Biographie

Hager, Wilhelm

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Bildhauer, Maler
* 26. Mai 1921 in Karlsbad, Tschechien
† 14. Oktober 2006 in Illingen, Deutschland

Hagers künstlerische Ausbildung beginnt 1935 in der staatlichen Fachschule für Porzellanindustrie in Karlsbad.  Wegweisend ist die Begegnung mit Walther Klemm (1883-1957), der damals Professor für Grafik an der Hochschule für Baukunst, bildende Künste und Handwerk in Weimar war. Klemm erkennt Hagers künstlerische Begabung und holt ihn 1937 als Stipendiat nach Weimar. 1939 wechselt er als Werkstudent in die Bildhauerklasse der Hochschule für Bildende Künste Berlin.
Wegen politischer Differenzen mit seinem Lehrer Arno Breker, der dem NS-Regime nahesteht, verlässt er die Hochschule. Er findet Aufnahme in die Ateliergemeinschaft Klosterstraße bei Käthe Kollwitz. Die dort vorherrschende Richtung des expressiven Realismus wird prägend für den angehenden Bildhauer und Maler.

Hager wird im Februar 1941 zum Kriegsdienst eingezogen, 1942 auf die Krim verlegt und im November 1943 bei Charkow in der Ukraine schwer verwundet. Noch rekonvaleszent wird er ab Februar 1944 nach Mailand versetzt. Er erhält den Auftrag „alles Schöne des Gardasees, insbesondere wertvolle Kulturdenkmäler, Skulpturen, Bilder usw.“ für ein Bildungsprogramm des deutschen Soldatensenders zu dokumentieren. In dieser Zeit schreibt er ein Tagebuch, das viele Einblicke in den Menschen und Künstler Wilhelm Hager erlaubt.‘
Auch als Maler ist Hager rund um den Gardasee aktiv. Es entstehen Bilder, die in ihrem freien Malstil nicht der damaligen nationalsozialistischen Kunstdoktrin, sondern eher der als „entartet“ geltenden expressiven Malerei entsprechen.

Im Dezember 1944 kommt Wilhelm Hager in ein Übergangslager für dienstunfähige Soldaten. In Illingen lernt er seine spätere Frau Irmgard Kilian kennen. Im Januar 1945 wird Hager aus der Wehrmacht entlassen und begibt sich in seine Heimat nach Karlsbad. Kurze Zeit später stirbt seine Mutter und das Elternhaus wird bei einem Bombenangriff vernichtet.

Im Juli 1945 muss Hager Karlsbad verlassen. Er findet in Bamberg Unterkunft und Freunde, wird Gründungsmitglied der Freien Künstlerunion Bamberg und nimmt an ersten Ausstellungen teil. Im September 1946 heiratet er Irmgard Kilian in Illingen. Hier wird er ansässig und ist fortan als freischaffender Maler und Bildhauer tätig.

Mit dem 1951 ausgeschriebenen „Württembergischen Kunstpreis der Jugend“ erhält Hager die erste Anerkennung in der neuen Heimat. Der Kontakt mit der Stuttgarter Galerie Senatore sowie Aufträge für Kunst im öffentlichen Raum sichern die ökonomische Situation der Familie. Hager verstärkt seinen freien, impulsiven Umgang mit Material, Form und Farbe.

Überregional bekannt wird Hager durch seine Künstler- und Politikerporträts. Prominenteste Beispiele sind die Bronzebüsten von Thomas Mann (1953), Hermann Hesse (1953) und Theodor Heuss (1958). In der Folgezeit experimentiert Wilhelm Hager mit Informeller Malerei und Alusil-Skulpturen. 1961/ 62 organisiert die Mailänder Galerie Vinciana Ausstellungen mit Hagers Informellen Aquarellen in Rom, Florenz, Venedig, Turin, Cannes, Paris, London und New York.

In den 1960er Jahren wird die Familie mit vier Söhnen und einer Tochter vervollständigt. Ein schwerer Schicksalsschlag trifft den Künstler, als die Ehefrau Irmgard 1978 stirbt.
1980 erhält Wilhelm Hager den Kulturpreis für bildende Kunst der sudetendeutschen Landsmannschaft und 1981 die Plakette des Heimatverbands der Karlsbader in Wiesbaden für herausragende künstlerische Leistungen. Zum Ende seiner Kariere wird ihm 1997 durch die Fachhochschule für Porzellangestaltung in Karlsbad (Karlovy Vary) die Ehrenprofessur verliehen. 2023 wird vom örtlichen Verein Žijeme TUhnice z.s. (Wir leben in Donitz e.v.) an seinem Geburtshaus in Karlsbad/Donitz eine Gedenktafel angebracht.

Wilhelm Hager hinterlässt ein umfassendes und bedeutendes künstlerisches Werk. Er war als Maler und Bildhauer mit einer Vielzahl von Techniken und Materialien vertraut. Die Bandbreite seines bildhauerischen Schaffens reichte von feingliedriger Kleinplastik aus Porzellan bis zu bautechnisch anspruchsvollen Großaufträgen aus Stein, Beton oder Bronze.

Auch in der Malerei basierte sein breit gefächertes Können auf einer soliden akademischen künstlerischen Ausbildung. Seine Leidenschaft galt jedoch den Arbeiten, die Schnelligkeit, Temperament und Spontaneität erfordern. Ausdrucksstarke Portraitbüsten in Bronze, farbkräftige Aquarelle, informelle Lackbilder, flotte Zeichnungen oder Alusil-Plastiken: Sie alle zeigen sein außerordentliches Gespür für die Gleichzeitigkeit von Idee und Ausführung.

Wilhelm Hagers Gemälden und Skulpturen begegnet man in zahlreichen Sammlungen und an vielen Plätzen im öffentlichen Raum.

Volker Dietmar/ Marcel Hager