Biographie

Guggenbichler, Dietmar Karl

Herkunft: Banat
Beruf: Privatdetektiv, Sicherheitsexperte
* 29. Juli 1942 in Wels/ Österreich
† 17. Januar 2016 in Klagenfurt/ Österreich

Dietmar Karl Guggenbichler war ein zunächst in Deutschland und der Schweiz, dann in Österreich arbeitender, zahlreiche Kriminalfälle aufdeckender Privatdetektiv. Sein Wirken zündete die größten Skandale im Österreich der Nachkriegszeit.

Er war der Sohn der russischstämmigen Mutter Tatjana Batalov und des aus Stefansfeld im jugoslawischen Banat stammenden Donauschwaben Nikolaus Sellman. Dort wuchs der Junge in der Obhut der Großeltern auf und verbrachte eine glückliche Kindheit, während der Vater freiwillig an der Ostfront kämpfte und die Mutter im Welser Hotel Greif dienstverpflichtet war. Als im Oktober 1944 der Terror der titoistischen Partisanen alle Deutschen Jugoslawiens enteignete, verfolgte und fast vollständig ausrottete, verloren auch die Sellmanns Hab und Gut und wurden im Vernichtungslager Rudolfsgnad interniert. Traumatisch haben sich dem Jungen die existenzbedrohenden Zustände im besetzten Stefansfeld, dann im Lager und im Herbst 1947 während der Flucht nach Österreich eingeprägt. Sein Vater kam aus dem Krieg nicht heim, er wurde von den Nazis hingerichtet. Seine Mutter heiratete im Frühjahr 1947 erneut. Den Stiefvater Guggenbichler in Wels, dessen Namen ihm dann verliehen wurde, hielt der Jugendliche jahrelang für den leiblichen Vater. Er durchlief nach der Entlassung von der Hauptschule in Wels 1956 für seine vier nächsten Lebensjahre sieben verschiedene Einrichtungen für Renitente und schwer Erziehbare, wo er sich durch Schlägereien Respekt zu verschaffen, Platzhirsche zu degradieren und Schwächere zu schützen pflegte. Die Angst vor Ausbeutung und Gewalt sowie der Durst nach Gerechtigkeit für sich und andere wurden in seinem Leben ein Leitmotiv.

Seine Lehr- und Wanderjahre führten ihn nach Frankfurt a.M., wo er US-Air-Polizist wurde, eine Ausbildung im Schießen machte und 1962 für ein Jahr nach New York zur Metropolitan Police ging. Im September 1963 heiratete er Maria Zettel in Rottenburg. Die Töchter Marion und Katharina kamen 1964 und 1968 zur Welt. Er schlug sich als Verkaufsleiter durch, betätigte sich als Koch, wurde Versicherungskaufmann. Aber die Unvereinbarkeit zwischen seinem unsteten Charakter und dem häuslichen, auf Sicherheit bedachten seiner Frau führte nach elf Jahren die Scheidung herbei.

Nach dem Besuch der Hotelfachschule in Konstanz arbeitete er in der Gastronomie in Baden-Württemberg, bevor er drei Jahre lang bei dem berühmt-berüchtigten Unterweltkönig Georg Reicheneder Generalbevollmächtigter für fünf Nachtlokale wurde, die er auf Vordermann brachte. Auch im katalanischen Cambrils arbeitete er als Küchenchef, geriet 1973 in eine Schießerei und kam vier Monate lang in Madrid in Untersuchungshaft, bis seine Eltern ihn freikaufen konnten.

Danach kümmerte er sich eine Zeitlang um die Ausbildung von ETA-Separatisten in den Pyrenäen. Junge Leute trainierte er im Schießen und Nahkampf und lieferte ihnen Waffen, vor allem Maschinenpistolen aus der Schweiz und Frankreich. Er wurde verhaftet und saß in Perpignan und Paris ein, kam aber durch „Spezialfreunde“ schon nach drei Monaten frei.

