Biographie

Hajek, Otto Herbert

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Bildhauer, Maler, Graphiker
* 27. Juni 1927 in Kaltenbach/Böhmen
† 29. April 2005 in Stuttgart

Lange bevor „global“ zum Modewort in der deutschen Sprache wurde, entfaltete der Künstler Otto Herbert Hajek mit seinen mannigfaltigen künstlerischen Aktivitäten weltweite Beziehungen. Mit einer schier unübersehbaren Fülle von Ausstellungen, Kolloquien und Vorträgen in aller Welt hat der Bildhauer, Maler, Graphiker und Schriftsteller, der auch als Professor an der Kunstakademie Karlsruhe Studienreisen nach Kolumbien, Equador, Frankreich, in die Tschechoslowakei und die DDR unternahm, internationale Anerkennung gefunden.

Als 20jähriger Student der Kunstakademie Stuttgart schuf er die expressive Skulptur „Christus aus dem Baumstamm“, die er 1990 dem tschechischen Staatspräsidenten Václav Havel als Geste der Versöhnung zwischen dem deutschen und tschechischen Volk überreichte; sie hat in der St. Georgs Basilika auf dem Prager Hradschin einen würdigen Platz gefunden. Für die Kirche Maria Regina Martyrium in Berlin-Plötzensee gestaltete er 1960 den 70 Meter langen Kreuzweg aus Bronze – ein Gedächtnismal für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine andere Seite seines künstlerischen Vermögens stellen die Platzgestaltung mit eigenen Skulpturen im australischen Adelaide und die Realisierung der Aufträge für die deutschen Botschaften in Montevideo (Uruguay) und Lomé (Togo) dar. Auch die mehr als 160 Einzelausstellungen und die Beteiligung an 350 Gruppenausstellungen sorgten für die Verbreitung des Namens Otto Herbert Hajek im In- und Ausland – in Australien, Amerika, dem Fernen Osten und in Europa, von Moskau bis Paris, von Berlin bis Rom. Stattlich ist auch die Zahl der Publikationen, darunter 170 eigene Schriften und mehr als 300 Bücher, Kataloge etc. über den Künstler. Weitere biographische Daten enthält der 287 Seiten umfassende Katalog „O.H. Hajek – Eine Welt der Zeichen“. Er wurde im Jahre 2000 anläßlich einer Einzelausstellung der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Bonn) herausgegeben und enthält Beiträge von Eugen Gomringer, Peter A. Riedl, Jiri Vykoukal, Günther Wirth, Johanna Stulle und Anuschka Koos.

Otto Herbert Hajek (geb. am 27. Juni 1927 in Kaltenbach, Böhmen) äußerte sich in einem Gespräch mit Jacek Barski („Die Künstlergilde“, Zeitschrift des Verbandes ostdeutscher Kulturschaffender, Esslingen 1977) wie folgt: „Ich wollte Bildhauer werden. In meiner Dorfumgebung der Volksschulzeit gab es nur Handwerk, Steinmetze und die Grabmalkunst. Erst im Gymnasium in Prachatitz mit dieser alten Stadtlandschaft, mit den Renaissance-Häusern und der Bildhauerei in der gotischen Kirche habe ich Empfindungen wahrgenommen, daß so etwas zu machen wohl außergewöhnlich sein müsse. Freilich habe ich noch in den 40er Jahren die südböhmische gotische Plastik in Winterberg, Krummau, Budweis und Strakonice kennengelernt, und diese Bilder blieben in mir, und so meinte ich, nach dem Krieg in Stille und Abgeschiedenheit leben zu können, um solche Arbeiten aus mir herauszusetzen…“ Wie Hunderttausende von Vertriebenen und Flüchtlingen landete auch die Familie Hajek in Westdeutschland. Der sudetendeutsche Künstler bekennt: „Ich habe mit gar nichts angefangen. Nach dem Abitur in Erlangen 1947 begann ich mit dem Studium in Stuttgart an der Akademie, wobei ich als Staatenloser kein Stipendium bekommen konnte. Zu diesem Zeitpunkt bin ich nach Paris zum Studieren und Kennenlernen der Kunst und des Lebens gegangen …“

