Über Godullas Herkunft gibt es widersprüchliche Berichte. Während bei dem Schriftsteller und seinerzeitigem Lehrer an der Oberschlesischen Bergschule Robert Kurpiun nachzulesen ist, daß er „als Sohn eines ländlichen Arbeiters oder Kleinbauern“ geboren wurde, schreibt Alfons Perlick, daß er als Sohn des Jägermeisters Joseph Godulla und seiner Ehefrau, geb. Hanisch, aus Randsdorf das Licht der Welt erblickt habe. Seit 1793 sei er Schüler des Gymnasiums der Jesuiten in Rauden (südlich von Gleiwitz) gewesen und 1808 durch Carl Franz von Ballestrem zum Verwalter der Gräflich Ballestrem’schen Güter und Industrieunternehmungen bestellt worden. Demgegenüber stellt Kurpiun zu Godullas Werdegang fest, daß er „als einziges Glied seiner Familie nach deren plötzlichem vollständigem Aussterben von der gräßlichen Cholera verschont geblieben“ und nach jahrelangem ziellosen Herumirren in die Dienste eines Gastwirts zu Tost (südöstlich von Groß Strehlitz) getreten und dort Graf Ballestrem gelegentlich einer Durchreise aufgefallen sei. „Der habe den flinken, klugen Burschen mit auf sein Schloß genommen, ihn mit seinen Söhnen zugleich erziehen und einen guten Landwirt und Forstmann aus ihm machen lassen“, ehe er ihn zu seinem Verwalter bestellte.
Godullas Laufbahn als Unternehmer begann, nachdem Carl Franz von Ballestrem, der durch seinen Verwalter veranlaßt worden war, sich dem Zinkbergbau zuzuwenden, diesen durch die Übereignung von 28 Kuxen 1815 an der im übrigen sehr ertragreichen Gräflich Ballestrem’schen Carls-Zinkhütte beteiligt hatte. So konnte er die finanzielle Voraussetzung für den Erwerb und den Ausbau seiner späteren Industrieunternehmung sowie seines ausgedehnten Grundbesitzes schaffen. Als Godulla sich 1823 unter Beibehaltung seiner Stellung beim Grafen Ballestrem selbständig machte, galt sein Interesse vor allem dem Erwerb von Zinkerz- und Steinkohlefeldern. In der Tarnowitzer Erzmulde blieb ihm der Erwerb von Zinkerzfeldern versagt, da der Staat sämtliche dort noch unbelehnten Felder für sich nutzte und die privaten Eigentümer von Galmei[Zinkspat-] gruben an einer Veräußerung ihres Besitzes nicht interessiert waren. Daher begann Godulla insgeheim mit Schürfarbeiten westlich von Beuthen, weil er hier eine Fortsetzung der Haupterzmulde vermutete. Seine Vermutung erwies sich als zutreffend, denn auf dem Grund und Boden des Besitzers des Rittergutes Miechowitz, Franz von Aresin, stieß er auf den vermuteten Gegenflügel der Tarnowitzer Erzmulde. Godulla erreichte eine Übereinkunft mit Franz von Aresin, wonach dieser ihm gegen „Halbpart“, d. h. gegen gleichen Anteil, den Bergbau auf Galmei bzw. Zinkerz erlaubte. Über Jahrzehnte hinweg brachtedie daraufhin errichtete Grube, die Mariengrube, reichen Gewinn.
Die erfolgreichen Mutungen sowie die Erträge aus der Mariengrube eröffneten Godulla die Möglichkeit, Zinkerz- und Steinkohlegruben in beträchtlicher Zahl zu errichten. Um deren Entwicklung und Lebensfähigkeit einschließlich der angeschlossenen Zinkhütten, die Godulla zur Verarbeitung der Zinkerze aufbaute, zu sichern, war er bemüht, auch die Güter in seinen Besitz zu bringen, auf denen seine Produktionsstätten lagen. Daher war er schließlich Eigentümer von sechs Rittergütern: Bobrek, Orzegow, Schomberg, Ober-, Mittel- und Nieder-Bujakow, wodurch er zu einem der bedeutendsten Grundbesitzer des oberschlesischen Zentralreviers avancierte. Das durch ihn geschaffene Industrieimperium umfaßte 18 Zinkerzbergwerke, vier Zinkhütten und 40 Steinkohlengruben. Sie befanden sich entweder vollständig oder teilweise in seinem Besitz.
Mit welchen Schwierigkeiten Godulla beim Aufbau und der Sicherung seines Industriebesitzes zu kämpfen hatte, verdeutlichen die folgenden Tatsachen: Zwar waren die Jahre von 1820 bis 1826 eine Zeit der Hochkonjunktur, doch dann flaute sie ab. Das Jahr 1829 markiert einen Tiefpunkt mit katastrophalen Absatzeinbrüchen; zahlreiche Unternehmen brachen zusammen. Auch in den folgenden Jahren blieb der Zinkmarkt instabil. Die Zahl der Zinkhütten verringerte sich dementsprechend. Von den 71 Galmeigruben des Jahres 1826 standen 1840 nur noch 21 in Betrieb, wovon sich allerdings 16 im Besitz Godullas befanden.