Im Februar 1976 lernte der Hotelkaufmann die aus Huttwil im Kanton Bern stammende Hotelfachfrau Rita Brechbühler kennen, heiratete sie, war als Kellner erfolgreich, dann als Verkäufer von Versicherungspolicen mit Spitzenumsatz. 1977 kam Tochter Salome zur Welt. 1979 erfolgte der Umzug nach Rüti im Zürcher Oberland ins eigene Heim. Dort gründete er nach zweijähriger Vorarbeit die Firma Ercona, eine Sicherheitsfirma und Detektei in Form einer AG mit einem Aktienkapital von 50.000 Schweizer Franken. Der Laden lief gut. Schlag auf Schlag kamen durch Mundpropaganda größere und kleinere Fälle herein, die der Chef zum größten Erstaunen aller Kunden und Mitarbeiter schnell und zufrieden stellend erledigte. Er konnte seine hoch entwickelte Spürnase zur Entfaltung bringen und kam nicht mehr weg von dieser Schiene. Von Ende 1979 bis Anfang 1982 hatte er einen Gesamtumsatz von 2,8 Millionen Franken. Fast schlagartig, ohne viel Werbung gemacht zu haben, reichte Guggenbichlers Ruf sogar schon über die Grenzen der Schweiz hinaus.

Ein Finanzskandal in Chur im Februar 1981, zu dessen Aufklärung er entscheidend beitrug, brachte den Durchbruch für seine Ermittlungsfirma. Die Treuhandgesellschaft Treufina Chur AG hatte durch gewerbsmäßigen Betrug und ungetreue Geschäftsführung 400 Anleger aus Deutschland, Österreich und der Schweiz um ihr Geld in Höhe von über zehn Millionen Franken gebracht. Innerhalb von sieben Monaten konnte Guggenbichler die Machenschaften mit betrügerischen Konkursen u.a. durch Recherchen bei der New Yorker Chase Manhattan Bank aufdecken. Das Kantonsgericht Graubünden verurteilte die bei-den Täter Ilgner und Schädler zu je vier Jahren Haft und 5.000 Franken Geldbuße.

Weil Privatermittler Guggenbichler sich vom Drohpotenzial der italienischen Mafia weder einschüchtern oder erschießen noch bestechen ließ, konnte er Betrügereien im Holzgeschäft mit Schadenshöhe in Österreich und Bayern von 30 Millionen Mark ein abruptes Ende setzen. Was Polizei und Justiz in vier Ländern über zehn Jahre hinweg nicht gelungen war, brachte er 1981/82 in knapp neun Monaten zuwege.

Als der damals in Rapperswil arbeitende Detektiv 1982 von Fred Malek-Nägeli mit seiner Züricher Firma Hospitalplan AG den Auftrag erhielt, den Lebenslauf des skrupellosen Spitalsberaters Josef Alois Kaufmann aus Zürich mit seiner Firma KBI zu durchleuchten, stellte sich schnell heraus, dass dieser ein psychopathischer Wirtschaftskrimineller von höchst einnehmendem Charakter, aber ohne jegliche Kompetenz war. Seine Gewerbeberechtigung hatte er sich durch gefälschte Zeugnisse, immense Bestechungsgelder und die Willfährigkeit korrupter österreichischer Politiker erschlichen. Entlarvt und in die Enge getrieben, überzog Kaufmann dann jeden, der ihm als Zeuge schaden konnte, mit Drohungen und Nötigung, auf den Detektiv aber und dessen Anwälte sowie die ihm feindliche Presse zettelt er mit erlogenen Strafanzeigen eine Hetzjagd an, die sich für Guggenbichler über acht Jahre erstreckte. Sie kostete den Ganovenjäger nicht nur drei Monate unschuldig verbüßter Untersuchungshaft, sondern darüber hinaus sein Vermögen, seine Aufträge, seine Firma, seinen Waffenpass, seinen guten Ruf und seine Gesundheit sowie die seiner Frau. Da der Detektiv in eine immense Eiterbeule von Betrug, Lüge, Täuschung, Verleumdung und Bereicherung gestochen hatte – damals als „AKH-Skandal“ in aller Munde –, Kaufmann aber zum korrupten System gehörte, protegiert von Politikern und Anwälten in der Schweiz und in Österreich, wurden gegen ihn angestoßene Verfahren reihenweise eingestellt, während Guggenbichler als Angeklagter weder seine Beweise präsentieren noch für seine Sache vorteilhafte Zeugen vorladen durfte. In der Rolle des verfolgten Unschuldslamms veranlasste der versierte Denunziant und Rufmörder Kaufmann schließlich die Ausschreibung einer steckbrieflichen Fahndung nach dem Enthüller seiner schmutzigen Geschäfte in halb Europa. Nach jahrelangen Versuchen, den gefährlichen Ermittler unschädlich zu machen, trugen Guggenbichlers Erkenntnisse wie auch seine Vorträge über den trügerischen Spitalsberater, über Wirtschaftskriminalität und ihre Prävention wesentlich zur Aufklärung der verzweigten Verbrechen um die Kostenexplosion beim Bau der Kliniken in Wien und Innsbruck und zur Verurteilung der Hauptschuldigen bei. Dutzende von Politikern und Beamten blieben auf der Strecke.

