Biographie

Haase, Johann Lukas

Herkunft: Westpreußen
Beruf: Oberbürgermeister von Elbing
* 23. Juni 1778 in Konitz/Westpr.
† 23. März 1843 in Elbing

Mit 42 Jahren wurde Johann Lukas Haase im Oktober 1819 zum Oberbürgermeister von Elbing gewählt und in dieses Amt am 15. Februar 1820 eingeführt. Er übte es fast 23 Jahre aus. Seine Amtszeit war belastet durch einen langjährigen Streit der Stadt Elbing mit dem Königreich Preußen um die aus der Sicht der Elbinger widerrechtliche Enteignung seines außerhalb der Stadtgrenzen gelegenen wichtigen und einträglichen Territoriums. Dieses hatte 1657der damalige Schutzherr, König Johann Kasimir von Polen, in Verbindung mit dem Wehlauer Vertrag ohne Berechtigung zusammen mit der Stadt Elbing dem Großen Kurfürsten von Brandenburg verpfändet, allerdings diesem nicht übergeben. Erst 1703 gelangte das Territorium an König Friedrich I. in Preußen, der es nie wieder herausgab, wie es auch seine Nachfolger behielten, selbst 1772 nach der Wiedervereinigung der beiden preußischen Landesteile unter dem Zepter des Königs von Preußen. Den Elbingern ging es um die Grundlage ihres früheren Wohlstandes. Der Jurist Johann Lukas Haase, an der Spitze der Stadt, hatte die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung auszuführen. Dabei leistete er gegen eine Aufrechnung der Territorialfrage mit den Kriegsschulden aus der Franzosenzeit „schärfsten Widerstand". Das war nicht einfach und für ihn nicht ohne Risiko; schließlich war der Oberbürgermeister der einzige Beamte der Stadt, dessen Amtsführung von der Bestätigung des Königs abhängig war. Nachdem die Stadtverordneten 1826 einem Vergleich zugestimmt hatten, entdeckte der Oberbürgermeister Ungereimtheiten, die mit der einstigen Pfandsumme zusammenhingen. Die Elbinger fühlten sich übervorteilt und ließen nichts unversucht, den Vertrag für nichtig erklären zu lassen. Der Rechtsweg wurde wieder beschritten. Erst am 31. Dezember 1841 wurde der Streit durch eine Königliche Kabinettsorder für Elbing negativ entschieden. Er sollte noch mindestens bis zur Jahrhundertwende das Verhältnis der Elbinger zum Landesherrn und seiner Regierung in Berlin belasten. Immerhin machte der Staat zwei Jahre nach Haases Tod doch noch einige Konzessionen, gewährte eine Abfindung in Höhe von 300000 Talern in Verrechnung alter Kriegsschulden, gab eine Beihilfe zur Finanzierung der Nogatlinie und übernahm die Polizei und das 1535 errichtete Gymnasium.

Oberbürgermeister Haase war wegen dieser schwierigen Streitfrage enormen Belastungen ausgesetzt, gleichzeitig aber wegen seiner überall anerkannten Umsicht sehr geschätzt. Das geht auch daraus hervor, daß er 1826 zusätzlich zum Polizeidirektor und 1836 auch zum Syndikus gewählt wurde. Als Haase sein Amt als Oberbürgermeister antrat, hatte sich kurz vorher in Preußen viel verändert. In den Jahren 1815 bis 1819 waren die modernen Kreise, Regierungsbezirke und Provinzen entstanden. Des Elbinger Oberbürgermeisters Aufgabe war es, die städtische Verwaltung im Sinne der Reformen und neuen Gesetze zu ordnen. Er organisierte die notwendigen Deputationen und nahm sich der Verwaltung der Stifte, Hospitäler und Korporationen an. Besondere Verdienste erwarb sich Haase um die für die Stadt bedeutende Pott-Cowlesche-Stiftung. Bei der großen Überschwemmung der Elbinger Niederung 1839 war er erfolgreich bemüht, Menschen und deren Hab und Gut zu retten. Ähnlich hatte er sich acht Jahre vorher, 1831, bei der Cholera-Gefahr bewährt und auch, als 1830 bekanntgeworden war, daß die „arbeitende Volksklasse" aus der Elbinger Umgebung wegen der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse Weihnachten das Rathaus stürmen wollte. Anfang Dezember desselben Jahres war das in Elbing liegende Infanteriebataillon abgezogen worden. Oberbürgermeister Haase verstärkte die Bürgerwehr und schuf den den garnisonlosen Städten empfohlenen Sicherheitsverein. Die Revolte blieb aus.

Als Johann Lukas Haase 1843 an der Wassersucht gestorben war, wurde er am 30. März in Elbing auf dem Kirchhof zu St. Annen auf Kosten der Stadt feierlich bestattet. So wie Elbing durch die französische Besatzung in den Jahren 1807 bis 1812 verarmt war, was sich auf die Amtszeit Haases auswirkte, hatte auch er 1806 durch Kriegseinflüsse Amt und Vermögen verloren. Er war der Sohn eines Konitzer Schuhmachermeisters, der das Fridericianum in Königsberg Pr. besucht, dort bis 1801 Rechtswissenschaft studiert hatte und anschließend Auskultator und Referendar in Bromberg, danach Land- und Stadtrichter in Gniewkowo (Argenau), Kr. Hohensalza/Posen gewesen war. Durch den Krieg stellungslos geworden, hatte er in Berlin ohne Gehalt arbeiten müssen und erst 1810 einen Ruf als Stadtrichter nach Nauen erhalten. Drei Jahre später war er erstmals in Elbing, und zwar als Stadtjustizrat. Bevor er dort 1819 einstimmig zum Oberbürgermeister von Elbing mit 2000 Reichstalern Jahresgehalt gewählt wurde, hatte er noch einmal Ort und Aufgabe gewechselt. Von 1817 bis Ende 1819 war er Land- und Stadtgerichtsdirektor in Kulm an der Weichsel gewesen.

Die Elbinger, damals sehr ausgeprägt freiheitsliebend und auf Gerechtigkeit bedacht, dürften es ihrem Oberbürgermeister nicht immer leichtgemacht haben. In seine Amtszeit fiel auch die Amtsenthebung der Göttinger Sieben durch den König von Hannover, unter denen sich der aus Elbing stammende Wilhelm Eduard Albrecht befand. Ihr nach Berlin gerichtetes Protestschreiben brachte den Elbingern 1838 den Vorwurf des Ministers von Rochow vom „beschränkten Untertanenverstand" ein, auf den sie stets sehr stolz waren. Es war jener Minister von Rochow, der in der Territorialstreitfrage auf der Seite der Elbinger stand.