Hajek hält die Augen offen, und dank seiner Begabung, seines Gespürs für Materialgerechtigkeit und seines Fleißes steht er bald an der Spitze der modernen Kunst – und das vornehmlich durch seine konstruktiven, meist mit den Grundfarben bemalten und in den Raum gestellten Skulpturen aus Stahl. Das Problem „Raum“ beschäftigt ihn auch in den geometrischen Acrylmalereien und farbenfrohen Grafiken; hier setzt er sich freilich mit dem aperspektivischen Raum auseinander, den er durch die Qualität und Intensität der fliehenden und auf den Betrachter zukommenden Farben erzielt. Den farbigen Skulpturen („Farbwege“, „Stadtzeichen“) waren seine „Raumknoten“ in Bronze und aus Tusche vorausgegangen. Die Rundplastiken muten an, als seien Körper aus tachistischen monochromen Gemälden hervorgegangen. Den Kontrast hierzu bilden die stereometrischen Plastiken mit glatten Oberflächen aus Bronze, Gips und Holz, welche an die von Hajek bewunderten Henry Moores und Constantin Brancusis erinnern.

Durch die zahlreichen Ausstellungen, seine Exponate in Museen und Galerien, seine Werke in Kirchen, auf Plätzen und als Kunst am Bau ist der Name Otto Herbert Hajek zum Begriff in der Welt der modernen Kunst geworden und fand natürlich auch Eingang in die Literatur. Nicht zuletzt dokumentieren auch die vielen Auszeichnungen Leben und Werk Hajeks: Jahre bevor er an die Kunstakademie Karlsruhe berufen wurde, verlieh ihm das Land Baden-Württemberg den Professorentitel. Später kamen hinzu die Aufnahme in das Professorenkollegium der Akademie der Bildenden Künste in Bratislava/Preßburg sowie die Ehrendoktorwürde dieser Akademie der Slowakischen Republik, ferner die Ehrenpromotion der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, der westböhmischen Universität Pilsen und die Aufnahme in dasProfessorenkollegium der Kunsthochschule Moskau. Hajeks Biographie verzeichnet ferner: Ehrenmitglied des Deutschen Künstlerbundes, dem er sieben Jahre lang vorstand, Mitglied des Deutsch-Französischen Kulturrates, Ehrensenator der Universität Tübingen, Mitglied der Sudetendeutschen Akademie und Ehrenbürger der Stadt Prachatitz/Südböhmen, wo Hajek aufs Gymnasium ging. Seit dem Jahre 2002 befindet sich hier das „Kulturzentrum Otto Herbert Hajek“, dem der Künstler eine repräsentative Auswahl von rund einhundert Exponaten gestiftet hat. Schließlich seien noch einige Kunstpreise genannt: Lovis-Corinth-Preis der Künstlergilde Eßlingen, Sudetendeutscher Kulturpreis, Franz-Kafka-Kulturpreis, Kunstpreis der Versöhnung der Tschechisch-Deutschen Kultur-Allianz und „fine arts“ der European Union of Arts Prag.

Lit.: O. H. Hajek.Raumknoten – Raumschichtungen. Edition, Köln 1959. – O. H. Hajek. Ikonographien, Zeichen, Plätze, Stadtbilder, Stuttgart 1976. – Günther Ott: Künstlerprofile. Im Osten geboren. Im Westen Wurzeln geschlagen, Düsseldorf 1980. – Bildhauerklasse Prof. O. H. Hajek. Staatl. Akademie der Bildenden Künste, Karlsruhe1985. – O. H. Hajek – Werke und Dokumente, Stuttgart/Zürich 1987. – O. H. Hajek – Farbwege in Moskau. Begegnung mit einer Ausstellung, Stuttgart/Zürich 1989. – O. H. Hajek – Eine Welt der Zeichen. Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2000.

Bild: Archiv der Kulturpolitischen Korrespondenz.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Herbert_Hajek

Günther Ott