Biographie

Grzimek, Bernhard

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Tierarzt, Autor
* 24. April 1909 in Neisse/Oberschlesien
† 23. März 1987 in Frankfurt/Main

„Guten Abend meine lieben Freunde. Heute habe ich Ihnen wieder einen besonders possierlichen Kameraden mitgebracht.“ Wenn Prof. Dr. Bernhard Grzimek seine Fernsehzuschauer begrüßte, waren die Straßen leergefegt. Ein Platz für Tiere wurde von 1956 bis 1987 ausgestrahlt und war die erfolgreichste Dokumentarserie aller Zeiten. Doch Bernhard Grzimek war weit mehr als ein nett plaudernder Fernsehonkel. Er war ein Vorreiter für den Umweltschutz, als Begriffe wie „Naturschutz“ oder „Ökologie“ noch fremd waren. Sein unermüdliches Engagement machte ihn weltbekannt; auch heute noch ist sein Einfluss unverkennbar.

Bernhard Grzimek wurde am 24. April 1909 als Sohn von Margot (geb. Wanke) und Justizrat Paulfranz Grzimek in Neisse/ Oberschlesien geboren und war das jüngste von sechs Geschwistern. Er hatte bereits als Kind großes Interesse an Tieren und brachte etwa Frösche oder Igel mit in den Unterricht. „Igel“ wurde sein Spitzname. Er machte ihn zeitlebens zu seinem Markenzeichen. Schon in seiner Jugend züchtete er Geflügel, wie die Antwerpener Bartzwerghühner, und schrieb mit 15 Jahren sein erstes Buch. Im Laufe seines Lebens kamen über 40 Bücher und unzählige Artikel hinzu. Grzimeks Tierleben, an dem über 200 Wissenschaftler mitgewirkt haben, ist noch heute von großer Bedeutung.

1928 begann er sein Studium der Tiermedizin in Leipzig. Nach einem Semester wechselte er nach Berlin, wo er das Bauerngut seines Cousins 2. Grades bewirtschaften konnte. Mit dem Anbau von Gemüse und einer Hühnerfarm finanzierte der schon jetzt als Geflügelfachmann geltende Grzimek sein Studium. 1932 legte er nach kürzester Studienzeit sein Staatsexamen ab. Anschließend promovierte er.

Noch als Student hatte Grzimek am 17. Mai 1930 Hildegard Prüfer geheiratet. Er hatte mit ihr die leiblichen Söhne Rochus (* 11. August 1931) und Michael (* 12. April 1934); ferner den Adoptivsohn Thomas (* 2. Dezember 1950).

Nach dem Studium arbeitete Grzimek im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Berlin an der Durchsetzung der Eierverordnung, die die Qualität deutscher Eier verbessern sollte. Er erreichte, dass bereits 1936 nur noch 0,001 % der Eier verdorben waren, statt vormals 4 %.

Grzimek ahnte früh, dass Hitler einen Krieg führen würde. Er machte eine zweimonatige Grundausbildung, die es Tierärzten ermöglichte, als Veterinär-Offizier zu dienen. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, war er im Polenfeldzug für die Pferde zuständig. Anschließend pendelte er zwischen Reichsernährungsministerium und Wehrmacht, wo er etwa kriegswichtige tierpsychologische Untersuchungen an Pferden durchführte. Er erforschte ihr Rückfindevermögen, indem er sie in ihnen unbekannter Umgebung aussetzte. Doch sie fanden nicht zurück in den Stall, sondern liefen in umliegende Dörfer.

1941 erschien Grzimeks erstes populärwissenschaftliches Buch Wir Tiere sind ja gar nicht so!, in dem er seine Erfahrungen mit den Tieren in seinem Haus und Garten beschrieb. Zu seinem Privatzoo zählten etwa Schimpansen und Orang-Utans, die er aus dem zerbombten Berliner Zoo aufnahm, und Wölfe, deren Sozialverhalten er untersuchte. Bei einem Spaziergang mit dem zahmen Wolf „Dschingis“ traf Grzimek die Regisseurin Leni Riefenstahl, die gerade einen Wolf für die Verfilmung der Oper Tiefland suchte. Grzimek übernahm die Dressur und „Dschingis“ spielte in dem Film mit.