Dem Privatdetektiv Dietmar Guggenbichler ist es auch zu verdanken, dass die „Causa Lucona“ als Verbrechen aufgedeckt und sowohl zum größten politischen Skandal Österreichs als auch zum berühmtesten Kriminalfall in der Geschichte der Zweiten Republik wurde. Der Krimi spannte sich im Lauf der 1970er und 80er Jahre nahezu über den ganzen Globus, Hunderte Personen waren direkt oder indirekt daran beteiligt, ein ganzes Heer von in- und ausländischen Journalisten hat dazu publiziert und recherchiert, der gigantische Versicherungsbetrug lieferte den Stoff für etliche Bücher, zwei Filme und ein Musical. Im Kern ging es um den Untergang des Frachtschiffes Lucona, das am 23. Januar 1977 im Indischen Ozean explodierte. Bei dem Schiffsuntergang kamen sechs Matrosen ums Leben, sechs weitere Besatzungsmitglieder wurden durch einen glücklichen Zufall gerettet. Das Schiff riss eine angeblich überaus wertvolle Ladung mit in die Tiefe. Laut Frachtpapieren war es eine Uranerz-Aufbereitungsanlage im Wert von 212 Millionen Schilling (15,41 Millionen Euro), in Wirklichkeit handelte es sich um mehrere hundert Tonnen billig erworbenen, lackierten und gut verpackten Schrott, per Bahn und Lastwagen in den norditalienischen Seehafen Chioggia transportiert, wo er verladen und abgefertigt wurde, um in den Zielhafen Hongkong auszulaufen und von dort einem geheimen Investor zugeführt zu werden. Wegen der Beschaffenheit ihrer Ladung durfte die Lucona ihr Ziel auf keinen Fall erreichen, sondern wurde nach Vorgabe eines Zeitzünders an die tiefste Stelle des Indischen Ozeans gelenkt, wo sie unauffindbar verschwinden sollte, damit die immense Versicherungssumme in voller Höhe fällig wurde. So der Plan, den der Wiener Salonlöwe Udo Proksch zusammen mit seinem Komplizen Hans Peter Daimler über Jahre hinweg ausgetüftelt hatte. Anhand eines Netzwerks von Helfern und Freunden hatte der beliebte Zuckerbäcker und Besitzer der legendären Wiener Hofkonditorei Demel ein nahezu perfektes Scheingeschäft konstruiert mit von Strohmännern gegründeten Briefkastenfirmen als Lieferanten und Empfänger der „High-Tech-Ware“. Als Gründer des Club 45, in dem sich Polit- und Wirtschaftsprominenz jedweder Couleur, vor allem aber aus SPÖ-Kreisen die Klinke in die Hand drückten, hatte Proksch beste Kontakte. Doch als der Versicherte die Schadenssumme verlangte und den Lieferweg nicht lückenlos dokumentieren konnte, argwöhnte Werner Masser, der Anwalt der Bundesländer-Versicherung in Wien, ein monströses Schwindelmanöver und prozessierte, um nicht zahlen zu müssen, im größten Zivilgerichtsverfahren der österreichischen Geschichte acht Jahre lang gegen die unlauteren Kläger. In einem wahren Justizkrieg versuchten Prokschs Anwälte, dessen legitimen Anspruch auf die Entschädigung nachzuweisen: ergebnislos. Ende Februar 1983 engagierte Masser für ein Honorar von fünf Millionen Schilling Guggenbichler, um den Betrug ans Licht zu bringen. Innerhalb weniger Wochen nach Auftragserteilung konnte der Detektiv schlüssig nachweisen, dass die scheinbar kostspielige Fracht auf der Lucona sich tatsächlich nur aus Schrott zusammensetzte. Aus seinen Erkenntnissen ergab sich zwingend die Schlussfolgerung, dass die Betrüger den Tod der gesamten Besatzung als notwendiges Teilergebnis eingeplant hatten. Da die Versicherung sich an einer strafrechtlichen Verfolgung des Falls nicht interessiert zeigte, brachte Guggenbichler die Causa auf eigene Rechnung ins Rollen, indem er seine Ermittlungsergebnisse und Sachverhaltsdarstellung sowohl in Salzburg am 1. Juli 1983 als auch in der Schweiz und Italien kurz danach bei der Kriminalpolizei übergab und Anzeige erstattete. Die Resultate seiner Erkundungen sollten sich einige Jahre später gerichtsfest als richtig herausstellen.

