seine Verkehrswege in der Darstellung des Ptolemäus“ als Beitrag zur Geographie des Altertums.

1899 ging Gnirs zur k. u. k. Marine und unterrichtete zunächst an deren Schule in Pola Geographie und Geschichte. Er begann bald sich der Erforschung istrischer Geschichte und ihrer unbekannten Denkmäler zuzuwenden und wurde 1902 von der k. k. Zentralkommission für Kunst- und Denkmalpflege in Wien zum Konservator ernannt. 1903, im Jahr seiner Promotion, erfolgte die Ernennung zum o. Mitglied des Archäologischen Instituts in Wien. Noch im gleichen Jahr befaßte er sich mit archäologischen Studien in Griechenland, Kleinasien, Italien und begann systematische Untersuchungen auf der Insel Brioni, die u. a. zur Aufdeckung einer ausgedehnt angelegten römisch-hellenistischen Luxusvilla führten. Ab 1909 war Gnirs vom k. k. Kultusministerium mit der historisch-geographischen Landesdurchforschung des Österreich. Küstenlandes betraut, nahm die Aufgaben und Interessen der Wiener Zentralkommission und des österreichischen archäologischen Instituts in Istrien wahr und wurde zum Direktor der Staatlichen Antikensammlungen in Pola berufen.

Die reichen Forschungsergebnisse aus einem Zeitraum von Frühgeschichte bis zur Dogenzeit Venedigs wurden in zahlreichen Abhandlungen und Berichten in den Jahresheften, Mitteilungen und Jahrbüchern der Wiener Staatsinstitute fortlaufend veröffentlicht. Daneben widmete sich Anton Gnirs bis 1918 auch der Erforschung früher christlicher Baudenkmäler, deren auffallende Beziehungen zu der ländlichen Baukunst der Römer er feststellen konnte. Noch während des Krieges konnte er in Aquileia die monumentalen Mosaikflächen der Basilika freilegen, eine christliche Kultanlage aus konstantinischer Zeit aufdecken und die Ergebnisse veröffentlichen. 1915-1918 war Gnirs auch der für die ehemaligen Herzogtümer Kärnten und Krain zuständige Landeskonservator, er sicherte während des Ersten Weltkrieges die Kunstschätze in den durch die Isonzofront gefährdeten Gebieten und war Landesbeirat für den Wiederaufbau der Grafschaft Görz und Gradisca.  Nach Kriegsende wurde er zur Dienstleistung bei der Waffenstillstandskommission in Wien verpflichtet. Er kehrte in sein Heimatland Böhmen zurück, das nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie dem inzwischen neu gebildeten Staat T. G. Masaryks zugehörte. 1920 wählte er Elbogen bei Karlsbad zu seinem Wohnsitz und begann von neuem mit Unterricht von Geschichte und Geographie. Das tschechoslowakische Kultusministerium ermöglichte dem Gelehrten jedoch bald die Aufnahme seiner wissenschaftlichen Tätigkeiten. Sie bezogen sich vorerst auf ein Gebiet, das das sog. „Bäderdreieck“  Karlsbad-Marienbad-Franzensbad einschloß. Als eine der ersten Veröffentlichungen lag 1925 das Buch „Karlsbad in seiner ältesten Vergangenheit. Überlieferungen, Denkmale und Urkunden“ vor. 1926 folgte „Eine Bergchronik der Städte Schlaggenwald und Elbogen“, 1927 als Band XLIII der „Topographie der historischen und Kunst-Denkmale in Böhmen“ „Der politische Bezirk Elbogen“. Schon 1925 war die Berufung an das Staatl. Archäologische Institut in Prag als o. Mitglied erfolgt, von dem Anton Gnirs mit der Untersuchung römischer Einrichtungen im südmährischen Limes-Vorland und in der Slowakei beauftragt wurde. Über die aufsehenerregenden Grabungen und ihre Ergebnisse hat Gnirs anläßlich der Jahrhundertfeier des Deutschen Archäologischen Instituts, zu dessen o. Mitgliedern er zählte, in Berlin Vortrag gehalten. Dieser wurde im „Bericht über die Jahrhundertfeier“ des Instituts 1929 zum Abdruck gebracht. Zu den bis zu seinem plötzlichen Tode vorliegenden Veröffentlichungen gehörten 1932 Band L zur „Topographie“ Böhmens, „Die Bezirke Tepl und Marienbad“ und noch 1933 „Das ehemalige herzoglich sächsisch-lauenburgische und markgräfliche badische Amtsarchiv aus dem Schlosse zu Theusing in Böhmen“. Er war Inhaber hoher in- und ausländischer Auszeichnungen.

Lit.: J. Durm, Handbuch der Architektur, Stuttgart 1905; M. Rostovzeff, Social and Economic History of the Roman Empire, 1926; R. Hemmerle, Professor Dr. Anton Gnirs, in: Prager Nachrichten / Alma Mater Pragensis, Nr. 11/12-XXIV, München 1973; Bibl. in: H. v. Petrikovits/A. Gnirs, Hrsg. Anton Gnirs, Beiträge zur Geschichte und Geographie Böhmens und Mährens in der Zeit des Imperium Romanum. Verlag Wiss. Archiv. Bonn, 1976.