Biographie

Hagen, Gotthilf

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Wasserbauingenieur
* 3. März 1799 in Königsberg i.Pr.
† 3. Februar 1884 in Berlin

Gotthilf Heinrich Ludwig Hagen entstammt einer Königsberger Gelehrtenfamilie, aus der über mehrere Generationen bedeutende Wissenschaftler und Techniker hervorgingen. Er wurde am 3. März 1797 in Königsberg in Preußen geboren, sein Vater Friedrich Ludwig Hagen (1759-1846) war Regierungs- und Konsistorialrat, seine Mutter, Helene Charlotte Albertine (1772-1844), war eine Tochter des Königsberger Theologieprofessors, Konsistorialrats und Astronomen Christian Reccard (1735-1798). Gotthilf Hagen besuchte die französische reformierte Schule und das Friedrichskolleg und studierte dann auf den Rat seines Onkels Carl Gottfried Hagen und des Astronomen Bessel (mit dem er durch dessen Heirat in die Familie Hagen verwandt war) zunächst von 1816 bis 1818 in Königsberg Mathematik und Astronomie, um dann ins Baufach zu wechseln und 1819 seine Landmesserprüfung abzulegen. Er trat alsbald in den Staatsdienst ein und bereitete sich nebenbei (u. a. durch Vorlesungen bei Schinkel in Berlin) auf die Baumeisterprüfung vor, die er 1822 absolvierte. Die Erfahrungen einer 15 Monate dauernden Studienreise beschrieb er in einem 1826 erschienenen Buch, das ihn auch in weiteren Kreisen bekannt machte. 1824 berief ihn die Königsberger Kaufmannschaft als Baukondukteur, ein Jahr später vertrat er den Regierungs- und Baurat in Danzig und wiederum ein Jahr danach wurde er als Hafenbauinspektor nach Pillau versetzt. Hier vervollständigte er seine Kenntnisse im die Tochter des dortigen Kaufmanns und Ratsassessors Heinrich Karl Hagen.

Gotthilf Hagen begab sich 1831 durch Vermittlung Schinkels nach Berlin und lehrte hier von 1834 bis 1849 an der Bauakademie und an der Artillerie- und Ingenieurschule (später Technische Hochschule) Wasserbau, sein eigentliches Spezialgebiet, das ihm große Erfolge einbrachte. Zahlreiche Reisen führten ihn auf die deutschen Ströme und Flüsse. Er war Leiter wichtiger Wasserbauten u. a. an Elbe, Rhein und Weser, führte Experimente durch, entwickelte und baute eigene Geräte und brachte daraus resultierende Verbesserungsvorschläge ein. Auf theoretischem und experimentellem Gebiet geht das Hagen-Poiseuillesche Gesetz für Viskositätsmessungen auf ihn zurück. Bereits 1842 wurde er auf Vorschlag von Alexander von Humboldt Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin, nachdem ein Jahr zuvor sein klassisches, dreibändiges Werk zur Wasserbaukunst erschienen war, und 1843 verlieh ihm die Universität Bonn die Würde eines Ehrendoktors.

Im Jahre 1849 arbeitete Hagen in Frankfurt bei der Nationalversammlung als Sachverständiger Delegierter an einem Gesetz für die deutschen Ströme mit. Ein Jahr darauf wurde er zum Vortragenden Rat im Handelsministerium ernannt; für die Jahre 1854 bis 1856 zur preußischen Admiralität beurlaubt, um die Vorbereitungen zum Bau eines Hafens an der Jade, des späteren Wilhelmshaven, zu leiten; nach seiner Rückkehr 1859 zum Vorsitzenden der Oberbaudeputation und zum Oberbaudirektor und schließlich 1869 zum Oberlandesbaudirektor ernannt. Drei Jahre später verunglückte er auf einer Dienstreise und war seitdem gehbehindert, doch erst 1875 wurde er als Wirklicher Geheimer Rat und Exzellenz in den Ruhestand versetzt. Zahlreiche Ehrungen bewiesen sein Ansehen in der Öffentlichkeit, noch 1881 wurde Gotthilf Hagen Ehrenbürger von Pillau, und 1883 erhielt er die Medaille in Gold für außerordentliche Verdienste um das Bauwesen, bevor seiner rastlosen Tätigkeit am 3. Februar 1884 in Berlin ein Ende gesetzt wurde. Seine weitreichenden Interessen aber und seine hervorragende Bedeutung für die deutsche Wasserbaukunst zeigen seine zahlreichen Werke, u. a.:

1826 Beschreibung neuerer Wasserbauwerke in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz.

1833 Untersuchungen über den Druck und die Reibung des Sandes.

1837 Grundzüge der Wahrscheinlichkeitsrechnung (in 3. Aufl. ersch.)

1839 Über die Bewegung des Wassers in engen zylindrischen Röhren.

1841-1863 Handbuch der Wasserbaukunst, 3 Teile.

1845 Über die Oberfläche der Flüssigkeiten.

1854 Über den Einfluß der Temperatur auf die Bewegung des Wassers in Röhren.

1857 Über Flut und Ebbe in der Ostsee.

1859 Zur Theorie der Meereswellen.

1868 Die neueren Theorien der Bewegung des strömenden Wassers. Über die Bewegung des Wassers in Strömen.

1871 Über den Seitendruck der Erde.

1883 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen.

Lit.: E. Ottmann: G. H. Der Altmeister der Wasserbaukunst, Berlin 1934, mit Portrait.