Doch zuvor wurden die schon angelaufenen Erhebungen der Gendarmerie Salzburg durch Weisungen von Innenminister Karl Blecha, einem Mitglied des Clubs 45 und Proksch-Intimus, behindert und zum Berichtsakt gemacht, praktisch eine Entmündigung der Judikative und ein Novum politischer Willkür in der Alpenrepublik mit dem Zweck der Verzögerung und Verdunkelung. Eine ganze Beamtenschaft war in der Folge fünf Jahre lang damit beschäftigt, die Wünsche von Udo Proksch zu erfüllen und die ihn bedrohenden Gefahren sowie Guggenbichler als ihren Urheber zu neutralisieren. Die Quittung für sein kompromissloses Eintreten für Recht und Gesetz bekam der Detektiv auf vielfältige Weise zu spüren. Man entzog ihm den Waffenpass und legte seiner Berufstätigkeit jedes erdenkliche Hindernis in den Weg, er wurde ins Fadenkreuz staatspolizeilicher Ermittlungen und rufschädigender Berichterstattung in den Medien genommen, um ihn unschädlich zu machen, während Proksch und seine Verteidiger immer bestens vorgewarnt waren. An den Grundsäulen des Rechtsstaates wurde gerüttelt, Gesetzeshüter wurden gejagt, um Gesetzlose zu schützen.

Im November 1987 platzte gegen alle Behinderungs- und Verleumdungsversuche die Veröffentlichung der von Hans Pretter-ebner über viele Jahre verfassten, auf Guggenbichlers Ermittlungen gestützten investigativen Mammut-Reportage über den Fall Lucona und wurde rasend schnell zum Bestseller. Die Angst um den Verlust der Macht zwang die Regierung in der Bundeshauptstadt, 1988 der Installierung eines von Grünen und Liberalen beantragten Untersuchungsausschusses zur Causa Lucona beizupflichten. Leopold Gratz, engster Freund von Proksch, damals Nationalratspräsident, kündigte an, man werde „die Verleumdungen eines notorischen Lügners als solche entlarven“. Im Auge hatte er dabei den Störenfried Pretterebner. Am 9. November 1988 lockte ein anonymer Anrufer den Detektiv mit der Aussicht auf interessante Informationen in einen gut ausgewählten Hinterhalt an der Inntalautobahn. Der Attentäter feuerte aus der Dunkelheit sechs Mal auf den Mann im Wagen, den er jedoch knapp verfehlte. Behende konnte der seiner Ermordung glücklich Entgangene und für unbewaffnet Gehaltene das auf seine Frau eingetragene Winchester-Repetiergewehr vom Rücksitz holen und damit den feigen Heckenschützen in die Flucht schlagen. Trotz polizeilicher Ermittlungen konnte der Täter nie gefunden werden, umgekehrt konnte trotz aller Mühen Guggenbichler nicht eliminiert werden. Bis aber die Haupttäter endlich ihre Haftstrafen antreten mussten, vergingen von seiner Anzeige gerechnet neun Jahre. Die Republik Österreich wurde zwar von einem demokratisch gewählten Parlament regiert, jedoch die Staatsgewalt – verkörpert allen voran durch den Innen-, Außen-, Justiz-, Finanz- und Verteidigungsminister – hatte sich jedem Veto aus dem Café Demel gebeugt und so ihre Existenzberechtigung ad absurdum geführt. Im Wesentlichen und letztlich ist es Guggenbichler zu verdanken, dass der Fall auch als Verbrechen aufgerollt und zu einem den Staat erschütternden Skandal wurde. Seine seltenen Charaktereigenschaften hat es gebraucht, um ein großes Erwachen und den Prozess der Selbstreinigung sowohl einzuleiten wie auch mit weiteren Enthüllungen in Gang zu halten. Jedoch selbst der mit großen Hoffnungen installierte parlamentarische Untersuchungsausschuss resümierte seine Tätigkeit schließlich als nicht zureichend.

