Biographie

Haber, Fritz

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Chemiker
* 9. Dezember 1868 in Breslau
† 29. Januar 1934 in Basel/Schweiz

Fritz Haber entstammte einer angesehenen jüdischen Bürgerfamilie. Sein Vater war Inhaber einer Drogen- und Farbenhandlung und Stadtrat in Breslau. Nach dem Besuch des Elisabeth-Gymnasiums in Breslau studierte er Chemie in Berlin und Heidelberg und war wenige Jahre in Industriebetrieben tätig. Sein Versuch, ins väterliche Geschäft einzutreten, schlug fehl, da sein Interesse der Wissenschaft galt. Bevor er in die Hochschullehrerlaufbahn eintrat, ließ Haber sich taufen. 1894 begann er seine akademische Laufbahn in Karlsruhe als Assistent, habilitierte sich 1886, wurde zwei Jahre darauf Extraordinarius und erhielt 1906 den Lehrstuhl für physikalische Chemie. In die fruchtbaren Karlsruher Jahre fällt seine Entdeckung der Synthese des Ammoniaks aus den Elementen N2 + 3 H2 = 2 NH3 (1904). Das von ihm erfundene Verfahren der Stickstoffgewinnung aus der Luft wurde bahnbrechend für die Bewältigung des Problems einer ausreichenden Nahrungsmittelversorgung. Bis dahin waren Deutschland und die europäischen Industriestaaten zunehmend von der Einfuhr von Chile-Salpeter für die Düngung abhängig. Das Problem für Haber war, daß die Gleichgewichtsreaktion zwischen gasförmigen Partnern unter Volumenverminderung bei niedrigen Temperaturen zu langsam verlief,  bei hohen Temperaturen aber die Ausbeute zu gering und damit nicht rentabel war. Eine technische Nutzung wurde erst möglich, als Haber in Zusammenarbeit mit seinem Assistenten Le Rossignol geeignete Katalysatoren fand, die den chemischen Reaktionsablauf bei niedrigen Temperaturen beschleunigten. Haber überzeugte die BASF in Ludwigshafen von der Brauchbarkeit seines Verfahrens. Daraufhin wurden in diesem Unternehmen 1909—1913 unter Leitung von Carl Bosch technisch brauchbare  Katalysatoren entwickelt und das Verfahren zur Industriereife geführt. 1913 lief das erste Werk in Oppau, und ein größeres war im Bau, als Deutschland 1914 von der Einfuhr von Chile-Salpeter abgeschnitten  wurde. Mit  Beginn des Weltkrieges schnellte der Bedarf an gebundenem Stickstoff für die Schießpulverfabrikation rasch in die Höhe, und es ist zweifelhaft, ob Deutschland den Ersten Weltkrieg ohne das sog. Haber-Bosch-Verfahren so lange durchgehalten hätte. Dieses erste im Großen durchgeführte Hochdruckverfahren wurde Wegbereiter für zahlreiche spätere Verfahren, z. B. die Druckpolimerisation von Kunststoffen. Die Erfahrungen mit der Hochdrucksynthese kamen Bosch bei der Kohlehydrierung zustatten.  1911 hatte Haber die Leitung des neugeschaffenen Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem übernommen. Im Ersten Weltkrieg stellte er sich freiwillig dem Militär zur Verfügung und organisierte als Hauptmann und Chef der Zentralstelle für Chemie beim Preuß. Kriegsministerium den Gaskrieg. Das neue Kampfmittel wurde erstmals am 22. April 1915 im Abblasverfahren bei Ypern eingesetzt. Haber wies später darauf hin, daß die Gaswaffe nicht von Deutschen erfunden wurde. Er hielt ihre Anwendung für humaner als den Einsatz von Explosivgeschossen. Erst unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges und der Entwicklung der Atomwaffe setzte sich eine kritischere Haltung über die Mitwirkung von Forschung und Wissenschaft bei der Entwicklung von Kriegswaffen durch. Dennoch sollte man nicht die Problematik verschweigen, die sich – wohlbemerkt erst aus heutiger Sicht – aus dem Kriegseinsatz von Haber ergibt. Er erhielt 1918 den Nobelpreis für Chemie zusammen mit Bosch für die Synthese des Ammoniak. Nach dem Kriege gehörte Haber zu den Initiatoren der „Notgemeinschaft für die Deutsche Wissenschaft“, die heute als „Deutsche Forschungsgemeinschaft“ segensreich wirkt. Nach der Machtergreifung von Hitler blieb Haber zunächst unbehelligt (Offizier des Ersten Weltkrieges), legte aber im November 1933 freiwillig seine Ämter nieder und emigrierte nach Cambridge. Am 29. Januar 1934 erlag er in Basel einem Herzleiden. Habers Bedeutung für seine Zeit beruhte darauf, daß er sich nicht mit dem Ergebnis einer Forschung begnügte, sondern gleichrangig ihre technische Verwertbarkeit erprobte.

Lit.: Fritz Haber, Aus Leben und Beruf, Berlin 1927. Johannes Jaenicke: Lebensabriß Fritz Habers, Berichte der Bunsen-Gesellschaft für physikalische Chemie, 1969. Bertel Kastening: Fritz Haber, in H. Hupka, Große Deutsche aus Schlesien, München 1978.