Daß Karl Godulla, der wegen seines Engagements in der Rohzinkgewinnung und -verarbeitung den Beinamen „Zinkkönig“ erhielt, die Rezessionszeit von 1826 bis 1840 weitgehend unbeschadet überstand, hat man maßgeblich seiner besonnenen Geschäftspolitik zugeschrieben: „Für waghalsige Spekulationen war er nie zu haben … [Er] übersah alles, wußte alles. Er ließ sich nie in ein Unternehmen ein, wenn er ihm finanziell nicht aus eigenen Kräften gewachsen war. Fremdes Kapital zog er nicht heran, sorgte vielmehr dafür, jederzeit so große Summen schnell verfügbar zu haben, wie er sie brauchte. Deshalb standen auch alle seine Unternehmungen auf sicheren Füßen“ (Robert Kurpiun).
Was den Umfang und damit den Wert des Godulla’schen Besitzes, vor allem des immobilen, betrifft, so ist es schwierig, ihn in Zahlen zu fassen. Man vermag sich eine Vorstellung davon zu machen, wenn man sich sein Ausmaß zu verdeutlichen versucht. So umfaßte das Rittergut Bobrek 617 Morgen Acker, 72 Morgen Wiese, 10 Morgen Garten, 69 Morgen Weideland und 554 Morgen Wald, während die Rittergüter Schomberg undBujakow einen Umfang von 1.300 bzw. 3.398 Morgen hatten.
Es erstaunt nicht, daß Godulla, der aus einfachen Verhältnissen heraus einen sagenhaften Aufstieg geschafft hatte, als eine außergewöhnliche Erscheinung betrachtet wurde, und dies um so mehr, als in Oberschlesien der Industrialisierungsprozeß im wesentlichen das Werk des Adels und des Staates war. Da Godulla kinderlos geblieben war, hatte er die Tochter eines Bergmanns aus Zaborze-Poremba im Kreis Zaborze, Johanna Gryczik, zur Alleinerbin seines Besitzes eingesetzt. Durch Heirat mit Graf Hans Ulrich von Schaffgotsch im Jahre 1858gelangte das Vermögen Johannas an die gräfliche FamilieSchaffgotsch. Die Braut war kurz vor ihrer Hochzeit unter demNamen von Schomburg-Godulla in den erblichen preußischen Adelsstanderhoben worden, damit der Bräutigam nicht nur eine sehr wohlhabende, sondern auch ebenbürtige Frau bekäme.
Der während einer Reise nach Breslau verstorbene Karl Godulla fand seine Ruhestätte auf dem Breslauer St. Adalbert-Friedhof. Im Jahre 1909 wurden seine sterblichen Überresteumgebettet und in der Kirche von Schomberg (Kreis Beuthen) beigesetzt. Daß sich um den als ernst, streng und verschlossen geltendenUnternehmer und Großgrundbesitzer Godulla, der im preußischen Ständestaat aus einfachen Verhältnissen kometenhaft aufgestiegen war, alsbald Sagen rankten, ist nachvollziehbar.
Lit.: M. Janitzek: Karl Godulla, in: Oberschlesien II (1903/04), S. 735 ff. – J. Kania: Zur hundertjährigen Geschichte des ehemaligen Godullaschen Besitzes, in: Kohle und Erz (1909), Sp. 821 ff. und 841 ff. – „Die oberschlesischen Fugger“ (Winkler und Godulla), in: Zs. Schlesien IV (1910/11), S. 437 ff. – Das historische Dreigestirn am Werdehimmel der Großindustrie Oberschlesiens: Georg von Giesche, Karl Godulla, Franz Winkler, in: Schlesischer Musenalmanach VI (1920), S. 119 ff. – L. Bitta: Karl Godulla, in: Oberschlesien I (1924), S. 41 ff. – F. Macha: Karl Godulla in der Beuthener Stadtgeschichte, ebd., Nr. 7. – Lerche: Noch etwas über Karl Godulla (1781-1848), in: Aus dem Beuthener Lande I (1924), S. 154. – E. Czmok:Was man sich in Oberschlesien von Karl Godulla erzählt, ebd. S.151 f. – „Die letzte Ruhestätte von Karl Godulla“ (in der Kirche zu Schomberg), ebd. II (1925), S. 124 – R. Kurpiun: Karl Godulla. Der Lebensaufstieg eines Schesiers aus eigener Kraft, in: Schlesierjugend (1926), S. 54 ff. – „Festschrift zur goldenen Hochzeit des Herrn Hans Ulrich Grafen Schaffgotsch auf Schloß Koppitz und der Frau Gräfin Johanna geb. Gryczik von Schomburg-Godulla am 15.XI. 1908, Beuthen 1908“ (Als Manuskript gedruckt). – R. Kurpiun: Das Schwarze Weib, Stuttgart51920. – ders.: Karl Godulla, in: Schlesische Lebensbilder III (21985), S. 190-194. – Alfons Perlick: Karl Godulla, in: Landeskunde des oberschlesischen Industriegebietes. Ein heimatwissenschaftliches Handbuch, Breslau 1943, S. 382. – P. Francke: Wer war Godulla, in: Der Oberschlesier 18 (1936), S. 84-88. – H. Lachotta: Kohle, Zink und Eisen (1941), S. 43 ff. – J. Ender: Bajka i prawda o Godulin [Dichtung und Wahrheit über Godulla], in: Slásk 2 (1947), S. 1819. – A. Perlick: Oberschlesische Berg- und Hüttenleute. Lebensbilder aus dem oberschlesischen Industrierevier, Kitzingen 1953, S. 52, 53, 58, 241.
Konrad Fuchs