1995 geriet Guggenbichler in der Affäre um das Schneeballsystem European Kings Club der Deutschen Dagmar Bertges ins Zwielicht und wurde verhaftet. Anlegern waren Erträge bis zu 70 Prozent versprochen worden. Ein ehemaliger Mitarbeiter belastete den Detektiv massiv. Das Salzburger Landesgericht verurteilte ihn im Jahr 2000 zu einer Bewährungsstrafe mit der Beschuldigung, er habe 130 Millionen Euro für das Kettenspiel nach Deutschland und in die Schweiz gebracht. Die Vorwürfe, die Guggenbichler stets bestritt, konnten entkräftet werden und führten zur Verhaftung der am Betrugsfall tatsächlich beteiligten führenden Köpfe. Der Detektiv dagegen präsentierte sich am Ende als „Aufdecker“ der Machenschaften des EKC, der sich als „Sicherheitsbeauftragter“ eingeschleust hatte.

Um unterzutauchen und sich von den mörderischen Strapazen zu erholen, betrieben die Guggenbichlers in Dalmatien fünf Jahre lang ein beliebtes Restaurant, bevor sie zu Jahresbeginn 2000 in einem Ortsteil von Ferlach sich niederließen und eine neue Detektei gründeten. Die Kundschaft rannte ihnen die Türen ein, es gab ein Comeback in Österreichs Medien.

Weil der juristisch-diplomatische Weg versperrt war, engagierte Christina Vojković den bekannten Detektiv, um ihre vom eigenen Vater nach Dalmatien entführten halbwüchsigen Kinder „außergerichtlich“ nach Kärnten zurückzuholen. Am 9. September 2003 gelang in einer umsichtig organisierten, grenzüberschreitenden, mit der österreichischen Botschaft abgesprochenen Operation die legale, aber dramatische Rückholung in Teamwork mit drei kräftigen Leibwächtern. Guggenbichler hatte sich der Aufgabe aus Mitgefühl im Wissen um die Mittellosigkeit der Mutter gestellt und kam trotz deren späteren Hilfsgesuchen an Bundespräsident Klestil, Sammelaktionen und Fernsehauftritten sowie Anträgen für „Familienhärteausgleich“ nicht auf seine Kosten. Stattdessen fuhr er noch lange Patrouillen zum gefährdeten Wohnort der Familie und wurde von Kroatien fast ein volles Jahrzehnt lang des Delikts der „Selbsthilfe“ beschuldigt.