Grzimeks Familie verbrachte die letzten Kriegsjahre im Allgäu. Doch auch er fühlte sich in Berlin nicht mehr sicher. Auf einem LKW floh er nach Detmold und weiter mit dem Fahrrad nach Frankfurt. Dort traf er sich mit Wilhelm Hollbach, dem Schriftleiter des Illustrierten Blatts, für den Grzimek regelmäßig Artikel schrieb und der von der amerikanischen Militärregierung zum Oberbürgermeister ernannt worden war. Grzimek erhielt die Erlaubnis, den zerstörten Zoo wieder aufzubauen, solange er keine öffentlichen Mittel benötigte. Zum 1. Mai 1945 ernannte Hollbach ihn zum Direktor; bereits am 1. Juli 1945 wurde der Zoo wieder eröffnet. Mit Karussells, Tanzveranstaltungen und andere Vergnügungen lockte Grzimek die Besucher in den Zoo. 1950 rief er die 1915 aufgelöste Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF) wieder ins Leben, um Spenden für den Zoo und später für Nationalparks in Afrika zu sammeln. Heute ist sie eine international tätige Naturschutzorganisation, die in 30 Ländern rund 70 Projekte betreut.

Grzimek baute den Zoo zu einem bedeutenden Tiergarten auf. Um Tiere für den Zoo zu fangen – was damals noch üblich war – und ihr Verhalten in Freiheit zu beobachten, reisten Bernhard und sein Sohn Michael 1951 erstmals nach Afrika. Ihre Erlebnisse führten zu einem unermüdlichen Engagement für die afrikanische Tierwelt. 1954 erschien das Buch Kein Platz für wilde Tiere. Der gleichnamige Film (1956) zeigte in Deutschland erstmals die Probleme der Wildtiere Afrikas. Einen Teil des eingespielten Geldes investierten Vater und Sohn in die Erforschung der Wanderwege der großen Serengeti-Tierherden. Um die Weite der Serengeti überblicken zu können, benutzten sie das legendäre zebragestreifte Flugzeug „D-ENTE“. Über ihre Untersuchungen, mit denen sie den Grundstein für die moderne Naturschutzarbeit legten, berichteten 1959 das Buch und der Film Serengeti darf nicht sterben. 1960 wurde er als erster deutscher Film nach dem zweiten Weltkrieg mit dem Oscar ausgezeichnet.

Das Serengeti-Projekt forderte jedoch einen hohen Preis: Michael Grzimek kam am 10. Januar 1959 beim Absturz des Flugzeugs ums Leben. Er hinterließ seine Frau Erika, die zwei Söhne Stephan und Christian und einen zutiefst getroffenen Vater. Michael wurde am Rande des Ngorongoro Kraters beigesetzt.

Grzimek engagierte sich nicht nur in Afrika, sondern weltweit. Im eigenen Land wurde er unter Bundeskanzler Willy Brandt 1969 zum Sonderbeauftragten für den Natur- und Landschaftsschutz; diese Themen waren neu in der Politik. 1970 war er an der Gründung des ersten deutschen Nationalparks Nationalpark Bayerischer Wald beteiligt. Und auch nach seiner Pensionierung 1974 war er für die Umwelt aktiv. So zählte er 1975 zu den Mitbegründern des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland). Jährlich begutachtete er die Projekte in Afrika und trieb hierfür Gelder ein.

Privat zog es ihn nach Unterfranken in Bayern, wo er eine Araber-Pferdezucht unterhielt. Seine erste Ehe zerbrach. 1978 heiratete er Michaels Witwe Erika und verbrachte mit ihr seinen Lebensabend. Am 13. März 1987 starb Bernhard Grzimek während einer Tigervorführung im Zirkus Althoff in Frankfurt. Seine Urne wurde neben seinem Sohn am Ngorongoro Krater beigesetzt.

Bernhard Grzimek war ein gleichermaßen entschlossener wie unbequemer Naturschützer und hat viel bewirkt. Es ist sein Verdienst, dass die großen Tierherden noch immer durch die Serengeti ziehen und sich seither ganze Generationen für die Natur und ihren Schutz interessieren.

Lit.: Bernhard Grzimek, Auf den Mensch gekommen, Gütersloh 1974. – Claudia Sewig, Der Mann, der die Tiere liebte, Bergisch-Gladbach 2009.

Bild: hr-Historisches Archiv.