Im April 2006 erhielt Guggenbichler von der damals amtierenden FPÖ-Führung den Auftrag, das Geschäftsgebaren des BZÖ-Obmanns Jörg Haider zu durchleuchten, besonders im Zusammenhang mit den unheilvollen Gerüchten um die Hypo-Alpe-Adria-Bank. Bereits nach wenigen Tagen konnte Guggenbichler ein Zwischenergebnis liefern, das den Verdacht auf Korruption und Schmiergeldaffären bei der Kärntner Hypo Group Alpe Adria ergab. Die FPÖ-Leute verlangten dann aber nach belastenden Aussagen und delikaten Fotos, die Haider in der Wählergunst schaden und ihn zum Rücktritt zwingen sollten. Dieses Ansinnen lehnte Guggenbichler jedoch ab. „Was unter die Gürtellinie geht, ist nicht mein Ding“, ließ er wissen. Aber er brachte in einem international verästelten Finanzkrimi mit seinen Enthüllungen den Stein ins Rollen. Politiker, Polizei, Gerichte, Sonderkommissionen und Untersuchungsausschüsse zogen daraufhin ein gigantisches mafioses Netzwerk ans Tageslicht. Der Erdrutsch zog seinen Auslöser mit hinunter, materiell wenigstens. Um sein Honorar wurde er betrogen, stattdessen angezeigt. Der Versuch, sich zu wehren, löste eine juristische Lawine aus und trieb ihn in die Insolvenz. In diesem Strudel hatte der Detektiv eine moralisch einwandfreie Haltung zu bewahren versucht, geriet aber gerade deshalb zwischen die Fronten des Debakels.

Seine letzte größere Causa führte den Detektiv auf Schloss Prinzendorf im Weinviertel, Wohnsitz des international bekannten Aktionskünstlers Hermann Nitsch und seiner Frau Rita. Dort war Anfang März 2013 der Tresor nachts leer geräumt worden. Rita Nitsch zog Guggenbichler hinzu, ohne die Polizei zu benachrichtigen, was den Detektiv stutzig machte. Die Liste von Verdächtigen, die sie ihm übergab, erwies sich bald als haltlos, ihre Angaben zum Inhalt des Safes als viel zu niedrig, die zum Tathergang als erlogen. Oberfaul kam ihm die Tatsache vor, dass in den letzten zehn Jahren immer jemand im Schloss gewesen war, nur ausgerechnet in der Nacht des Diebstahls nicht. Als dann noch eine ehemalige Angestellte des Hauses über Buchhaltung und illegale Bilderverkäufe durch die Hausfrau auspackte, darüber hinaus von dieser sein Honorar nicht vollständig bezahlt wurde, sah sich Guggenbichler gezwungen, vertragsgemäß seine Informationspflicht gegenüber den Behörden zu erfüllen und auf Schadenersatz zu klagen. Die Vollzugsorgane, bei denen der Detektiv seine Ermittlungsergebnisse hinterließ, nahmen seinen Verdacht auf schwarz verkaufte Bilder und Steuerhinterziehung ernst und führten eine Razzia durch. Beim Finanzstrafverfahren im Mai 2017 bestätigten sich Guggenbichlers Erkenntnisse. Rita Nitsch legte ein umfassendes Geständnis ab, nahm die Steuersünden auf ihre Kappe und erklärte, ohne Wissen ihres Mannes über mehrere Jahre dessen Kunstwerke schwarz verkauft zu haben. Nach Begleichung ihrer Steuerschuld erhielt die Angeklagte eine Geldstrafe von 290.000 Euro. Sie nahm das Urteil an, es ist aber nicht rechtskräftig, weil der Staatsanwalt und der Vertreter der Finanzbehörde bisher keine Erklärung abgaben.

Ab dem Jahr 2014 lief die Detektei nicht mehr auf vollen Touren. Nur noch ruhige Beratungsaufträge in der Sicherheitsbranche wurden angenommen und im Team bearbeitet. Der 72-jährige Berufsdetektiv dachte inzwischen ans Aufhören, obwohl es schlecht um die Finanzen des Paars stand, manche Verrenkung führte nicht zum gewünschten Erfolg.

Dietmar Karl Guggenbichler, der sich selbst gern als „besten meistgehassten Mann des Landes“ bezeichnete, ist am 17. Januar 2016 in einem Klagenfurter Krankenhaus seinem schweren Krebsleiden erlegen. Wenige Monate später starb auch seine Frau. Das von Verbindlichkeiten dominierte Erbe des in die Pleite getriebenen Paars wollte niemand antreten.

Bild: Autor.

Stefan P. Teppert